Hartz-IV-Budget für Energie zu knapp berechnet

Heizkostenhammer & Strompreisexplosion: Droht eine soziale Spaltung durch Energiekosten?

Rolf Vennenbernd
NRW-Bauministerin: Um Bürger zu entlasten, sei eine Senkung der Mehrwertsteuer auf Energieträger auf neun oder sieben Prozent denkbar!
deutsche presse agentur

Seit Monaten steigen die Preise für Strom- und Heizkosten ungebrochen – zum Nachteil vor allem für gering verdienende Haushalte. Die Entwicklung könnte zulasten des gesellschaftlichen Friedens gehen. Die nordrhein-westfälische Bauministerin Ina Scharrenbach (CDU) warnt deshalb jetzt vor einer möglichen sozialen Spaltung durch explodierende Energiekosten.
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NRW-Bauministerin: Um Bürger zu entlasten, Mehrwertsteuer-Senkung bei Energie denkbar!

Die CDU-Politikern fordert dringend Entlastung für Haushalte, die von der Preis-Explosion im Energiebereich besonders betroffen sind. „Die Bürger werden im Frühjahr einen Heizkosten-Hammer spüren und erstmals merken, was die Energiewende kostet“, sagte die Politikerin der „Westdeutschen Allgemeinen Zeitung“.

Ohne zusätzliche Sozialleistungen und eine Umverteilung werde es nicht gehen. In einem ersten Schritt sollten zumindest jene Bürger, die Wohngeld erhalten, ein „Extra-Wohngeld“ bekommen, drängte die CDU-Politikerin. Rund 51 Prozent des Strompreises bestünden aus staatlich veranlassten Steuern, Abgaben und Umlagen. Seit der Liberalisierung des Strommarktes 1998 habe sich dieser Kostenblock vervierfacht. Bezahlbare Energie gehöre aber zur Daseinsvorsorge. „Deshalb ist auch die Bundesregierung in der Pflicht, drohende Energie-Armut zu verhindern“, sagte Scharrenbach. Um Bürger zu entlasten, sei eine Senkung der Mehrwertsteuer auf Energieträger auf neun oder sieben Prozent denkbar, schlug sie vor. „Davon würden alle Bürger profitieren.“

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2022: Trotz Hartz-IV-Erhöhung könnten Empfängerinnen und -Empfänger unter steigenden Energiekosten ächzen

Klar ist wohl, dass die Situation auf dem Energiemarkt auch im kommenden Jahr für Haushalte mit geringfügigem Einkommen sowie auch für diejenigen, die Arbeitslosengeld II beziehen, nochmal zur Belastungsprobe werden kann. Beschlossen ist, dass es ab Januar 2022 mehr Geld für Menschen, die auf Sozialhilfe oder Arbeitslosengeld II angewiesen sind, gibt. Alleinstehende Erwachsene sollen dann 449 Euro im Monat erhalten – drei Euro mehr als bisher. Die Regelsätze für Kinder und Jugendliche sollen ebenfalls steigen.

Fraglich ist allerdings, ob die Hartz-IV-Erhöhung auch die Mehrkosten für Strom und Energie ausgleichen kann. Laut Berechnungen des Online-Vergleichsportals Check24 soll das Budget für Strom, Heizung und Co. in den Hartz-IV-Regelsätzen nicht ausreichen, um die wachsenden Energiekosten zu decken. Demnach müssten Hartz-IV-Empfängerinnen und -Empfänger tiefer in die Tasche greifen und mehr als 130 Euro zusätzlich im Jahr ausgeben als im ALG-II-Budget vorgesehen, so die Rechnungen des Vergleichsportals.

Dazu erklärte Steffen Suttner, Geschäftsführer Energie bei CHECK24: "Durch gestiegene Kosten bei der Stromerzeugung in Kohle- und Gaskraftwerken, Produktionsrückgängen bei erneuerbaren Energien im Vergleich zum Vorjahr und gleichzeitig großer Nachfrage aus der Wirtschaft, sind die Strompreise aktuell besonders hoch."

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Verbraucherzentrale NRW im RTL-Interview: Pauschalbetrag für Strom in Hartz-IV-Regelsätzen reicht nicht aus!

Udo Sieverding
Udo Sieverding, Bereichsleiter Energie Verbraucherzentrale NRW: "Die Verbraucherzentrale NRW kritisiert, dass in den Hartz-IV-Regelsätzen der Pauschalbetrag für Strom nicht ausreicht. Das hat er noch nie gemacht und durch die Preisexplosion am Energiemarkt wird die Lücke noch viel größer“
Udo Sieverding, Udo Sieverding, Udo Sieverding

Auch die Verbraucherzentrale NRW sieht die Höhe des eingerechneten Budgets für Energie im Arbeitslosengeld II problematisch: "Die Verbraucherzentrale NRW kritisiert, dass in den Hartz-IV-Regelsätzen der Pauschalbetrag für Strom nicht ausreicht. Das hat er noch nie gemacht und durch die Preisexplosion am Energiemarkt wird die Lücke noch viel größer“, so Udo Sieverding, Bereichsleiter Energie der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen, im RTL-Interview.

Hinzu komme, dass der Wettbewerb derzeit unter den hohen Strompreisen leide und in den Vermittlungsportalen quasi keine attraktiven Stromtarife angeboten würden, erklärt der Energieexperte. „Betroffene Haushalte benötigen dringend Unterstützung, um existenzielle Krisen abzuwenden, zumal auch mittelfristig nicht mit niedrigeren Strompreisen zu rechnen ist", so Sieverding gegenüber RTL. (dpa/lwe)

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