„Hatte den Eindruck, dass wir uns nicht gut verstehen“

Ärztin verweigert 18-Jähriger die OP! Darf sie das überhaupt? Mediziner schätzt ein

 Stethoscope on wooden table, family doctor concept Copyright: xNomadSoulx Panthermedia28073967 ,model released, Symbolfoto
Eine Ärztin hat die Behandlung einer 18-Jährigen abgelehnt, darf sie das? Ein Experte klärt auf.
www.imago-images.de, imago images/Panthermedia, NomadSoul via www.imago-images.de

Eine Ärztin soll einer 18-Jährigen eine Operation verweigert haben! Wäre so etwas auch in Deutschland möglich? Der Medizinjournalist und Allgemeinmediziner Dr. Christoph Specht erklärt im RTL-Interview, welche Kriterien dafür erfüllt werden müssen.

Erzieherin klagt über Schmerzen im Handgelenk – Frau (18) suchte viele Ärzte auf

Seit mehr als einem Jahr habe die 18-jährige Valentina aus Lenzburg in der Schweiz Schmerzen in ihrem Handgelenk. Die Erzieherin habe in den vergangenen Monaten mehrere medizinische Einrichtungen aufgesucht, dabei sei sie untersucht worden. Auch Röntgenbilder wären angefertigt worden. Doch es sei zu keiner Diagnose gekommen und die Beschwerden wären zunächst geblieben.

Dabei wolle sie „endlich wieder normal leben und arbeiten“, schildert sie verzweifelt laut dem Schweizer Online-Nachrichtenportal 20 Minuten.

Lese-Tipp: Warum werden wir so oft im Urlaub krank? Arzt erklärt, wie Sie den fiesen Schnupfen vermeiden

Ihre Erfahrung ist uns wichtig! Haben Sie schon öfter den Arzt gewechselt?

Anzeige:
Empfehlungen unserer Partner

Schweiz: Ärztin lehnt OP ab – „hatte Eindruck, dass wir uns nicht gut verstehen“

Kurz darauf habe eine Ärztin dann aber einen Ultraschall gemacht und ein sogenanntes Handgelenkganglion entdeckt, also eine mit Flüssigkeit gefüllte Schwellung in der Hand, die bei einer Operation entfernt werden könnte.

Könnte. Denn kurz nach der Diagnose habe sie Valentina in einer E-Mail, die dem Nachrichtenportal vorliegen soll, begründet, warum sie die Operation nicht durchführen werde.

„Da ich den Eindruck hatte, dass wir uns nicht sehr gut verstehen und damit das Arzt-Patienten-Verhältnis nicht optimal ist, möchte ich diesen Eingriff bei Ihnen nicht durchführen. Sie müssen sich also einen anderen Handchirurgen suchen“, zitiert 20 Minuten.

Lese-Tipp: Ganglion: So entsteht ein Überbein - und so verschwindet es wieder

Ein Schock für die 18-Jährige, die ihrer Auffassung nach schon viel zu lange mit den Schmerzen im Handgelenk gekämpft habe. Auf Anfrage des Schweizer Nachrichtenportals habe sich die Handchirurgin nicht weiter zu ihrer OP-Absage äußern wollen.

Doch wie sieht das in Deutschland aus, wäre es hier möglich, einen Patienten mit dieser Begründung abzulehnen? Der Allgemeinmediziner Dr. Christoph Specht geht davon aus, dass wesentlich mehr hinter der Absage der Ärztin steckt.

Dr. Christoph Specht schaut in die Kamera.
Dr. Christoph Specht gibt eine aktuelle Einschätzung zu diesem Fall ab.
Moritz Jansen, photoMo

Auch in Deutschland: „Arzt darf Behandlung eines Patienten tatsächlich zurückweisen“

„Bei uns ist die Rechtslage in diesem Fall genauso wie in der Schweiz. Ein Arzt darf zwar nie eine Notfallbehandlung ablehnen, doch wenn das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient nachweislich gestört ist, darf er die Behandlung des Patienten tatsächlich zurückweisen. Ich denke, dass die Ärztin in diesem Fall in ihrer E-Mail genau darauf hinauswollte“, erklärt Dr. Specht.

Der Arzt geht im vorliegenden Fall davon aus, dass zwischen Ärztin und Patientin mehr vorgefallen ist, als dass sie sich bloß unsympathisch waren – und das muss es tatsächlich aus rechtlicher Sicht auch.

Lese-Tipp: Lungenkrebs! Arzt "vergisst" zwei Jahre lang, Patientin wichtigen Befund mitzuteilen

Im Video: Alte Sonnencreme wieder verwenden? Warum Sie das auf keinen Fall machen sollten

Im Klagefall muss die Ärztin nachweisen, warum kein Vertrauensverhältnis vorhanden war

Im Zweifel müsse die Ärztin nämlich vor Gericht nachweisen können, warum das Vertrauensverhältnis gestört gewesen sein soll. „Ich gehe hier davon aus, dass die Ärztin glaubt, dass die Patienten auch nach der Operation unzufrieden gewesen wäre und sich keinen Ärger einhandeln wollte. Das ist zwar eine Spekulation, aber einen Querulanten möchte man nicht behandeln“, schildert der Arzt.

Im Allgemeinen müssen laut Dr. Specht bestimmte Kriterien erfüllt sein, damit ein Arzt den Patienten überhaupt abweisen darf. „Patienten müssen sich beispielsweise an die Anweisungen von Ärzten halten. Wenn sie zum Beispiel Tabletten nicht einnehmen oder mehrfach nicht zu Terminen erscheinen, kann man die weitere Behandlung ablehnen“, führt Dr. Specht aus.

Auch wenn ein Patient beispielsweise gegenüber dem Arzt oder seinen Mitarbeiterinnen ausfällig wird, kann der Mediziner die Behandlung ablehnen. Was aber wesentlich öfter vorkommt, sei, dass Praxen bereits voll sind und der Arzt oder die Ärztin schlichtweg keine neuen Patienten mehr aufnehmen kann.