Urteil am Landgericht Oldenburg gefallen
Todespfleger mordete im Dienst: Ex-Vorgesetzte von Niels Högel freigesprochen

Hätten die ehemaligen Vorgesetzten des sogenannten „Todespflegers“ Niels Högel seine Taten verhindern können? Um diese Frage und acht konkrete Fälle drehte sich der Prozess am Landgericht Oldenburg gegen sieben ehemalige und Vorgesetzte von Ex-Krankenpfleger Niels Högel. Das Freispruch-Urteil kommt nicht überraschend, hinterlässt aber einen ratlosen Richter.
Einzelne Angeklagte luden Schuld auf sich
Drei Ärzte, ein Ex-Geschäftsführer und leitendes Pflegepersonal mussten sich seit Februar vor dem Gericht verantworten. Sie waren angeklagt wegen Beihilfe zur Tötung durch Unterlassen beziehungsweise Tötung durch Unterlassen. Insgesamt ging es um acht Fälle: drei Morde im Oldenburger Klinikum sowie drei Morde und zwei Mordversuche in Delmenhorst. Einzelne Angeklagte luden im Prozess sogar Schuld auf sich und gestanden massive Fehler ein.
„Die Schwurgerichtskammer hat ausgeführt, dass man den Angeklagten hier eine vorsätzliche Beihilfe zur Tötung für Niels Högel nicht mit der für eine Verurteilung erforderlichen Sicherheit nachweisen kann“, begründet Torben Tölle vom Landgericht Oldenburg das Urteil. Sowohl die Staatsanwaltschaft als auch die Nebenklagevertreter und die Verteidiger der Angeklagten hatten vor dem Urteil einstimmig Freisprüche gefordert.
Eine grausame Mordserie in Oldenburg und Delmenhorst
Niels Högel wurde 2019 wegen 85-fachen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt, nachdem er zuvor schon wegen zwei Morden verurteilt wurde. Er tötete seine Opfer, wehrlose Patienten, indem er ihnen nicht verordnete Medikamente spritzte, um sie danach wiederzuleben. Doch in mindestens 87 Fällen gelang dies nicht. Im Jahr 2000 begann er damit im Klinikum Oldenburg. Erst fünf Jahre später wurde er dann im Klinikum Delmenhorst von einer Kollegin erwischt. In der Zwischenzeit baut sich im Kollegium ein immer größer werdendes Misstrauen gegenüber Niels Högel auf. Laut Gericht wollte er sich mit der Reanimation der Patienten profilieren.
Der Vorsitzende Richter Sebastian Bührmann ist ratlos

Der Vorsitzende Richter Sebastian Bührmann hatte schon die vorherigen Prozesse rund um die Morde von Niels Högel verhandelt. Dennoch gibt er zur Urteilsverkündung zu, dass ihn der Prozess besonders ratlos zurücklässt. „Ratlosigkeit insoweit, dass die Schwurgerichtskammer sich bemüht hat Licht in das Dunkel zu bringen. Jeder Stein wurde nach Aussage des Vorsitzenden umgedreht und dennoch ist man von der Erkenntnis her, was tatsächlich dort in den Jahren 2001 bis 2002 im Klinikum Oldenburg stattgefunden hat und anschließend im Klinikum Delmenhorst, nicht viel weiter gekommen“, fasst Torben Tölle vom Landgericht Oldenburg die Worte des Richters zusammen. Das Gericht hofft trotzdem durch das Verfahren einen Teil dazu beigetragen zu haben, dass sich eine solche Tat nie wieder wiederholt. (cta)