Impfung nicht mehr nur für Risikogruppen?

Schwere Grippe-Verläufe bei Kindern in Australien! Arzt erklärt, was Eltern jetzt wissen müssen

Robert Michael
Sollten noch mehr Kinder gegen die Grippe geimpft werden? (Symbolfoto)
deutsche presse agentur

Müssen Kinder vor der Grippe besser geschützt werden? Zahlen aus Australien lassen aufhorchen, hier betraf die Grippewelle im Juli nämlich viele Kinder und viele landeten sogar auf der Intensivstation! Ob Eltern ihre Kinder jetzt gegen die Grippe impfen lassen sollten und für wen das wichtig ist, erklärt Arzt und Allgemeinmediziner Dr. Christoph Specht im RTL-Interview.

Grippewelle in Australien betraf viele Kinder! Was bedeutet das für uns?

Der Verlauf und die Schwere einer Grippewelle lassen sich nicht vorhersagen. Blickt man jedoch auf die Südhalbkugel, die manchen Experten als Marker für das bevorstehende Geschehen bei uns gilt, so sticht insbesondere eines ins Auge: In Australien waren Kinder und Jugendliche häufig betroffen. Viele hatten so schwere Symptome, dass sie auf die Intensivstation kamen, wie der australische „Guardian“ im Juli berichtete.

Sowohl in Australien als auch in Neuseeland setzte die Grippewelle außerdem viel früher ein als gewöhnlich. Experten sind überzeugt, dass vor allem die Aufhebung der strengen Corona-Maßnahmen die Grippewelle beflügelte.

Die Impfquoten bei Kindern sollen auch im Zuge dessen niedriger ausgefallen sein als üblich.

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Impfungen dieses Jahr nicht vergessen! „Einzige Möglichkeit, den Verlauf dieser Welle abzumildern“

Der kommende Präsident der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (Divi), Florian Hoffmann, hält sich wegen der vielen Unwägbarkeiten mit Prognosen für die Grippesainson in Deutschland zurück – die Entwicklung in Australien müsse aber ernst genommen werden, sagte er.

Er mahnte dringend zeitnahe Impfungen der Risikogruppen und aller Beschäftigten im Gesundheitswesen an.

„Dies ist die einzige Möglichkeit, den Verlauf dieser Welle abzumildern“, sagte der Oberarzt im Dr. von Haunerschen Kinderspital in München.

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„Kinder können an der Grippe auch schwer erkranken“

Und sieht der Allgemeinmediziner Dr. Christoph Specht die Grippewelle in Australien als Warnsignal für Deutschland?

„Kinder können sich mit der Grippe anstecken und sie können auch schwer erkranken. In der Regel tun sie das aber nicht, sondern lediglich Kinder mit bestimmten Vorerkrankungen“, so der Mediziner.

„Diese Gruppe hat generell auch ein höheres Risiko schwer an der Grippe zu erkranken und für diese Kinder gibt es in Deutschland bereits die Empfehlung der STIKO. Dass sich in Australien so viele Kinder und Jugendliche mit der Grippe infiziert haben und sogar häufig schwer erkrankt sind, wird bei uns höchstwahrscheinlich aber nicht dazu führen, dass noch mehr Kinder gegen die Grippe geimpft werden. Es werden aber aktuell bereits mehr Kinder gegen die Grippe geimpft als früher“, schätzt der Experte ein.

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Dr. Christoph Specht schaut in die Kamera.
Dr. Christoph Specht gibt eine aktuelle Einschätzung ab.
Moritz Jansen, photoMo

Grippe-Impfung jetzt auch für mehr Kinder in Deutschland? Arzt hält das für unnötig

Während die Amerikaner beispielsweise sehr „impffreundlich“ sind und Kinder auch ohne Vorerkrankungen in den USA ganz regulär gegen die Grippe geimpft werden, sei das in Deutschland anders. Ein Grund dafür sei aus Dr. Spechts Sicht, dass die Wirksamkeit der Grippe-Impfung zu wünschen übrig lasse. Bei Kindern liege die Wirksamkeit der Impfung jedoch immerhin bei 70 Prozent.

Dass jetzt auch Eltern ihre Kinder gegen die Grippe impfen lassen, die keine bestimmten Vorerkrankungen haben, hält der Arzt jedoch für unnötig. „Ich würde hier trotzdem weiterhin dazu raten, sich an die STIKO-Empfehlung zu halten. Wie sich die Grippewelle weiterentwickelt, kann man aktuell auch für Deutschland insgesamt noch nicht vorhersehen“, so der Arzt.

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Grippe-Impfung für Kinder: Eltern aufgepasst! Diese Kinder sollten unbedingt geimpft werden

Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt die jährliche Grippeimpfung allen Kindern ab sechs Monaten, die ein höheres Risiko für einen schweren Verlauf der Grippe haben, weil sie unter bestimmten Vorerkrankungen leiden, wie zum Beispiel:

  • chronische Krankheiten der Atmungsorgane (inklusive Asthma)

  • Herz- oder Kreislauferkrankungen

  • Leber- oder Nierenkrankheiten

  • Diabetes oder andere Stoffwechselkrankheiten

  • chronische neurologische Krankheiten wie Multiple Sklerose

  • angeborene oder später erworbene Störungen des Immunsystems oder HIV

Eltern könnten ihre Kinder leider nicht explizit vor schweren Grippe-Verläufen schützen, erklärt der Experte. Es sei daher wichtig, Kinder genau zu beobachten und den Kinderarzt zu kontaktieren, wenn sich der Gesundheitszustand des Kindes innerhalb von kurzer Zeit rapide verschlechtert.(mjä/mit dpa)