"IS-Braut" droht jetzt noch längere Haftstrafe
Grausam: Mädchen (5) stirbt angekettet bei über 50 Grad im Schatten - Jennifer W. sah zu

„Menschenverachtend“ – so nennt der Bundesgerichtshof (BGH) die Gesinnung hinter den Taten der IS-Rückkehrerin Jennifer W. Der bereits verurteilten Terroristin droht nun eine noch längere Haftstrafe, weil sie ein jesidisches Mädchen in der irakischen Mittagshitze sterben ließ. Und damit nicht genug: Später hielt sie der trauernden Mutter des Kindes auch noch eine Pistole an den Kopf.
Zehn Jahre hinter Gittern sind nicht genug - BGH pocht auf härtere Strafe
Die aus Lohne in Niedersachsen stammende Frau wurde bereits 2021 vom Oberlandesgericht München zu zehn Jahren Haft verurteilt, unter anderem wegen eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit mit Todesfolge. Die Bundesanwaltschaft hatte bei der Anklage eine lebenslange Haftstrafe wegen Mordes gefordert und legte deshalb Revision ein. Auch Jennifer W. ging gegen ihre Verurteilung in die nächste Instanz. Der Fall landete also beim BGH in Karlsruhe, der am Donnerstagmorgen sein Urteil verkündete.
Darin hob das höchste deutsche Strafgericht das Münchner Urteil teilweise auf – der Grund: Die Richter hätten die Taten der IS-Frau fälschlicherweise als „minder schweren Fall“ beurteilt. Die Vielzahl der Straftaten, die Jennifer W. beging, und die „menschenverachtenden Beweggründe“ der 31-Jährigen müssten zu einer härteren Strafe führen. Dies habe das bayerische Gericht nicht beachtet. Die von Jennifer W. eingelegte Revision lehnten die hohen Richter dagegen ab. Jetzt muss sich die Niedersächsin noch einmal vor dem OLG München verantworten. Und nach dem BGH-Urteil droht ihr dort eine härtere Strafe. Doch was genau hat die zum Islam konvertierte Deutsche getan?
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Ihr war klar, dass das Kind sterben würde, doch sie tat trotzdem nichts
Gemeinsam mit ihrem Ehemann, ebenfalls ein IS-Mitglied, hielt die heute 31-Jährige in der irakischen Stadt Falludscha eine Jesidin und ihre fünfjährige Tochter als „Haussklavinnen“. Kämpfer der Terrororganisation Islamischer Staat hatten sie zuvor bei einem Angriff gefangen genommen. Im Haus des Extremisten-Paares ging die Gefangenschaft weiter: Unter dem Vorwand sie „zu disziplinieren“ misshandelte Jennifer W.’s Mann die beiden regelmäßig. Außerdem zwang das Terroristen-Paar sie dazu, mehrmals täglich zu Allah zu beten, obwohl sie einer anderen Religion angehörten.
An einem heißen Sommertag im August 2015 beschloss der IS-Mann, die zu diesem Zeitpunkt kranke Fünfjährige dafür zu bestrafen, dass sie sich im Bett eingenässt hatte. Der Extremist fesselte das kleine Mädchen mit den Händen an das Außengitter eines der Fenster im Innenhof des Hauses. Er band sie so hoch oben fest, dass sie sich mit ihren kurzen Beinen nicht auf dem Boden abstützen konnte und überließ das junge Mädchen bei über 50 Grad im Schatten der erbarmungslos auf sie herab knallenden irakischen Mittagssonne. Niemand kam dem kranken Kind zur Hilfe. Schließlich verdurstete es auf qualvolle Weise.
Jennifer W. brachte das jesidische Mädchen nicht selbst um, unternahm aber nichts, um ihren sicheren Tod zu verhindern. Dabei war ihr klar, in welcher Gefahr sich das Kind befand. Noch am selben Tag oder wenig später hielt sie der trauernden Mutter des toten Mädchens eine Pistole an den Kopf und drohte damit, sie zu erschießen, wenn sie nicht aufhöre zu weinen.
Jennifer W. - Mit Anfang 20 zum Islam übergetreten und nach Syrien ausgereist
Im Jahr 2014 reiste die in Deutschland geborene Täterin (damals 23) nach Syrien in ein zu diesem Zeitpunkt von der Terrororganisation Islamischer Staat besetztes Gebiet, um sich dieser anzuschließen. Sie war zuvor zum Islam übergetreten. Kurze Zeit später heiratete sie einen mittlerweile verurteilten irakischen IS-Killer vor einem Gericht der Terrororganisation. Gemeinsam mit ihm und den beiden „Sklavinnen“ zog sie ins irakische Falludscha, wo ihr Mann das kleine Mädchen im August 2015 verdursten ließ.
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2016 kehrte die schwangere Jennifer W. wieder nach Deutschland zurück, um ihr Baby zur Welt zu bringen. Dass sogenannte „IS-Bräute“ wie sie vor deutschen Gerichten angeklagt werden ist eher selten. Das liegt an der schwierigen Beweislage: Häufig fehlen Zeugen und Geständnisse. Im Fall von Jennifer W. wurde die Mutter des verstorbenen Mädchens in einem Flüchtlingslager ausfindig gemacht und nach Deutschland ausgeflogen. In dem Prozess gegen die IS-Frau, ist sie Nebenklägerin.
Jesiden - eine vom IS verfolgte religiöse Minderheit
Jesiden sind Kurden aus dem Irak, Syrien, der Türkei und dem Iran. Sie bilden eine religiöse Minderheit. Der IS hatte 2014 die Region um das Sindschar-Gebirge im Nordirak überrannt. Die Dschihadisten töteten mehr als 5.000 Angehörige dieser Religionsgemeinschaft. Frauen und Mädchen wurden verschleppt, versklavt und vergewaltigt. Der Bundestag erkannte die Verbrechen im Januar als Völkermord an. (rhe, mit dpa)
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