Videoaufnahmen zeigen, wie Patrick Lyoya in Grand Rapids (USA) getötet wird

Polizist schießt schwarzem Mann in den Hinterkopf – große Proteste nach brutalem Tod in Michigan

Ein weißer Polizist kniet auf einem am Boden liegenden Schwarzen. Der Polizist zieht seine Waffe, zielt auf den Hinterkopf des wehrlosen Mannes, es folgt ein lauter Knall. Der Mann bleibt regungslos liegen. Videoaufnahmen zeigen den brutalen Tod von Patrick Lyoya. Erinnerungen an die Tötung von George Floyd werden wach.

USA: Polizist hielt Auto von Lyoya an

Der Polizist hatte Lyoyas Auto zuvor in Grand Rapids (Michigan) angehalten, offenbar wegen eines nicht korrekt registrierten Nummernschilds. Auf Aufnahmen der Boydcam des Polizisten ist zu sehen und zu hören, wie der Polizist auf den 26-Jährigen zugeht.

  • „Steig wieder ins Auto, Mann! Ich halte dich an. Hast du einen Ausweis?“

  • „Wofür?“

  • „Ich halte dich an. Hast du einen Ausweis? Hast du einen Führerschein? Sprichst du Englisch?“

Lyoya antwortet, dass er einen Führerschein hat und dass dieser im Auto sei. Er sagt etwas zu jemandem im Auto und beginnt um das Fahrzeug herumzugehen. Dann gerät die Situation außer Kontrolle.

Michigan: Bodycam des Polizisten wurde abgeschaltet

A TV display shows video evidence of a Grand Rapids police officer struggling with and shooting Patrick Lyoya at Grand Rapids City Hall on Wednesday, April 13, 2022. Lyoya, 26, was shot and killed about 8:10 a.m., on April 4, after what police said was a traffic stop. (Grand Rapids Police Department)
Videoaufnahmen zeigen die Auseinandersetzung.
AP

„Nein, nein, nein. Stop! Stop!“, ruft der Polizist auf dem Video. Er versucht, Lyoya mit einem Griff an die Schulter festzuhalten. Dieser weicht ängstlich zurück. Als der Polizist näherkommt, dreht Lyoya sich um und versucht, wegzulaufen.

Der Polizist holt ihn ein, drückt ihn zu Boden. Als beide wieder aufstehen, zieht der Polizist seinen Elektroschocker. Er versucht, Lyoya einen Schock zu verpassen - doch vergeblich. Offenbar entreißt Lyoya ihm das Gerät. „Lass den Taser los“, ruft der Polizist. Dann wird das Bild schwarz.

Offiziellen Polizeiangaben zufolge sei die Bodycam des Polizisten versehentlich abgeschaltet worden. Dies soll beim Gerangel auf dem Boden passiert sein.

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Grand Rapids: Polizist schießt Patrick Lyoya in den Hinterkopf

Doch es gibt weitere Videoaufnahmen. Das Handyvideo eines Passanten sowie eine Überwachungskamera an einem Haus in der Nähe zeigen den weiteren Verlauf der Auseinandersetzung.

Der Polizist drückt Lyoya zu Boden, das Gesicht in den Rasen eines Vorgartens. „Lass den Taser los“, ruft er noch einmal. Dann zieht er seine Waffe, zielt auf den Hinterkopf des Mannes und drückt ab. Lyoya ist offenbar sofort tot.

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Proteste in den USA: Erinnerungen an George Floyd werden wach

Der Vorfall ereignete sich bereits am 4. April. Erst jetzt veröffentlichte die Polizei die Aufnahmen der tödlichen Auseinandersetzung. Zudem äußerte sich die Behörde in einer Pressekonferenz zu dem Fall.

Der Polizist in dem Video wurde demnach vorerst beurlaubt. Die Polizei von Michigan wird den Vorfall untersuchen. Es müsse festgestellt werden, ob das Leben des Polizisten gefährdet gewesen sei oder nicht, so ein Sprecher. Ein Elektroschocker sei eine gefährliche, allerdings keine zwingend tödliche Waffe.

Der tragische Tod von Lyoya weckt Erinnerungen an George Floyd, der am 25. Mai 2020 in Minnesota erstickte, nachdem ein Polizist fast zehn Minuten lang auf seinem Hals kniete. Floyds Tod rief damals langanhaltende, landesweite Proteste gegen Polizeigewalt in den USA hervor.

Nach der Veröffentlichung der Videos von Lyoyas Tod versammelten sich hunderte Menschen vor der Polizei-Zentrale in Grand Rapids. „Justice for Patrick“ (Gerechtigkeit für Patrick), riefen einige von ihnen.

Patrick Lyoya: Anwalt fordert Entlassung und Festnahme des Polizisten

Lyoya kam offenbar 2014 als Flüchtling aus dem Kongo in die USA. Benjamin Crump, der Lyoyas Familie als Anwalt vertritt, kämpft schon lange gegen Polizeigewalt in den USA. Er fordert die Entlassung und Festnahme des Polizisten.

„Das Video zeigt eindeutig, dass das eine unangebrachte, übertriebene und tödliche Ausübung von Gewalt gegen einen unbewaffneten schwarzen Mann, der von der Begegnung verwirrt war und Angst um sein Leben hatte, war“, so Crump.

Die Polizei teilte mit, dass zunächst alle Beweise in dem Fall zusammengetragen und ausgewertet werden müssten. Erst dann könne weiter fortgefahren werden. Im Fall von George Floyd war der Polizist Derek Chauvin 13 Monate nach der Tat zu einer Freiheitsstrafe von 22,5 Jahren verurteilt worden. (jda)