Versorgungssicherheit in Deutschland
Wegen Ukraine-Krieg: Müssen wir unsere Klimaziele über Bord werfen?

Längere Laufzeiten für Atommeiler oder Kohlekraftwerke? Für den Fall, dass Russland seine Öl- und Gaslieferungen einstellt, braucht Deutschland einen Plan B. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) will die Energieversorgung im Zweifel durch Kernenergie sichern, Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) eher durch Kohlekraft.
Bei den Vorschlägen stellt sich die Frage: Müssen wir für unsere Versorgungssicherheit die gesetzten Klimaziele über Bord werfen?
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Markus Söder: Längere Laufzeiten für Atommeiler denkbar

Noch fließen zwar Öl und Gas aus Russland nach Deutschland. Doch durch den Krieg in der Ukraine könnte sich das ändern. Damit uns bei der Energieversorgung nicht der Stecker gezogen wird, stellt Bayerns Ministerpräsident Söder (CSU) eine längere Laufzeit von Atomkraftwerken zur Debatte. Es sei ihm lieber, die Laufzeit von Atomkraftwerken für drei bis fünf Jahre zu verlängern als die von Kohlekraftwerken.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte zuvor nicht ausgeschlossen, die Kohlekraftwerke in Deutschland länger laufen zu lassen. Die Versorgungssicherheit müsse gewährleistet sein.
Bislang plant die Bundesregierung einen Ausstieg aus der Kohleverstromung bis 2038. Die letzten Atomkraftwerke sollen bis Ende dieses Jahres abgeschaltet werden.
Versorgungssicherheit nur auf Kosten des Klimaschutzes?
Für Energieexpertin Claudia Kemfert sind die hohen Öl- und Gaspreise und die drohenden Versorgungsengpässe ein letzter Weckruf, um endlich von fossiler Energie wegzukommen. Gegenüber RTL/ntv sagt sie: „Die Preise für Öl und Gas gehen durch die Decke. Der Verbrauch wird enorm teuer. Das können sich die meisten Menschen ohnehin nicht mehr leisten. Deswegen muss es so schnell wie möglich darum gehen, die Gebäude besser zu dämmen, Gasanlagen durch Wärmepumpen zu ersetzen, und die Elektromobilität schnellstmöglich in den Markt zu bringen. Dann erreichen wir nicht nur die Klimaziele problemlos, sondern stärken auch die Versorgungssicherheit.“
Energieexperte Hubertus Bardt vom IW Köln äußert sich dagegen etwas verhaltener: „Wir müssen alle Optionen nutzen. Wenn aufgrund einer mangelhaften Gasversorgung auch mehr Kohlekraftwerke betrieben werden müssen, werden die Ziele schwerer zu erreichen.“
Hohe Abhängigkeit von Russland

Fakt ist: Deutschland ist mehr noch als andere europäische Länder von russischen Energie-Importen abhängig. Mehr als die Hälfte des Gases und um die 40 Prozent der Kohle kommen bislang von dort, bei Öl ist es etwas weniger. Um sich unabhängiger von Russland zu machen, hat der Bund kurzfristig 1,5 Milliarden Euro zum Gas-Kauf zur Verfügung gestellt. Um die Turbulenzen auf dem Ölmarkt abzufedern, hat die Regierung einen Teil ihrer nationalen Ölreserve freigegeben. (dpa/mmü)
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