Krude Theorie in Talkshow"Unsere Verantwortung": Propagandist fordert Eingreifen Russlands in Ostdeutschland

Propaganda, gezielte Falschmeldungen und Verschwörungsmythen – seit Beginn des Kriegs in der Ukraine bahnen sich Nachrichten mit irreführenden Inhalten ihren Weg durch die Medien Russlands. Einige Talkshows dienen sogar dem reinen Zweck, Staatspropaganda zu betreiben.

Eine Rede, die dem Kreml gefallen dürfte

Der Ukraine-Krieg wird nicht nur mit Waffen sondern auch mit Worten geführt. Zahlreiche Propagandisten kämpfen dabei an vorderster Front, um die öffentliche Meinung gezielt zu beeinflussen – in Russland, Deutschland und überall dort, wo Desinformationen zur Spaltung der Gesellschaft beitragen können. Ein aktuelles Beispiel gefällig?

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Russland müsse sich seiner „Verantwortung gegenüber Ostdeutschland“ wieder bewusst werden, forderte der Politologe Vitaly Tretjakow im russischen Staatsfernsehen „Rossija 1“. Mit diesen Worten leitete er seinen anschließenden Monolog ein, der dem Kreml wohl gefallen haben dürfte. Er gleicht der Propaganda, die die russische Führung verbreitet.

"Wir haben eine direkte, historische Verantwortung"

Bis heute geben viele Russinnen und Russen dem Ex-Präsidenten Michail Gorbatschow die Schuld an dem Zerfall der Sowjetunion. Diesem Argumentationsmuster folgt Wladimir Putin. Auch Tretjakows Aussagen in der Talkshow „60 Minuten“ lassen Parallelen erkennen.

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Obwohl alle anderen Alliierten gegen eine Rückgabe der DDR an die Bundesrepublik waren, zögerte Gorbatschow nicht – so erklärt es der Politologe. Weil dieser Schritt in Teilen der russischen Bevölkerung noch immer als Fehler betrachtet wird, fordert Tretjakow Russland nun zum Handeln auf: „Wir haben diese Länder an die BRD gegeben. Deshalb haben wir eine direkte, historische Verantwortung.“

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In der Vergangenheit war Vitaly Tretjakow als Chefredakteur der Moskauer Zeitung „Nesawissimaja Gaseta“ tätig, ehe er seinen Hut nehmen musste. Seither ist er als Politologe für verschiedene TV-Formate tätig. Seine politische Nähe zum Kreml zeigt er weiterhin.

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Ostdeutsche werden nur "benutzt"

Das Einmaleins des Misstrauenstiftens besagt: Wenn du keine Fakten vorlegen kannst, spiele mit Emotionen. Und wie gelingt das am besten? Mit komplexen Fragen, auf die keine konkrete Antwort folgt. „Warum ist der Lebensstandard in Ostdeutschland noch niedriger als in Westdeutschland?“, fragt Tretjakow. „Weil wir Deutschland erlaubt haben, die DDR zu absorbieren, obwohl die Ostdeutschen gar nicht bereit dafür waren und das gar nicht wollten.“

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Doch der Politologe holt noch weiter aus: „Die Menschen entscheiden überhaupt nichts. Sie werden benutzt. Es gibt keine Demokratie.“ Beweise? Die braucht es nicht. Das Ziel? Zweifel säen und Unsicherheiten schaffen. Ein Blick auf den unterschiedlichen Lebensstandard zwischen „Ost-“ und „Westdeutschland“ reicht als Argumentationsbrücke – vielschichtige Hintergründe werden einfach ausgeblendet. Ein Geflecht aus antiwestlichen Verschwörungsmythen und eher meinung- statt faktenbasierter Aussagen.

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Die Aussagen Tretjakows erinnern an ein Narrativ, dass der russischen Rechtfertigung beim Einmarsch in die Ukraine ähnelt. Auch dort ging es um „Verantwortung“. Im Gegensatz zu den von Westdeutschland „benutzten“ Bürgern der ehemaligen DDR, rechtfertigte Russland den Überfall im Februar 2022 als Befreiung von „Nazis und Faschisten“.

Putins "Bluthund" Kadyrow forderte bereits die Rückeroberung Ostdeutschlands

RUSSIA, GROZNY - MARCH 23, 2023: Chechen Republic Head Ramzan Kadyrov addresses a kick-off congress of the People of the Chechen Republic marking 20 years since adopting the republic s constitution, at the Kolizei sports hall. Yelena Afonina/TASS PUBLICATIONxINxGERxAUTxONLY 58025642
Putins "Bluthund" Ramsan Kadyrow verlangte zuletzt die Besetzung Ostdeutschlands
www.imago-images.de, IMAGO/ITAR-TASS, IMAGO/Yelena Afonina

Gänzlich neu sind diese Aussagen nicht. Sie haben ihren Ursprung sogar in Deutschland. Genauer gesagt beim AfD-Bundestagsabgeordneten Eugen Schmidt, der zuletzt wiederholt in russischen Staatsmedien durch kontroverse Aussagen aufgefallen ist. Auch er sprach davon, dass es „keine Demokratie“ gebe und „Andersdenkende“ unterdrückt werden. Damit stellt sich Schmidt selbst in den Dienst der russischen Staatspropaganda.

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Ostdeutschland ist nicht zuletzt durch den tschetschenischen Machthaber Ramsan Kadyrow zum medialen Spielball geworden. Während eines Interviews im russischen Staatsfernsehen hatte sich Kadyrow besonders drastisch für eine Besetzung Ostdeutschlands ausgesprochen: „Wir müssen zurückkehren, das ist unser Territorium“. Das Interview wurde auf der Website der russischen TV-Propagandasendung „60 Minuten“ verbreitet. Nun sorgt die Sendung für neue Schlagzeilen. (rdr)

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