Mutmaßliche Intrige in den eigenen Reihen

Falschaussagen erschüttern Grünen-Wahlkampf – Parteispitze stellt Strafanzeige

Fünf Wochen vor der Bundestagswahl brennt bei den Grünen die Luft!
Eine mutmaßliche Intrige innerhalb der Partei überschattet den Wahlkampf. Im Zentrum des Skandals: der Berliner Bundestagsabgeordnete Stefan Gelbhaar (48), gegen den schwere Vorwürfe erhoben wurden – die sich nun teilweise als falsch herausstellen.

Die Grünen vor der Bundestagswahl: Skandal aus den eigenen Reihen?

Die politische Karriere von Stefan Gelbhaar ist bald vorerst zu Ende.
Die politische Karriere von Stefan Gelbhaar ist bald vorerst zu Ende.
Annette Riedl/dpa

Die angebliche Zeugin „Anne K.”, die mit einer eidesstattlichen Versicherung die Vorwürfe gegen Gelbhaar ins Rollen brachte, ist offenbar frei erfunden. Stattdessen soll laut Recherchen des Tagesspiegels die Berliner Grünen-Politikerin Shirin Kreße hinter der falschen Aussage stecken. Kreße meldete sich inzwischen selbst öffentlich zu Wort: „Ich bin am Samstag aus der Partei Bündnis90/Die Grünen ausgetreten, habe alle parteiinternen Ämter niedergelegt, mein Mandat in der BVV Mitte niedergelegt und meinen Job in einem Grünen-Abgeordnetenbüro gekündigt”, teilte sie der Deutschen Presse-Agentur mit.
„Grund dafür ist, dass während ich mich mit den Vorwürfen, die gegen mich erhoben wurden, auseinandersetze, ich möglichen Schaden von der Partei, aber auch Betroffenen sexualisierter Gewalt abwenden möchte.” Zu weiteren Details machte sie keine Angaben.

Grünen-Chef Felix Banaszak (35) zeigte sich bei einer Pressekonferenz am Montag betroffen: „Ein solches Verhalten, das von krimineller Energie und Niedertracht geprägt ist, hat in unserer Partei keinen Platz.” Die Grünen haben Strafanzeige gegen eine konkrete Person und „Unbekannt” gestellt.

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Shirin Kreße spricht bei der 50. Bundesdelegiertenkonferenz von Bündnis90/ Die Grünen am 16. November 2024.
Shirin Kreße auf der 50. Bundesdelegiertenkonferenz der Grünen.
picture alliance / dts-Agentur

Trotz der Entlastung bleibt Gelbhaar politisch auf der Strecke. Er darf nicht mehr als Bundestagskandidat antreten. Die Parteispitze erklärt, dass die Nominierungsfristen eine erneute Aufstellung nicht zulassen. Pikant: Stattdessen rückt ausgerechnet Habecks Wahlkampfmanager Andreas Audretsch (40) auf Platz zwei der Berliner Landesliste.

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Habeck schweigt vorerst

Rückblick: In der Sendung RTL Aktuell am Sonntag berichtet Moderatorin und Reporterin Roberta Bieling direkt von einer Grünen-Wahlkampfveranstaltung. „Hinter mir im Saal spricht Robert Habeck gerade auf einer Wahlkampfveranstaltung. Danach führe ich ein Interview mit ihm und was dabei ausdrücklich nicht erwünscht ist, sind Fragen zum Partei-Skandal um Stefan Gelbhaar. Dazu möchte er sich ausdrücklich nicht äußern.”

Erst am Montag fordert Habeck in einer offiziellen Stellungnahme dennoch „rücksichtlose Aufklärung” der Vorfälle. „Die Vorgänge im Berliner Landesverband sind gravierend und schockierend”. Erst um 15 Uhr kommen am Montag die Parteivorsitzenden zu einer Pressekonferenz zusammen. Warum sich die Grünen so lange in einen Mantel des Schweigens hüllten, bleibt unklar.

Andreas Audretsch (Bündnis 90/Die Grünen), Mitglied des Deutschen Bundestages, nimmt an der außerordentlichen Landesdelegiertenkonferenz mit der Aufstellung der Landesliste von Bündnis 90/Die Grünen Berlin für die Bundestagswahl 2025 teil.
Andreas Audretsch (Bündnis 90/Die Grünen) nimmt an der außerordentlichen Landesdelegiertenkonferenz mit der Aufstellung der Landesliste von Bündnis 90/Die Grünen Berlin für die Bundestagswahl 2025 teil.
dpa

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RBB unter Druck – Intrige erschüttert Grünen-Wahlkampf

Der öffentlich-rechtliche Sender rbb, der die Vorwürfe zuerst publik gemacht hatte, steht unterdessen in der Kritik. Grünen-Chef Banaszak wirft dem Sender vor, die Falschaussagen nicht ausreichend geprüft zu haben. Auch Gelbhaar selbst will juristisch gegen die Berichterstattung vorgehen. Er hatte alle Anschuldigungen stets zurückgewiesen.

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Obwohl die meisten Vorwürfe gegen Gelbhaar widerlegt sind, bleiben sieben Frauen bei ihren Aussagen gegen den Abgeordneten. Um den Fall aufzuklären, setzt die Parteispitze nun eine Kommission ein. Die Grünen betonen, dass der Schutz von Betroffenen sexualisierter Gewalt weiterhin oberste Priorität habe, gleichzeitig aber auch fair mit Beschuldigten umgegangen werden müsse. (kra, mit dpa)