Yasmin (24) und Alexander (29) erschossen
Polizistenmorde von Kusel: 24 Verfahren gegen Andreas S. geführt

Im Fall der beiden getöteten Polizisten in Kusel (Rheinland-Pfalz) haben staatsanwaltschaftliche Ermittlungen neue Erkenntnisse zu Tage gefördert: Gegen den mutmaßlichen Täter Andreas S. gibt es wohl mehr offene Strafverfahren als bisher bekannt. Seit 2004 seien allein bei der Staatsanwaltschaft Saarbrücken 24 Ermittlungsverfahren gegen ihn geführt worden, darunter Verdacht auf Insolvenzverschleppung sowie versuchter Betrug. Zudem soll der 38-Jährige zu einer Geldstrafe verurteilt worden sein, weil er einen Jagd-Partner laut „Spiegel“-Informationen mit einem Flintenschuss schwer verletzte.
Da auch in 2020 mehrere Verfahren gegen Andreas S. gleichzeitig liefen, habe er seinen Jagdschein nicht verlängert. Die Staatsanwaltschaft Kaiserslautern geht derzeit außerdem davon aus, dass es keinen dritten Tatverdächtigen gibt.
Tatverdächtiger bestreitet, "an den Morden beteiligt gewesen zu sein"

In einer Stellungnahme wies der Leitende Oberstaatsanwalt Dr. Udo Gehring darauf hin, dass im Zuge der Ermittlungen auch mehrfach Durchsuchungen bei Zeugen durchgeführt worden seien. Hier müsse differenziert werden, denn „auf einen Tatverdacht gegen die betreffenden Besitzer des Durchsuchungsobjekts“ könne daher nicht geschlossen werden.
Die beiden festgenommenen Tatverdächtigen Andreas S. und Florian V. seien einem Schmauchspurentest unterzogen worden, zudem wurden Blutproben genommen. „Die Ergebnisse liegen noch nicht vor“, so Gehring. „Einer der beiden Tatverdächtigen hat eingeräumt, am Tatort gewesen zu sein, und bestritten, an den Morden beteiligt gewesen zu sein.“ Ob dem tatsächlich so ist, müssen nun die weiteren Untersuchungen klären.
Angeblich Taschenlampe eines Opfers bei Durchsuchung entdeckt
In dem Sulzbacher Anwesen, wo die Tatverdächtigen festgenommen worden sind, soll eine Taschenlampe gefunden worden sein, die vom Tatort stammen und einem der Getöteten gehört haben soll. Das berichtet die „Saarbrücker Zeitung“.
Laut Staatsanwaltschaft seien „eine Schrotflinte und ein Gewehr (Einlader) sichergestellt“ worden. „An einem anderen Durchsuchungsort wurden weitere Schusswaffen sichergestellt. Diesbezüglich laufen Ermittlungen, wem die sichergestellten Waffen zuzuordnen sind und ob für ihren Besitz eine Erlaubnis bestand“, heißt es in der Pressemitteilung. „Die laufenden Ermittlungen beziehen sich auch auf die Frage, was die beiden Tatverdächtigen zwischen den Schüssen und der Festnahme gemacht haben, soweit das für die Aufklärung der Tat relevant ist.“
Kusel: 24 Verfahren gegen mutmaßlichen Täter Andreas S. geführt
Der mutmaßliche Täter Andreas S. ist bereits mehrfach mit dem Gesetz in Konflikt gekommen – und zwar häufiger als bisher bekannt. Allein bei der Staatsanwaltschaft Saarbrücken seien bereits seit 2004 24 strafrechtliche Ermittlungsverfahren gegen ihn geführt, unter anderem Verdacht auf Insolvenzverschleppung und versuchten Betrugs, berichtet der „Spiegel“.
In 2006 sei Andreas S. aufgrund eines Jagdunfalls zu einer Geldstrafe verurteilt worden, heißt es weiter. Dabei habe er jedoch einem Jagd-Partner mit einem Flintenschuss sowohl am Hals und an der Brust als auch am Auge schwer verletzt. Darauf folgte die Aberkennung seines Jagdscheines sowie der Waffenbesitzkarte. Da Andreas S. jedoch Widersprüche eingelegt habe, habe die Aberkennung mehrere Jahre gedauert.
Anschließend habe er seinen Jagdschein erneut beantragt. Diesen habe er nach Ablauf der Frist 2012 und 2017 erneut bekommen. Nachdem im Jahr 2020 mehrere Verfahren gleichzeitig gegen den mutmaßlichen Täter liefen, habe er keine Verlängerung beantragt.
Polizisten wurde bei einer Routinekontrolle getötet
Die 24 Jahre alte Polizeianwärterin Yasmin (24) B. und Oberkommissar Alexander K. (29) waren am 31. Januar bei einer Routinekontrolle in der Nähe der Kreisstadt Kusel getötet worden, als sie ein Fahrzeug überprüften. Auf der Ladefläche seien den Beamten zuvor große Mengen Wild aufgefallen. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass die beiden Insassen des Autos die Polizisten töteten, um dadurch unerlaubte Jagdwilderei zu verdecken.
Vor ihrem Tod hatten die beiden Beamten noch versucht, Hilfe herbei zu rufen, wie der Einsatzleiter der Polizei in einer Pressekonferenz eindrücklich erklärte – im Video.
Polizeiinspekteur erklärt Details im Fall der getöteten Polizisten
Der Inspekteur der rheinland-pfälzischen Polizei, Jürgen Schmitt, hat im Innenausschuss des Landtags Details zu dem Einsatz erklärt. Er berichtete am Dienstag unter anderem, warum es zwölf Minuten dauerte, bis andere Streifen am Tatort waren, obwohl die später getöteten Beamten gemeinsam mit den Besatzungen zwei weiterer Fahrzeuge unterwegs waren.
Schmitt sagte, wenn Streifen an einen Tatort geschickt würden und bekannt sei, dass dort geschossen worden sei, seien sie angehalten, zunächst zu stoppen und Schutzausrüstung anzulegen. Dazu gehörten schwere Schutzhelme und Westen sowie eine Maschinenpistole. „Das führt zu einer gewissen Zeitverzögerung“, erklärte der Inspekteur.
Kusel: Beamte waren uniformiert in zivilem Polizeiauto unterwegs
Die beiden Polizisten hatten bei der Kontrolle um 4:20 Uhr laut Schmitt zunächst über Funk von „dubiosen Personen“ berichtet, die zahlreiche tote Wildtiere dabeihätten. Sie forderten Verstärkung an und riefen schließlich um Hilfe mit den Worten „Komm schnell, die schießen, die schießen.“
Schmitt zufolge waren an dem Morgen nach der Kontrolle mit tödlichem Ausgang andere Streifen um 4:32 Uhr am Tatort. Beide Polizisten seien zu dem Zeitpunkt bereits tot gewesen, hätten massive Verletzungen am Kopf aufgewiesen. Die zwei Beamten waren demnach uniformiert in einem zivilen Polizeiauto unterwegs, Schmitt zufolge observierten sie mit den Besatzungen zwei weiterer Polizeiwagen eine Person. Nach früheren Angaben der Polizei ging es darum, eine Serie von Eigentumsdelikten aufzuklären. (cwa)