Fall aus Italien macht sprachlos

Lieber dolce Vita? Lehrerin erscheint 20 Jahre nicht zum Unterricht - bei vollem Gehalt!

Cinzia Paolina De Lio, 56
Cinzia Paolina De Lio, 56, Lehrerin an einem Gymnasium in Chioggia, ist sich keiner Schuld bewusst.
Privat, LinkedIn, LinkedIn/Cinzia Paolina De Lio

Von 24 Arbeitsjahren als Lehrerin nur vier Jahre anwesend - dieser Fall sorgt in Italien aktuell für jede Menge Wirbel!
Lehrer haben viel Urlaub, nachmittags immer frei, beschweren sich aber dennoch ständig - dieses Klischee hört man auch hierzulande oft. Inwiefern das auf manche Pädagogen zuftrifft? Fraglich! Wirklich extrem unengagiert muss allerdings eine Lehrerin in Italien gewesen sein, wie verschiedene Medien des Landes berichten. Jetzt wurde sie per Gerichtsbeschluss entlassen.

67-mal krankgeschrieben zwischen 2001 und 2021

In Italien hat der Kassationsgerichtshof, das höchste Gericht des Landes, entschieden: Cinzia Paolina De Lio, 56, Lehrerin an einem Gymnasium in Chioggia in der Provinz Venedig, wird aus dem Staatsdienst entlassen. Und das nicht, weil sie in 24 Jahren bei vollem Gehalt fast 20 Jahre gar nicht unterrichtet habe. Sondern, weil sie pädagogisch versagt habe.

Die Italiener sind einiges gewohnt, was die Ineffizienz des Staatsapparates betrifft. Doch was der Kassationsrichter im Fall der Lehrerin errechnet hat, schockiert das ganze Land: Allein zwischen 2001 und 2021, heißt es in dem veröffentlichten Urteil, habe sie sich 67-mal krankschreiben lassen, jeweils zwischen 40 und 160 Tagen.

Hinzu kamen mehrwöchige bezahlte Auszeiten für die Pflege ihrer Eltern, Mutterschaftsurlaub und Freistellungen vom Schuldienst für Fortbildungen. Zusammen mit den offiziellen Ferien und Feiertagen blieb da nicht mehr viel Zeit für den Unterricht. Der Kassationshof sprach von „anormalen Fehlzeiten“.

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Schülerstreik ruft das Bildungsministerium auf den Plan

An ihrem Gymnasium in Chioggia kommt es ihretwegen im Jahr 2016 sogar zu einem Schülerstreik, die Forderung: Die Lehrerin soll versetzt werden. Der Streik ruft das Bildungsministerium auf den Plan, nach einer dreitägigen Inspektion wird die Entlassung ausgesprochen. Einige Monate später wird die Kündigung wieder zurückgenommen. Die Lehrerin hatte geklagt – und gewonnen. In der Schule erscheint sie in der Folge trotzdem nicht häufiger.

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Ihr Unterricht war „unvorbereitet, konfus und ohne logischen Faden“

Entlassen wurde die „Geisterlehrerin“, wie De Lio in Italien genannt wird, am Ende wegen ihres Unterrichts! Der sei „unvorbereitet, konfus und ohne logischen Faden“ gewesen, heißt es im Urteil der Richter. Ständig habe sie „Sprachnachrichten in ihr Handy gesprochen“, Noten wie „zufällig“ verteilt. Auch habe sie immer wieder Lehrbücher vergessen und schließlich mit „Improvisationen“ gearbeitet.

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Immerhin hat die nie anwesende Lehrerin ihre Abwesenheiten offenbar sinnvoll genutzt: Der Tageszeitung Republicca verriet sie, dass sie ein „Klavierdiplom, drei Diplome in neuen Technologien und Schulautonomie“ mit „Spezialisierung in Kriminologie, Tiertherapie, Medizingeschichte, Parasitologie des Territoriums“ abgeschlossen habe. Außerdem sei sie Journalistin. Als solche wolle sie demnächst „die Wahrheit über die Fakten dieses absolut einzigartigen und surrealen Falles rekonstruieren“. Jetzt sei sie aber erst einmal am Meer anzufinden. Ob sie sich das wirklich verdient hat? (ija)