Kommentar zum Zoff um "Die letzte Generation"

Natürlich dürfen auch Klimaaktivisten in den Urlaub fliegen - basta!

Datum: 06.02.2023 / Ort: Dresden
Klima-Aktivisten der "Letzten Generation" blockierten am spaeten Montagnachmittag ab 16 Uhr fuer wenigen Minuten eine wichtige Verkehrsader in Dresden-Loebtau. Im Berufsverkehr setzen sich mehrere Aktivisten auf die Columbusstrasse und klebten ihre Handflaechen mit Sekundenkleber auf die Strasse fest. Und das bei einer Temperatur von 0 Grad! Es bildete sich Stau, Autofahrer zeigten sich genervt und reagierten mit Hupen und Beleidigungen. Inzwischen hat die Polizei die Aktivisten mit Olivenoel von der Fahrbahn geloest. Die "Letzte Generation" will Deutschland ab heute lahmlegen, es startet eine neue Aktions-Phase. Dafuer wurden bundesweit Strassen blockiert.
Klima-Protest: Aktivisten der "Letzte Generation" blockieren eine Straße in Dresden.
sz, action press, ActionPress
von Eva Johanna Onkels

Kommentar

Erst kleben sie sich auf der Straße fest und nerven Autofahrer, dann steigen sie ins Flugzeug und verpulvern CO2 für einen schicken Urlaub. Doppelmoral! Wer ein echter Klimaaktivist ist, darf doch nicht in den Flieger steigen! So der Tenor vor wenigen Tagen, als bekannt wurde, dass zwei Klimaaktivisten nach Bali in den Urlaub geflogen sind.

Gründe, um Klimaschützer zu diskreditieren

Aber natürlich dürfen auch Klimaaktivisten in den Urlaub fliegen. Und sie dürfen Verbrenner fahren oder mal einen Coffee-to-Go im Plastikbecher schlürfen. Denn ein Klimaaktivist muss nicht immer, überall und stets zu 100 Prozent Klimaschützer sein, um mit seinen Forderungen Recht zu haben.

Ohne Zweifel verbraucht ein Langstreckenflug eine Menge CO2 – das ist klimaschädlich. Doch das Problem liegt nicht bei den Urlaubern der „Letzten Generation“. Die können gar nichts richtig machen. Viele Menschen, Politiker und Otto-Normal-Bürger suchen geradezu nach einem Grund, weshalb man sie nicht ernst nehmen muss. Warum es okay ist, sie zu beleidigen, und warum sie selbst schuld sind, wenn ein Autofahrer über ihre Füße fährt. Es sind ja Spinner! Die Radikalos! Dabei ist es viel dringender geboten, der „Letzten Generation“ endlich vernünftig zuzuhören!

Dann wüssten viele Kritiker, dass die „Letzte Generation“ gar kein Verbot von Flügen, Urlauben oder Kreuzfahrten fordert – sondern ein 9-Euro-Ticket, ein Tempolimit und die bessere Einbindung von Bürgern in politische Entscheidungsprozesse. Nicht gerade die radikalsten Forderungen.

Privatjets im Fokus - nicht Urlaubflieger

Und was das Urlauben betrifft: Wenn überhaupt, soll es Inlandsflügen und Privatjets an den Kragen gehen. Auch nicht wirklich radikal, was die Aktivisten wollen. Haben andere auch schon gefordert. Und um das mal in Zahlen darzustellen: Der Flug der Klimaaktivisten verbraucht circa drei Tonnen CO2 pro Person. Die Privatjets von Weltstars wie Taylor Swift, Rapper Jay-Z und Steven Spielberg fressen das 800-fache des GESAMTJAHRESVERBRAUCHS (7,9 Tonnen) eines deutschen Durchschnittsbürgers. Es ist keine radikale Forderung, das reduzieren zu wollen.

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Ja, es nervt

Ja, es nervt, wenn man wegen der Klimaaktivsten zu spät zur Arbeit kommt. Ja, es trifft oft die Falschen, wenn der Gesundheitspfleger, die Erzieherin oder der Arzt nicht pünktlich zur Arbeit kommt. Ja, es nervt, wenn sich der Flug in den wohlverdienten Urlaub verspätet. Doch was haben andere Protestformen gebracht? Etwa die Fridays-for-Future-Demos, an denen Hunderttausende teilgenommen haben, darunter Menschen aus allen Gesellschaftsschichten, Schüler, Kreuzfahrer, Autofahrer, Urlauber, Veganer, Vegetarier, Fleischesser etc. Gefühlt ist wenig passiert – dabei sagt die Wissenschaft: Es muss schnell viel radikaler gehandelt werden. Die „Letzte Generation“ sucht radikale, störende, manchmal unangemessene Wege des Protestes. Dabei schlagen sie über die Stränge. Ihr Anliegen macht das aber nicht weniger relevant.