RTL-Recherche brachte Untersuchung ins Rollen
Neuer Verdacht! Stammt der verbotene Weichmacher im Urin von Sonnencremes?
Es war eine Meldung, die in Alarmstimmung versetzte!
Ende Januar hatte das Umweltbundesamt hohe Mengen des verbotenen Schadstoffs Phthalat MnHexP (Mono-n-hexyl-Phthalat) im Urin zahlreicher Kinder und Erwachsener nachgewiesen. Der Untersuchung vorausgegangen war eine Recherche des RTL-Magazins EXTRA.
Jetzt gibt es einen Verdacht, wie der Weichmacher in den Körper der Betroffenen gelangt sein könnte. Was den verbotenen Stoff so gefährlich macht, erfahrt ihr im Video.
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Warum ihr auf keinen Fall auf Sonnenschutzmittel verzichten solltet
Die RTL-Reporter wollten herausfinden, ob Weichmacher aus Plastikverpackungen im menschlichen Körper nachweisbar sind. Das Ergebnis schockierte: Im Urin einer Familie aus Köln konnte unter anderem der seit 2013 verbotenen Weichmacher MnHexP nachgewiesen werden. Schnell stellte sich heraus: Das ist nur die Spitze des Eisbergs.
Jetzt gibt es einen ersten Hinweis auf die mögliche Quelle des nachgewiesenen Schadstoffs. „In unseren ersten, sondierenden Analysen sehen wir einen Zusammenhang zwischen der Belastung mit MnHexP und Kosmetika, darunter insbesondere Sonnenschutzmitteln“, erklärt Marike Kolossa vom Umweltbundesamt (Uba).
Auch viele Cremes, darunter Nachtcremes, würden laut Kolossa Sonnenschutzmittel enthalten. Gleichzeitig räumt die Expertin aber ein, dass man jetzt auf keinen Fall auf Sonnenschutzmittel verzichten solle.Die Krebsgefahr durch Sonnenstrahlen sei zu hoch. „Unsere Erkenntnisse reichen zu diesem Zeitpunkt nicht für eine Maßnahmenempfehlung“, sagte sie.
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Jetzt ist eure Meinung gefragt
DnHexP darf in der EU seit 2023 nicht mehr verwendet werden
Das Umweltbundesamt habe in einer noch laufenden Umweltstudie in etwa 37 Prozent der Proben den Metabolit MnHexP nachgewiesen, sagte Kolossa – nach Uba-Angaben ein Abbauprodukt des nicht zugelassenen Weichmachers DnHexP (Di-n-hexyl-Phthalat). Der fortpflanzungsschädigende Stoff MnHexP sei erstmals 2023 entdeckt worden. Das Uba hatte ihn im Urin Erwachsener nachgewiesen, eine Behörde in Nordrhein-Westfalen in jenem von Kindergartenkindern.
Der Stoff DnHexP darf in der EU seit 2023 ohne Zulassung grundsätzlich nicht mehr verwendet werden. Zulassungsanträge seien nicht gestellt worden. Nicht auszuschließen sei, dass er in Altlasten oder DnHexP-haltigen Importerzeugnissen stecke.
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Was das Phtalat so gefährlich macht
Die Suche nach der Herkunft des Schadstoffs sei eine Detektivarbeit, sagte Kolossa. „Wir haben den Fragebogen in der noch laufenden sechsten Deutschen Umweltstudie zur Gesundheit so aufgesetzt, dass wir aufgrund von Hypothesen Fragen stellen.“ Aufgrund von Erkenntnissen zu anderen Phthalaten sei unter anderem gefragt worden: „Wie häufig benutzen Sie Sonnenschutzmittel?“ Das UBA arbeite eng mit EU-Behörden zusammen, um das Ausmaß des Problems in Europa zu erfassen und Maßnahmen zu ergreifen.
MnHexP sei nach Ergebnissen von Tierversuchen ein fortpflanzungsschädigender Stoff, so Kolossa vor Kurzem. Er wirke vor allem auf die Fortpflanzungsorgane männlicher Föten im Mutterleib. Stoffe dieser Gruppe könnten aber auch für Erwachsene schädlich sein und das Risiko für Diabetes, Bluthochdruck und Fettleibigkeit erhöhen, was aus weiteren Tierversuchen hervorgehe.
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Die Konzentration hat sich in etwa verzehnfacht
In einzelnen Menschen seien Konzentrationen entdeckt worden, „die so hoch sind, dass eine Gesundheitsgefährdung nicht auszuschließen ist.“ Die Gesundheitsschädlichkeit sei zudem additiv mit anderen Phthalaten, das heißt die Wirkungen einzelner Phthalate addieren sich zu einer Gesamtwirkung, betonte Kolossa. Endergebnisse der aktuellen deutschlandweiten Studie erwarte sie im nächsten Jahr.
In Nordrhein-Westfalen hatten Experten des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (Lanuv) rückwirkend alte Urinproben von Kindergartenkindern untersucht. Ergebnis: Der Anteil der mit MnHeP belasteten Proben hatte sich von 26 Prozent (2017/18) auf 61 Prozent (2020/21) erhöht, hieß es einer Mitteilung des Lanuv vom 31. Januar. Die Konzentration bei hochbelasteten Kindern habe sich in etwa verzehnfacht. (nri/dpa)
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