Gynäkologin klärt auf
Zyklus beeinflusst Allergiesymptome: An diesen Tagen sind Beschwerden am stärksten!

Die jährliche Vorsorgeuntersuchung hatten meine Patientin und ich gerade abgeschlossen. Es war alles in bester Ordnung und wir gingen vom Untersuchungszimmer zurück ins Sprechzimmer. Gerade als wir uns verabschieden wollten, sagte sie: „Mit fällt noch etwas ein, was ich unbedingt fragen wollte. Sie wissen ja, dass ich unter starkem Heuschnupfen und auch anderen Allergien leide. Meine Symptome sind aber nicht immer gleich stark. Ich habe das Gefühl, dass sie von meinem Zyklustag abhängig sind. Kann das sein?“
Wir setzten uns also noch einmal hin und schauten uns ihre Zyklus-App an. Sie hatte dort auch den unterschiedlichen Beschwerdegrad ihrer Allergien eingetragen. Tatsächlich war dort ein auffälliges Muster erkennbar. War das möglich?
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Das Sexualhormon Östrogen als Trigger!
Schon seit vielen Jahren ist bekannt, dass weibliche Hormone, hier vor allem das Östrogen, einen Einfluss auf das Auftreten von Allergien haben. Ein deutlicher Hinweis darauf ist unter anderem, dass im Kindesalter deutlich mehr Jungen als Mädchen unter Allergien und auch Asthma leiden. Ab dem 10.Lebensjahr kippt das Verhältnis dann plötzlich. Mit der vermehrten Ausschüttung des Sexualhormons Östrogen und dem Beginn der Geschlechtsreife sind es dann die Mädchen, die häufiger betroffen sind. Vermutet wird, dass das Östrogen dafür sorgt, dass Zellen des Immunsystems stärker auf Allergene, wie zum Beispiel Pollen, reagiert. Testosteron wirkt dagegen schützend. Das führt dazu, dass junge Mädchen und Frauen nicht nur häufiger an Allergien leiden, sondern auch einen höheren Schweregrad aufweisen. In den Wechseljahren und nach der Menopause spüren viele Frauen dann eine Besserung der Symptome. Männer, deren Testsosteronspiegel im Alter abnimmt, erkranken schließlich häufiger.
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Dann sind die Beschwerden am stärksten!
Viele Frauen, die Heuschnupfen oder andere Allergien haben, merken vor allem in der Schwangerschaft eine Veränderung. Eigentlich logisch, denn das ist ja gerade eine Phase, in der die Östrogenproduktion besonders hoch ist. Gerade im zweiten Schwangerschaftsdrittel klagen viele Frauen deshalb allergiebedingt über eine verstopfte Nase. Auch eine bestehende Asthmaerkrankung kann sich nun verschlimmern. Es ist bekannt, dass in der Schwangerschaft die Anzahl an schweren Asthmaanfällen um ein Drittel zunimmt. Das ist kein Grund zur Panik; allerdings sollten Frauen, die eine bekannte Erkrankung haben, unbedingt ihre behandelnden Ärzte oder Ärztinnen über ihre Schwangerschaft informieren. Die gute Nachricht ist nämlich: Es gibt gute und sichere Medikamente, die auch bedenkenlos in der Schwangerschaft eingenommen werden dürfen. Und: Bereits ein bis drei Monate nach Geburt gehen die schweren Symptome in der Regel wieder zurück.
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Aber nicht nur in der Schwangerschaft, sondern auch während des monatlichen Zyklus‘ können die Beschwerden - je nach Hormonlevel - stärker werden. Gerade am Zyklusanfang, wenn der Östrogenspiegel hoch ist, läuft bei vielen Mädchen und Frauen allergiebedingt die Nase und es tränen die Augen. Doch damit nicht genug: Scheinbar wirkt nicht nur ein hoher Hormonspiegel als Trigger, sondern auch das zyklusbedingte Abfallen. So ist der Leidensdruck bei vielen kurz vor der Menstruation („PMS-Allergie“) und während der ersten Blutungstage besonders groß und gesellt sich zu Stimmungsschwankungen und Unterleibsschmerzen.
Sind Sie auch betroffen?
Mein Tipp: ein Allergietagebuch!
Um herauszufinden, ob der eigene Zyklus einen Einfluss auf bestehende Allergien hat, kann es hilfreich sein, ein Allergietagebuch zu führen. Auch Zyklus-Apps, bei denen Beschwerden eingetragen werden können, eignen sich ganz hervorragend dazu. Ist in bestimmten Zyklusphasen eine Verschlechterung der Symptome erkennbar, kann in dieser Zeit nach Absprache mit dem Arzt/ der Ärztin eine Erhöhung der Medikamente erfolgen. Für Asthmatikerinnen ist es ganz wichtig, besonders in diesen Zyklusphasen immer ein Notfallspray dabeizuhaben.
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Durch die App konnten meine Patientin und ich nachvollziehen, dass sie vor allem in der ersten Zyklushälfte unter starkem Heuschnupfen litt. Während des restlichen Zyklus‘ war sie fast beschwerdefrei. Wir besprachen, dass sie in den ersten beiden Zykluswochen darauf achten sollte, ihre Allergietabletten, ein sogenanntes Antihistamnikum, immer griffbereit zu haben. Sie wollte nun auch zukünftig versuchen, in diesen Tagen besonders gut auf sich zu achten, ausreichend zu trinken und zu schlafen und sich bewusst die Tage nicht zu voll zu packen.

Darauf sollte bei Heuschnupfen außerdem geachtet werden:
abends vor dem Schlafengehen Haare waschen oder mit Wasser ausspülen
die Kleidung, die am Tag getragen wurde, nicht im Schlafzimmer ausziehen und dort liegen lassen
Fenster beim Schlafen geschlossen halten
einmal in der Woche die Bettwäsche wechseln
frischgewaschene Wäsche nicht im Freien trocknen lassen
wenn es geregnet hat, einmal kräftig lüften, ansonsten nicht den ganzen Tag das Fenster offenstehen lassen
gegen gerötete Augen hilft ein kalter Waschlappen
auch regelmäßige Nasenduschen können hilfreich sein, um die Nasenschleimhaut vor dem Austrocknen zu schützen
Allergologen/ Allergologin aufsuchen, um Therapie festzulegen (Tabletten, Nasenspray, Augentropfen) oder ggf. eine Desensibilisierung durchführen zu lassen