Getöteter Jan N. aus Wunstorf-Blumenau

Mord an Mitschüler (14) in Wunstorf: Zehn Jahre für 15-Jährigen

25.01.2023, Niedersachsen, Wunstorf: Mitarbeiter der Spurensicherung der Polizei stehen an einem Leichenwagen, der auf einer Wiese parkt. Auf der Suche nach einer mutmaßlich getöteten Person haben Einsatzkräfte am Vormittag auch ein Waldgebiet im niedersächsischen Wunstorf durchkämmt. Foto: Moritz Frankenberg/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Ende Januar findet die Polizei die Leiche des getöteten Jan N.
mof, dpa, Moritz Frankenberg
von Daniel Kandora und Sina Schlink

Urteil im Mordprozess um Jan N.!
Sie waren beide noch Kinder, trafen sich zum Spielen. Jetzt ist einer der Jungen tot, der andere wird weggesperrt.

Das Gericht behält sich eine mögliche spätere Sicherheitsverwahrung vor

Das Ende des monatelangen Prozesses bringt der Familie des getöteten Jan N. (14) den Jungen zwar nicht zurück aber immerhin Gewissheit und eine Strafe für seinen Mörder. Der 15-jährige Angeklagte wird am Montag (28. August) vom Landgericht Hannover wegen Mordes zu zehn Jahren Jugendstrafe verurteilt. Die Höchststrafe für Jugendliche. Er muss in einer sozialtherapeutischen Einrichtung in Therapie. Und das Gericht behält sich eine mögliche spätere Sicherheitsverwahrung vor.

Steffen Hörning, Anwalt der Nebenklage: „Der Angeklagte stellt stand heute eine Gefahr für die Allgemeinheit dar.“ Nach Verbüßung seiner Strafe werde geschaut, ob noch immer eine Gefahr von dem heute 15-Jährigen ausgeht. „Die Familie ist zunächst mal erleichtert über den Spruch der Kammer. Insbesondere, was den Vorbehalt der Sicherheitsverwahrung angeht“, sagt Hörning in Bezug auf die Angehörigen des Opfers. „Ansonsten hoffen sie, dass mit dem Urteilsspruch Ruhe einkehrt in diesen Fall. Ruhe für die Familie, Ruhe für die Angehörigen des Angeklagten und im Prinzip Ruhe für ganz Wunstorf.“

So stehen Opfer- und Täterfamilie zueinander

Rührend: Die Familien der Jungen halten zusammen. Hörning: „Die stehen sehr gut zueinander. Die unterstützen sich gegenseitig, weil insbesondere auch die Familie des Opfers gesehen hat, gespürt hat, was für eine schreckliche Situation das auch für die Familie des Angeklagten in dem Heimatort gewesen ist. Dass es ein regelrechter Spießroutenlaufen gewesen ist.“ Dogukan Isik, Verteidiger des Angeklagten: „Es war ein schwerer Gang für die Eltern. Die Mutter musste nach dem zweiten Verhandlungstag abbrechen.“ Und auch für den Vater des nun Verurteilten sei der Tag der Urteilsverkündung sichtlich schwierig gewesen. Der Vater des 15-Jährigen sei auf der einen Seite erleichtert, dass alles vorbei ist und eine Lösung gefunden werden kann für seinen Sohn, er hoffe aber auch, dass seinem Sohn geholfen werden kann, damit er wieder zu seiner Familie zurückkehren kann. Der Verteidiger weiter über den Angeklagten: „Er ist reuig. Er hat natürlich Schwierigkeiten, sich so zu öffnen, wie es vielleicht das Gericht hätte erwarten wollen von einem Angeklagten.“ Aber er habe sich entschuldigt, so Isik.

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So grausam wurde Jan N. ermordet

Der Fall sorgt Ende Januar für Erschütterung im ganzen Land: Jan N. aus Wunstorf-Blumenau bei Hannover trifft sich damals mit dem gleichaltrigen Angeklagten zum Spielen, kommt aber nie nach Hause zurück. Sein Vater meldet ihn als vermisst. Hunderte Einsatzkräfte suchen nach ihm. Doch dann die traurige Gewissheit: Die Leiche des Jungen wird auf einem Gelände einer ehemaligen Gärtnerei gefunden. Das Opfer soll laut Obduktionsbericht an „stumpfer Gewalteinwirkung“ gestorben sein, das erklärt Can Türkay von der Staatsanwaltschaft Hannover im Januar im Gespräch mit RTL.

Der NDR und Bild berichten damals unter anderem unter Berufung auf Ermittlerkreise, dass der damals Verdächtige die Tat lange geplant und einen Stein als Tatwaffe benutzt haben soll. „Der 14-Jährige war arg- und wehrlos“, erläutert der Sprecher. Er habe nicht damit gerechnet, dass er von seinem „Spielkameraden“ umgebracht werden könnte. „Im Zuge der Ermittlungen gab der Freund des Vermissten an, dass er den 14-Jährigen getötet und versteckt habe“, heißt es in einer früheren Mitteilung der Polizei. Der Angeklagte ist damals in U-Haft in die Jugendanstalt Hameln gebracht worden. Der Prozess hat unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattgefunden.

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Gibt es einen Mittäter?

Der 14-jährige Jan N. wurde am Mittwoch tot in Wunstorf gefunden.
Der 14-jährige Jan N.
Hannover Reporter

Möglicherweise gibt es sogar einen Mittäter: Es gebe „Hinweise darauf, dass bei der Tat möglicherweise ein weiterer Jugendlicher zugegen oder beteiligt gewesen sein könnte“, sagt die Sprecherin der Staatsanwaltschaft Hannover, Kathrin Söfker, Anfang August. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur habe der Angeklagte im Prozess über einen möglichen Beteiligten gesprochen. Die Ermittlungen laufen.

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Die Anteilnahme ist extrem groß

Die evangelische Schule des getöteten Jan N. sowie zahlreiche weitere Menschen nehmen Anteil. Ein emotionaler Gedenkgottesdienst wird abgehalten.

Der Nebenklagevertreter und Göttinger Opferanwalt Steffen Hörning hatte zu Prozessbeginn erklärt, dass die Hinterbliebenen des toten 14-jährigen, jugendlichen Opfers fassungslos vor dem Geschehen stünden, berichtet die Deutsche Presseagentur. Ihr Wunsch: „Es zu schaffen, sich der Beantwortung der Frage nach dem Warum zu nähern“, sagte er damals der Nachrichtenagentur.

Das Urteil – immerhin ein Schritt in diese Richtung.