"Ich sah seinen Kopf treiben, und er sah mich an"
Die Flut riss Kyle (5) aus den Armen seiner Mutter
Der Morgen fing für Lindsy Doan an wie immer – doch er endete in einer Katastrophe: Bei einem schweren Sturm im US-Bundesstaat Kalifornien wurde ihr Sohn Kyle (5) von den Wassermassen mitgerissen. Seit mehreren Tagen fehlt von dem kleinen Jungen aus Paso Robles (US-Bundesstaat Kalifornien) jede Spur.
Auf dem Weg zum Kindergarten von Flut überrascht
Wie jeden Morgen will Doan ihren Sohn am Montag mit dem Auto zum Kindergarten bringen. Doch sie bemerkt nicht, dass ein Wintersturm aus der Straße einen reißenden Fluss gemacht hat, berichtet der US-Sender CBS. Die Wassermassen schieben ihren schweren Chevrolet (rund 2.000 Kilo) von der Straße gegen einen Baum.

Weil sie Angst hat, dass der Wagen mit Wasser vollläuft, will die Mutter mit ihrem Kind schnell raus. Doch durch den Druck des Wassers kann sie die Fenster und die hintere Tür nicht öffnen. Lindsy Doan kann durch eine der vorderen Türen aus dem Auto klettern. Sie klammert sich an einem Baum fest und fordert Kyle auf, auf den Vordersitz zu klettern, damit sie ihn von dort aus rausholen kann.
Kalifornien: Strömung reißt Kyle Doan mit

Kyle hat keine Angst, sagt noch "Mama, es ist schon in Ordnung" und "Bleib nur ruhig." Doch als er die Hand seiner Mutter greifen will, geschieht das Unglück: Weil sein Griff zu schwach ist, rutscht er ab und wird von der Strömung erfasst. "Ich spürte, wie seine Finger von meinen abglitten", beschreibt Lindsy Doan den schrecklichen Moment.
Sie lässt den Baum los und will ihren Sohn retten, doch sie schafft es nicht. "Ich sah seinen Kopf treiben, und er sah mich an, weil er rückwärts schwamm", erzählt Lindsy Doan der Nachrichtenagentur AP. "Ich versuchte, meinen Kopf über Wasser zu halten. Aber die Strömung zog mich immer weiter nach unten. Nach einer Weile habe sie Kyle nicht mehr gesehen.
"Sie hat das Richtige getan", sagt Kyles Vater Brian Doan zu CNN. "Sie konnte nicht bei ihm im Auto bleiben – die Strömung hätte es später mitgerissen.
Vermisster Junge aus Kalifornien: Anwohner sah leblosen Körper im Wasser

Ein Anwohner, der die panischen Schreie der Mutter hörte, zog sie aus der Strömung. Er habe einen zweiten, leblos erscheinenden Körper im Wasser gesehen, berichtet er. Ob es sich um den Fünfjährigen handelte und was mit ihm geschehen ist, kann die Polizei noch nicht sagen.
Kyle wird noch immer vermisst, es läuft eine intensive Suche nach dem Jungen. Laut CNN waren am Mittwoch mehr als 100 Mitglieder der Nationalgarde im Einsatz. Bisher ist nur einer seiner blaugrauen Schuhe entdeckt worden. Die Hoffnung, dass sein Sohn lebend gefunden wird, hat Brian Doan aufgegeben. "Kein Vater und keine Mutter will so etwas zugeben. Aber ich wusste es nach der ersten Nacht."
Kein Ende der Winterstürme in Kalifornien in Sicht
Ein Ende der starken Winterstürme im sonst sonnenverwöhnten Kalifornien ist nicht in Sicht. Die anhaltenden Niederschläge haben kleine Bäche in reißende Flüsse verwandelt, Teile des bevölkerungsreichsten US-Staates stehen unter Wasser. Die Zahl der Toten, etwa durch umstürzende Bäume oder Sturzfluten, ist nach Medienberichten am Donnerstag auf 19 gestiegen. Es werden weitere Opfer befürchtet. (bst)