Kommt der Ukraine-Krieg jetzt zu uns?
Polizei warnt vor Anschlägen in Deutschland

Die Welt blickt auf die Ukraine und den brutalen Angriffskrieg des russischen Despoten Putin auf das Land. Überall gibt es Friedens-Kundgebungen mit Hunderttausenden Menschen. Polizeigewerkschaften warnen jetzt vor Anschlägen auf Einrichtungen beider Staaten in Deutschland.
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Ukraine-Krieg: Polizei warnt vor Anschlägen in Deutschland

Anschläge – auch hier hierzulande. Davor warnen jetzt mehrere Polizeigewerkschaften, obwohl der eigentliche Krieg knapp zwei Flugstunden von Deutschland entfernt stattfindet. Trotzdem halten die Polizeivertreter Racheakte zwischen Russen und Ukrainern auch auf deutschem Boden für denkbar.
Der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Oliver Malchow, zu RTL: „Das kann vielfältig sein. Das kann natürlich staatlicherseits gesteuert sein, also nicht von der Bundesrepublik Deutschland, sondern aus dem Ausland heraus. Das können Extremisten sein. Wir haben ja im Moment eine sehr diffuse Lage. Ja, der Krieg ist in der Ukraine. Aber es gibt Menschen aus Russland hier in der Bundesrepublik, es gibt Ukrainer hier in der Bundesrepublik. Und ich hoffe natürlich, dass das Zusammenleben weiterhin friedlich bleibt und keine Eskalation entsteht.“
Die Polizei von Bund und Ländern müssten für den Ernstfall bereit sein, täglich würden die Auswirkungen des Konflikts auf die innere Sicherheit hierzulande neu bewertet. Malchow weiter: „Theoretisch ist alles möglich. Es können auch Anschläge von ganz anderen Gruppen durchgeführt werden, um zu versuchen, Propaganda zu machen und auch die Polizei auf eine falsche Spur zu bringen. Wir schließen nichts aus, aber hoffen auch, dass nichts passiert.“
Die Polizei nehme das Thema sehr ernst. Grundsätzlich müsse gesamtgesellschaftlich eine Frage besprochen werden: „Wie gehen wir eigentlich mit einer militärischen Bedrohungslage um? Auch das hat ja auf Seiten der Bundesregierung zu einem Umdenken geführt (100 Milliarden für die Bundeswehr, Anmerkung der Redaktion). Die Frage: Krieg in Europa – was bedeutet das eigentlich für die Bundeswehr, aber auch für Feuerwehr, technische Hilfswerke und die Polizei.“ Auch hier gebe es Nachholbedarf, es müsse nochmal kritisch hingeschaut werden, sagt Malchow im RTL-Interview. Aber: „Grundsätzlich ist die Polizei gut vorbereitet.“
Russischer Geheimdienst übt "mörderisches Handwerk auch auf deutschem Boden aus"
Auch die konkurrierende Polizeigewerkschaft DPolG teilt diese Einschätzung. Ihr Vorsitzender Rainer Wendt geht von weiteren möglichen Zielen aus. Er sagte der "Neuen Osnabrücker Zeitung": "Deutschland kann durchaus auch Ziel terroristischer Anschläge werden, etwa durch Beschädigung oder Zerstörung von Einrichtungen der kritischen Infrastruktur." In den vergangenen Jahren habe es immer wieder Attacken auf die IT-Systeme verschiedener Institutionen oder Industrien gegeben. Auch die Energieversorgung könne ein potenzielles Ziel sein.
Wendt sieht auch eine Gefahr für die Unterbringung ukrainischer Kriegsflüchtlinge, deren Unterkünfte umfangreich geschützt werden müssten. "Wir haben in Deutschland leidvoll erfahren, dass die russischen Geheimdienste nicht davor zurückschrecken, ihr mörderisches Handwerk auch auf deutschem Boden auszuüben."
Video: Russische Raketen schlagen in Charkiw ein
Angesichts massiver Investitionen in die äußere Sicherheit vor dem Hintergrund des russischen Angriffs auf die Ukraine fordert die Gewerkschaft der Polizei (GdP), Investitionen der Stärkung der inneren Sicherheit. Die Handlungsfähigkeit der Sicherheitsbehörden und des Staates, so die GdP, müsse zu jeder Zeit und in jeder Situation so gut wie möglich gesichert sein und die Bevölkerung darauf vertrauen können. „Es geht auch darum, dass für die Streifenwagen jederzeit genügend Sprit oder Strom da ist und die Einsatzkräfte stets und ständig kommunizieren können. Das muss funktionieren, auch wenn es andernorts schon dunkel geworden ist“, sagte der stellvertretende GdP-Bundesvorsitzende Dietmar Schilffam am Dienstag in Berlin.
Die Polizeien hierzulande müssten jederzeit interventionsfähig sein, ohne dass andere wichtige Aufgaben nahezu brach lägen. „Unsere Kolleginnen und Kollegen sind Leidtragende einer jahrelangen Sparpolitik. Noch ist ein genereller Kurswechsel nicht zu erkennen. Und dies trotz einer sich sehr dynamisch entwickelnden Sicherheitslage“, stellte Schilff fest.
Ukraine: Zahlreiche tote Zivilisten
Unterdessen tobt der brutale Angriffs-Krieg Putins weiter. Nach ukrainischen Medienberichten ist es in der Nacht zu Mittwoch zu Gefechten mit der russischen Armee gekommen. Im ostukrainischen Charkiw, der zweitgrößten Stadt des Landes, hätten russische Soldaten ein militärmedizinisches Zentrum angegriffen, meldete die Agentur „Unian“. Es sei zum Kampf mit ukrainischen Einheiten gekommen. Bei Charkiw sei es den Ukrainern gelungen, sechs neue russische Panzer vom Typ T-80BWM zu erbeuten, hieß es.
Auch in der südukrainischen Stadt Cherson wurde demnach gekämpft. Ein russischer Panzer feuerte der Agentur „Ukrinform“ zufolge in ein Gebäude des ukrainischen Geheimdienstes SBU.
Der Berater des Innenministeriums, Anton Heraschtschenko, sprach von zahlreichen toten Zivilisten, die Cherson unter anderem mit sogenannten Molotow-Cocktails verteidigt hätten. Die Stadt an der Mündung des Flusses Dnipro ist örtlichen Berichten nach eingekesselt. (dpa/lth)