Was ist nur mit den Kids los?
Wenn Schüler beleidigen oder drohen: Fast drei Viertel der Lehrer von Gewalt betroffen
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Von Beschimpfungen bis zu körperlicher Bedrohung: Für einen Großteil der Lehrer in Hessen gehört Gewalt durch ihre Schüler zum Berufsalltag. Eine Studie des Deutschen Beamtenbundes bestätigt: Fast drei Viertel der befragten Lehrkräfte sind in ihrem Berufsleben mindestens einmal beschimpft oder beleidigt worden, Bedrohungen erlebten fast die Hälfte. Mehr zu den erschreckenden Zuständen an den Schulen - im Video!
Steht an der Schule ihrer Kinder Gewalt auf der Tagesordnung?
Die Ergebnisse dieser Umfrage sind nicht repräsentativ.
Tatort Klassenzimmer: Schüler rammt Lehrerin Stift in die Hand, schlägt und tritt zu
Die Details, die eine betroffene Lehrerin RTL anonym schildert, machen sprachlos: "Mein Schüler ist ausgeflippt, da er einen Arbeitsauftrag falsch verstanden hat. Er warf den Tisch um, rammte mir einen Stift durch die Handfläche, schlug mir ins Gesicht und trat mich vor das Schienbein. Stichwunde durch Stift durch die Handfläche, Prellungen in Gesicht und am Bein durch Tritte und Schläge."
Und nicht nur das Klassenzimmer ist „Tatort“ von gewaltbereiten Schülern, auch im Internet finden die Attacken auf die Lehrer statt: Von einer Beschimpfung, Beleidigung, Verleumdung oder Bedrohung über das Internet war etwa jede dritte Lehrkraft betroffen.
Für die Studie im Auftrag des Deutschen Beamtenbundes (dbb) Hessen hatten im vergangenen Herbst 632 Lehrkräfte in einer Online-Befragung 83 Fragen beantwortet. Befragt wurden Pädagogen aller Schulformen, aber nur Mitglieder des dbb oder angegliederter Fachgesellschaften.
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Schockierender Einzelfall: Mein Schüler wollte mich töten
Meist bleibt es bei verbalen Attacken, doch immerhin jede/r Fünfte unter den Lehrern wurde schon mindestens einmal Opfer eines körperlichen Angriffs. In einem Fall berichtet eine befragte Lehrkraft sogar von einem Tötungsversuch durch ihren Schüler. Jeder zehnte
Befragungsteilnehmer gibt an, im Laufe des Berufslebens angespuckt oder sexuell
belästigt/angegriffen worden zu sein.
Und auch die Kriminalstatistik des Landes Hessen bestätigt: Seit 2015 steigen die Opferzahlen unter Lehrern kontinuierlich an. Körperverletzungen machen dabei einen erheblichen Teil der Straftaten gegenüber Lehrkräften aus. Zu weiteren Straftaten zählen unter anderem Nötigungen, Bedrohungen und Nachstellungen. Grundsätzlich wird aber nur ein Teil dieser Straftaten angezeigt und damit der Polizei bekannt.
Wurde der Frust durch Corona stärker?
Doch was hat zu dem verstärkten Gewaltpotential unter Hessens Schülern geführt? Nicht alleinige Ursache, aber für die Auswerter der Studie sehr bedeutend, ist die Zeit der Schutzmaßnahmen und des Lockdowns während der Corona-Pandemie. Die sozialen Folgen, die diese über zwei Jahre mit sich brachten, sieht der dbb als gravierend: „Sehr häufig werden in der Folge ein Anstieg aggressiver Verhaltensprobleme, eine geringere Frustrationstoleranz, fehlende oder schlecht ausgeprägte soziale Kompetenzen, Leistungsschwierigkeiten, mangelnde Motivation bei Schülerinnen und Schülern und auch ein aggressiverer Umgang der Erziehungsberechtigten mit Lehrerinnen und Lehrern ausgemacht.“ So scheint es, als ob die Kinder- und Jugendlichen außer Übung sind, was angemessenes Sozialverhalten angeht.
Lehrerjob ist "anstrengend und von Problemen geprägt"
Das Berufsbild ist keineswegs mehr das klischeehafte und oft beneidete, ganz im Gegenteil sagt der Beamtenbund: „Die Lehrerinnen und Lehrer haben einen wichtigen und
erfüllenden, für viele aber auch anstrengenden, gelegentlich überfordernden und von Problemen,
Abwertungen, Aggressionen und Gewalt geprägten Beruf.“ Die Studie zeigt außerdem, dass viele von Gewalt betroffene Lehrkräfte sich von ihrer Schulleitung mehr Unterstützung und die Durchsetzung von Maßnahmen an ihrer Lehranstalt wünschen. Man müsse außerdem Gewaltprävention bereits im Studium thematisieren.
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Beamtenbund: Wir brauchen Lösungen!
Die Studie „Gewalt gegen Lehrkräfte in Hessen“ ist die dritte Studie, die der dbb Hessen in Zusammenarbeit mit der Uni Gießen zum Thema „Gewalt gegen Beschäftigte im öffentlichen Dienst“ auf den Weg gebracht hat. Seit vielen Jahren nun schon ist dies ein Schwerpunktthema der gewerkschaftlichen Arbeit. „Die Studie zeigt einmal mehr, dass in vielen Berufen das Thema Gewalt eine immer größere Rolle spielt“, sagt der Landesvorsitzende des dbb Hessen, Heini Schmitt. „Darum ist es für uns wichtig, am Thema dranzubleiben, die Probleme zu benennen und gemeinsam mit der Politik an Lösungsansätzen zu arbeiten.“ (pm, gmö)