Dubiose Dienstwagen-Deals?
ARD-Chefin Patricia Schlesinger fährt 435-PS-Wagen mit Massagesitzen
Seit Wochen stehen gegen die RBB-Intendantin und ARD-Vorsitzende Patricia Schlesinger Vorwürfe im Raum. Dem „Business Insider“ liegen jetzt erneut vertrauliche Dokumente vor, es geht um Luxus-Dienstwagen mit Massagesesseln und private Fahrdienste von RBB-Chaffeuren. Im Gespräch mit RTL sagt der Bundesvorsitzende des Deutschen Journalisten-Verbands (DJV), Frank Überall: Als Amtsträgerin „darf man nicht einmal den Anschein erwecken, dass man bestechlich ist oder sogar Vorteile annimmt. Und da hat sie zumindest einigen Erklärungsbedarf.“ Das ganze Gespräch mit Frank Überall zeigen wir im Video.
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Dienstwagen-Chauffeure auch für private Zwecke genutzt?
Der Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) kommt nicht zur Ruhe, seit das Onlineportal „Business Insider“ detaillierte Vorwürfe gegen den Sender und dessen Intendantin veröffentlicht hat: Es geht nicht nur um die dubiose Vergabepraxis von Berateraufträgen rund um einen neuen Gebäudekomplex des RBB, der bis 2026 entstehen soll. Die RBB-Intendantin ist zurzeit auch die amtierende ARD-Vorsitzende.
Es geht auch um die Vermengung von Privatem und Beruflichem. Im Kern wurde durch die Berichterstattung die Frage in den Raum gestellt, ob im beruflichen Verhältnis zwischen Schlesinger und der RBB-Verwaltungsratsspitze bestimmte Grenzen überschritten worden sein könnten und ein zu laxer Umgang mit Kollisionen von Interessen vorherrsche. Die Vorwürfe gegen den RBB beziehen sich etwa auch auf eine angeblich fehlerhafte Abrechnung von dienstlichen Abendessen. Schlesinger hat die Vorwürfe stets zurückgewiesen.
Doch es tauchen immer neue Vorwürfe auf. Aktuell berichtet der „Business Insider“ von Luxus-Dienstwagen mit Massagesesseln für die Intendantin und dass die RBB-Chauffeure nicht nur für Dienstfahrten zur Verfügung standen, sondern auch für private Zwecke. Der RBB soll für Schlesinger trotz strenger Compliance-Richtlinien bei Audi einen Preisnachlass von fast 70 Prozent erhalten haben. Wert des Audi A8: 145.000 Euro, inklusive Massagesitzen. Für den restlichen Fuhrpark des RBB soll es solche Topkonditionen nicht gegeben haben. RTL hat beim RBB nachgefragt – aber keine konkrete Antwort erhalten. Auf Anfrage des „Business Insiders“ soll der RBB erklärt haben, dass es sich bei den Behördenkonditionen um einen „branchenüblichen Firmenrabatt“ handele und daher interne Regeln nicht gebrochen wurden. Die Massagesitze in ihrem luxuriösen Dienstwagen seien außerdem nicht Schlesingers Idee gewesen.
Doch auch wenn eine Intendantin ein fahrendes Büro benötigt, der DJV-Vorsitzende Frank Überall sagt im Gespräch mit RTL: „All die Hintergründe sind erklärungsbedürftig. Die Firma selbst hat darauf hingewiesen, dass das mit Compliance-Richtlinien übereinstimmen muss.“
Anwaltskanzlei soll Vorwürfe untersuchen
Die Vorwürfe gegen RBB-Intendantin Patricia Schlesinger beschäftigen auch Brandenburgs Landtag. Bei einer Sondersitzung des Hauptausschusses in Potsdam zum RBB und Schlesinger, erschien niemand vom RBB. Die Parteien äußerten fraktionsübergreifend Unverständnis und Empörung darüber, dass die Senderspitze nicht erschienen war. Der Ausschuss beschloss, die Beteiligten zum persönlichen Erscheinen in einer weiteren Sitzung aufzufordern. Bis dahin wollen die Politiker einen Fragenkatalog zusammenstellen. Das Land Brandenburg hat die Rechtsaufsicht über den RBB.
Der RBB hat inzwischen eine externe Anwaltskanzlei eingeschaltet, die die Vorwürfe untersuchen soll. „Der Rundfunkrat wird besonders genau darauf achten, dass diese Kanzlei ihre Untersuchungen unabhängig und umfassend vornehmen kann. Es darf dabei auch keinen Druck auf Mitarbeitende geben, die zur Aufklärung beitragen wollen“, sagte die rbb-Rundfunkratsvorsitzende Friederike von Kirchbach. Der Rundfunkrat besteht auf einer „lückenlosen Aufklärung“ der Vorwürfe.
Schlesinger selbst will ihr Amt auch weiterhin ausüben, auch während der externen Untersuchung der gegen sie gerichteten Vorwürfen. Die 61-Jährige sagte in einem Interview mit dem „Tagesspiegel“ auf die Frage, ob sie erwäge, bis zum Ende der lückenlosen Aufklärung ihr Amt ruhen zu lassen: „Ich arbeite seit Jahrzehnten im öffentlich-rechtlichen System, dessen zutiefst überzeugte Anhängerin ich bin. Ich werde diesem System weiterhin mit aller Kraft zur Verfügung stehen.“
Dafür bezahlen müssen nicht nur die Gebührenzahler, erst im August 2021 wurde der Rundfunkbeitrag auf 18,36 Euro monatlich erhöht. Auch die rund 3500 Mitarbeiter des RBB dürften sich inzwischen die Fragen stellen, was ihre Chefin umtreibt. „Wenn die eigenen Leute anfangen, rebellisch zu werden, dann wird es schwierig“, sagt Frank Überall. Er fordert jetzt von Patricia Schlesinger Transparenz ein: „Das ist eine moralische, aber auch berufsethische Frage.“ (mit dpa/aze)