Forscher veröffentlichen Studie zu Weichmachern
Unsichtbare Gefahr: Giftstoffe in Shampoo und Make-up begünstigen früheren Tod

Was passiert in unserem Körper, wenn wir häufig Phthalaten, einer Chemikalienart, ausgesetzt sind? Phthalate sind zum Beispiel in Lebensmittelbehältern, Shampoo, Make-up und Parfüm enthalten. Wer damit oft in Kontakt kommt, muss nach einer aktuellen Studie mit schweren gesundheitlichen Folgen rechnen.
Zusammenhang zwischen hoher Phthalat-Konzentration und frühem Tod

Im Rahmen der Studie, die in der Zeitschrift „Environmental Pollution“ veröffentlicht wurde, zeigte sich ein Zusammenhang zwischen Phthalaten, die auf den menschlichen Körper wirken, und einem vorzeitigen Tod. Dafür analysierten Hauptautor Leonardo Trasand und sei Team Daten von mehr als 5.000 Erwachsenen in den USA im Alter zwischen 55 und 64 Jahren.
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Die Untersuchung ergab, dass diejenigen, die die höchsten Phthalatwerte im Urin aufwiesen, mit größerer Wahrscheinlichkeit früher als erwartet sterben könnten. Die Forscher stellten besonders oft Herzkrankheiten mit Todesfolge fest. 91.000 bis 107.000 US-amerikanische Erwachsene erleiden demnach einen frühzeitigen Tod, der auf die chemischen Weichmacher zurückzuführen sei. Der dadurch entstehende wirtschaftliche Schaden belaufe sich auf 40 bis 47 Milliarden US-Dollar.
1,2 Millionen Tonnen an Weichmachern allein in Europa

Phthalate sind künstlich hergestellte Chemikalien, die wir im Alltag vor allem als Weichmacher für Kunststoffe kennen. Sie sind in unzähligen Konsumgütern, darunter Lebensmittelbehältern, Shampoo, Make-up, Parfüm und teilweise auch in Kinderspielzeugen enthalten. Durch die Zugabe von Weichmachern ist es möglich, spröde und unflexible Kunststoffe aus PVC elastisch und haltbarer zu machen. In Kosmetika sollen Phthalate helfen, einen gewünschten Duft länger haltbar zu machen. Laut dem European Council for Plasticisers and Intermediates (ECPI) werden pro Jahr 37 Millionen Tonnen Roh-PVC weltweit hergestellt. 35 Prozent davon sind mit Hilfe von Weichmachern in ihrer Struktur teils stark verändert. Von den weltweit jährlich circa sechs Millionen Tonnen an hergestellten Weichmachern werden allein 1,2 Millionen Tonnen in Europa verbraucht.
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„Diese Chemikalien haben ein langes Vorstrafenregister“
Leonardo Trasande umschreibt das Problem mit den Phthalaten gegenüber dem Nachrichtensender CNN wie folgt: „Diese Chemikalien haben ein langes Vorstrafenregister.“ Schon lange ist sich die Forschung bewusst, dass Phthalate zu den hormonell wirksamen Chemikalien gehören und wichtige Hormonfunktionen im menschlichen Körper beeinträchtigen können. Laut dem US-amerikanischen National Institute of Environmental Health Sciences können selbst kleinste hormonelle Störungen erhebliche Auswirkungen haben: Diese können bis hin zu Entwicklungs- und Fortpflanzungsproblemen sowie Fehlfunktionen im Gehirn und beim Immunsystem führen. Bereits mehrfach wurde in Studien die Aussetzung gegenüber Phthalaten mit Erkrankungen wie Adipositas, Diabetes oder Herzkrankheiten in Verbindung gebracht.
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Kindergärten sind besonders mit Weichmachern belastet
Trotz der vielen Gefahren sind Weichmacher inzwischen so weit verbreitet, dass sie sogar den Spitznamen „Überall-Chemikalie“ erhalten haben. Die Substanzen können bereits eine Gesundheitsgefahr darstellen, wenn sie eingeatmet oder verschluckt werden. Aus diesem Grund sind insbesondere Kinder gefährdet, da sie gerne Spielzeug und andere Dinge in den Mund stecken. Laut einer Studie des BUND (Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e. V.) sind vor allem Kindergärten in Deutschland hoch mit diesen Stoffen belastet.
Vor dem Kauf: Informieren Sie sich über die Inhaltsstoffe
Für die Herstellung von Spielzeug und Babyartikeln sind derzeit drei Weichmacher (DEHP, DBP und BBP) verboten. Die Weichmacher DINP, DIDP und DNOP dürfen nicht in Produkte, "die dazu bestimmt sind von Kindern unter drei Jahren in den Mund genommen zu werden". Insgesamt fünf Phthalat-Weichmacher (DEHP, DIBP, BBP, DBP und DIPP) sind in der Europäischen Union zulassungspflichtig. Das bedeutet, dass sie nur noch nach vorheriger Genehmigung in Produkten eingesetzt werden dürfen. Dennoch ist es ratsam, weitestgehend auf Produkte mit Weichmachern zu verzichten und sich über die Inhaltsstoffe in Kosmetik und Kinderspielzeug genau zu informieren. (fge)