„Er hört weiter Stimmen“

Taxifahrer aus Köln fährt gezielt in Menschen – doch ins Gefängnis muss er nicht

Der Beschuldigte N. steht vor Gericht, weil er mehrere Passanten absichtlich angefahren haben soll.
Der Taxifahrer wird beschuldigt, mehrere Passanten absichtlich angefahren zu haben.
RTL
von Gizem Schumann

Warum hatte der psychisch kranke Mann noch eine Fahrerlaubnis?
Ein Taxifahrer in Köln steht vor Gericht. Der 44-Jährige wird beschuldigt, absichtlich Frauen angefahren zu haben. Die Verteidigung behauptet, innere Stimmen hätten ihn zu den Taten angestiftet. Dabei sei die physische Erkrankung bekannt gewesen. Hätte die Tat also verhindert werden können?

„Auch Arbeitgeber und Kollegen wussten von der psychischen Erkrankung”

Der Beschuldigte N. bleibt stumm, als ihm der Richter die Möglichkeit gibt, etwas zu seiner Person zu sagen. Dabei deutet der Richter an, dass es sich um vier Fälle des versuchten Mordes handeln könnte, die vorsätzlich begangen wurden. Der Prozess ist ein Sicherungsverfahren, bei dem es darum geht, die öffentliche Sicherheit zu gewährleisten.

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Staatsanwältin Jane Wolf schildert ein Bild von einem schwerkranken Beschuldigten und einer Vielzahl von Opfern. Doch ist er allein für diese Taten verantwortlich? „Auch Arbeitgeber und Kollegen wussten von der psychischen Erkrankung. Aber keiner hat sich gefragt, ob Herr N. wirklich Taxi fahren sollte, Menschen befördern sollte. Es gibt auch Versagen bei Behörden“, heißt es am Freitag im Plädoyer der Staatsanwaltschaft.

Psychisch kranker Mann als Taxifahrer eingestellt

Der Beschuldigte, der bereits 2017 in einer geschlossenen Einrichtung untergebracht wird, fährt 2019 durch eine Fußgängerzone und wird verurteilt. Trotz der Vorfälle sieht das Gericht von Führerscheinmaßnahmen ab. Im August 2024 wird er als Taxifahrer eingestellt und rast ungebremst auf Zeugin L. zu, die sieben Wochen unter Hüftschmerzen leidet. Weitere Angriffe folgen in der Kölner Altstadt, wo er auf Zeuginnen G. und Melina Breidenbach zufährt. Die Zeugin Breidenbach verbringt fünf Tage im Krankenhaus und ist nun traumatisiert, sie hat Angst im Straßenverkehr. Ob sie ihren Beruf als Bäckerei-Fachverkäuferin wieder ausüben kann, ist unklar.

Melina Breidenbach (28) kann seit dem Vorfall im Sommer 2024 immer noch nicht arbeiten.
Melina Breidenbach gehört zu den Opfern, die der Taxifahrer im Sommer 2024 angefahren hat.
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Nach den Angriffen in der Kölner Altstadt rast der Beschuldigte davon. Ein Kellner von Peters Brauhaus, der den Vorfall beobachtet, stellt sich dem Auto jedoch in den Weg. Der Beschuldigte rast mit hoher Geschwindigkeit auf den Zeugen zu, der sich mit einem Sprung retten kann. Der Kellner schafft es, den Beschuldigten festhalten, bis die Polizei eintrifft.

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Beschuldigter N. soll verzaubert worden sein

Die Staatsanwältin erklärt vor Gericht, dass der Beschuldigte immer noch eine Gefahr für die Öffentlichkeit darstellt. „Er hört weiter Stimmen“, sagt Jane Wolf. Diese sollen ihn auch zu seinen Taten aufgefordert haben. „Er gibt an, verzaubert worden zu sein. Insgesamt ist von einer Psychose, paranoide Schizophrenie zum Tatzeitpunkt auszugehen“, erklärt Wolf weiter. Sie beantragt, den Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus unterzubringen und die Fahrerlaubnis einzuziehen.

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Die Verteidigung betont, dass der Beschuldigte kein böser Mensch sei. „Er hätte die Taten nicht begangen, wenn er die Stimmen nicht gehört hätte. Es tut ihm leid, dass er so viele Menschen verletzt hat”, sagt André van der Pütten vor Gericht.

Urteil in Köln: Beschuldigter wird eingewiesen

Der Beschuldigte wird nun in eine geschlossene Psychiatrie eingewiesen und ihm wird die Fahrerlaubnis entzogen. „Er leidet seit 2011 an paranoider Schizophrenie und befindet sich seit 2007 in ärztlicher Behandlung. Die Diagnose wurde 2011 sichergestellt. Seitdem erhält er Medikamente, die er jedoch nicht regelmäßig einnimmt“, erläutert Richter Peter Koerfers. Die Verfolgungswahnvorstellungen des Beschuldigten reichen bis hin zu Überzeugungen, vom israelischen Geheimdienst Mossad und von „elektronischen Monden“ verfolgt zu werden, wie es in der Urteilsverkündung weiter heißt.

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Das Gericht stellt fest, dass der Beschuldigte die Tötung seiner Opfer billigend in Kauf nahm. „Das Mordmerkmal der Heimtücke ist gegeben“, so der Richter. Die Opfer hätten nur wenig Zeit gehabt, um die Gefahr zu erkennen und sich in Sicherheit zu bringen. „Wir haben einen versuchten Mord in vier Fällen“, fügt Koerfers hinzu. Trotz einer vorherigen Verurteilung behielt der Beschuldigte seine Fahrerlaubnis und durfte weiterhin Menschen befördern. Glücklicherweise endeten die mehrfachen Angriffe im letzten Sommer nicht in einer Tragödie.