So wird das nichts im Kampf gegen den Fachkräftemangel
Wohnen zu teuer: Zwei von drei Azubis wohnen noch bei Eltern

Deutschland braucht dringend neue Fachkräfte. Eine Chance liegt in jungen Azubis. Doch die Vergütung in vielen Ausbildungsberufen ist oft so niedrig, dass es sich viele Azubis nicht leisten können, von zuhause auszuziehen. Wie will die Bundesregierung den Ausbildungsberuf wieder attraktiver machen?
Eigene Wohnung für Azubis nicht bezahlbar
Es ist ein historischer Höchststand: Jeder sechste junge Erwachsene in Deutschland hat keinen Berufsabschluss. Das sind mehr als 2,5 Millionen Menschen. Und das, obwohl es genug Ausbildungsplätze gibt. Langfristig hat das dramatische Folgen für Wirtschaft und Gesellschaft. Ein Grund dafür ist sicherlich auch, dass Azubis für ihre Ausbildungsstelle oft umziehen müssten, sich das aber nicht leisten können.
Viele Auszubildende wohnen deshalb wohl auch noch bei den Eltern. Nach Ergebnissen des Mikrozensus 2022 lebten gut zwei Drittel (67 Prozent) der rund 1,5 Millionen Azubis, die eine Vergütung erhielten, im Elternhaus. Dabei gibt es deutliche Unterschiede zwischen den Geschlechtern: Knapp drei Viertel (73 Prozent) der männlichen und 59 Prozent der weiblichen Lehrlinge wohnten laut der Studie noch bei ihren Eltern.
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"Nordsee Kollektiv" bringt Wohnen und Arbeiten für Azubis zusammen
Doch es gibt auch Projekte für Auszubildende, die zeigen, dass es anders gehen kann. In St- Peter Ording gibt es ein Projekt des „Nordsee Kollektivs“, bei dem sich einige Firmen und Hotels zusammengetan haben, um ihren Azubis Wohnungen zu stellen. Das kommt gut an: „Die Wohnungssuche in St. Peter Ording ist katastrophal. Man findet sehr schwer hier eine Wohnung und wenn, ist sie für einen Azubi nicht bezahlbar. Dementsprechend ist das ein super Angebot," erzählt Azubi Felix Brüning RTL.
Dass es in St. Peter Ording nur wenig günstigen Wohnraum für Azubis gibt, scheint ein deutschlandweites Problem zu sein, erklärt auch Arbeitsmarktexperte Enzo Weber: "Häufig sind die vielen Azubistellen in Regionen, wo es wirtschaftlich boomt, wo der Wohnraum aber auch teuer ist [...] Deswegen muss man neue Wege gehen und über den ein oder anderen alten Schatten springen, sich mehr darum kümmern, wie kann man die Leute herbekommt".
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Stark-Watzinger: "Wir brauchen die fleißigen Hände!"
Ausbildungsberufe in Deutschland sind immer noch relativ unbeliebt. Junge Menschen gehen wegen des schlechten Images häufig lieber studieren, weil sie unter anderem glauben, dort könnten sie deutlich mehr verdienen als in einem Ausbildungsberuf. Es gibt aber auch noch andere Gründe: "Eins der Kernthemen ist, dass die jungen Menschen die Berufe gar nicht kennen, die es gibt und sich kein Bild machen können, wofür sie sich bewerben könnten. Wer weiß schon, dass es einen mathematisch-technischen Softwareentwickler gibt als Ausbildungsberuf," sagt Uwe Vetterlein von der IHK Köln.
Hier ist Experten zufolge auch die Politik gefragt. Denn der Fachkräftemangel mit all seinen Folgen für Wirtschaft und Gesellschaft wird sich weiter verschärfen. Das ist auch Bundesbildungsministerin Stark-Watzinger bewusst: „Wir brauchen die fleißigen Hände, wir brauchen die klugen Köpfe, die in die berufliche Bildung gehen, denn unser Land braucht sie. Die jungen Menschen, die da heute sind sind die Macher von Morgen.“
Dazu will die Bundesregierung junge Menschen, die nicht mehr zuhause wohnen unterstützen, zum Beispiel mit der Ausbildungsbeihilfe. Die Bundesbildungsministerin will aber auch, dass die berufliche Ausbildung wieder einen neuen Stellenwert in der Gesellschaft bekommt, dazu bedarf es Nachbesserungen: "Geld ist das eine, das andere ist aber auch, dass wir die digitalen Lernorte schaffen müssen, dass wir attraktive neue Berufsbilder schaffen müssen.“ (khe)
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