Klare Forderung an die Politik

"Halter lassen ihre Hunde töten!" Tierheime verbreiten verzweifelten Brandbrief

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Viele Tierheime sind überfüllt und können keine neuen Tiere mehr aufnehmen. (Symbolbild)
von Katrin Koster und Jennifer Bauer

Es sind teils dramatische Zustände, die in deutschen Tierheimen herrschen: Platzmangel, nicht genügend Personal und auch verzweifelte Tierbesitzer, die zu drastischen Maßnahmen greifen sollen, wie unsere Recherche zeigt. Deswegen wenden sich Tierheime und Tierschutzvereine nun mit einem eindringlichen Appell an die Politik und haben dabei klare Forderungen.

Tierheimmitarbeiter stoßen an ihre Grenzen

„Wir haben gemahnt, appelliert, aufgefangen und jetzt brechen wir unter der Last der in Not geratenen Tiere zusammen." Mit diesen Worten beginnt der Brandbrief, den verschiedene Tierheime und Tierschutzvereine gemeinsam an Cem Özdemir (Grüne), den Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft und Ariane Kari, Tierschutzbeauftragte der Bundesregierung, formuliert haben.

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Nicht nur in der Ferienzeit sind viele Tierheime überfüllt, Mitarbeiter stoßen an ihre Grenzen. „Wir können die Verträge mit den Städten und Kommunen kaum noch erfüllen, die Ämter sind überlastet und wir stehen nun vor einer stetig steigenden Anzahl an Hunden, für welche es keine Tierheimplätze mehr gibt", heißt es in dem Schreiben weiter.

„Verzweifelte Hundehalter lassen ihre Hunde durch Tierärzte töten oder töten sie selbst"

Es gebe tausende Tiere, die jedes Jahr im Tierheim abgegeben, jedoch nicht angenommen werden können – Tendenz steigend. Dies lasse viele überforderte Hundebesitzer zu drastischen Maßnahmen greifen. „Verzweifelte Hundehalter lassen ihre Hunde durch Tierärzte töten, töten sie selbst oder versuchen, sie unter Angabe falscher Tatsachen im Tierheim abzugeben oder im Internet zu verkaufen", lautet eine schockierende Passage in dem Brief.

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Auf RTL-Nachfrage beim Bundesverband Praktizierender Tierärzte e.V. erklärt Dr. Ursula von Einem: „Ob Tierhalter vermehrt ihre Tiere selbst töten (tierschutzwidrig!), oder im Internet verkaufen, lässt sich vermutlich weder nachvollziehen noch beweisen.“ In den Tageszeitungen seien ihrer Kenntnis nach keine vermehrten Angebote zu beobachten.

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Tötung gesunder Tiere verboten - doch "schwarze Schafe gibt es überall"

Außerdem gelten strenge Vorschriften. „Grundsätzlich dürfen Tierärzte Tiere nur dann töten, wenn es aus tiermedizinischer Sicht notwendig ist, um Leiden zu verhindern, oder die Tiere aufgrund von massiven Verhaltensauffälligkeiten gefährlich für die Öffentlichkeit, ihre Besitzer oder sich selbst sind“, so Dr. von Einem. Dass sich jedoch nicht alle Tierärzte an diese Regeln halten, davon sind verschiedene Tierheime überzeugt.

„Die Dunkelziffer kennen wir nicht genau. Es kommt aber immer wieder vor, dass wir von Hundehaltern angesprochen werden, dass sie ihren Hund loswerden müssen oder wollen. Wenn wir jedoch keine Kapazitäten haben, suchen einige wenige den Weg zum Tierarzt und legen diesem die Problematik nahe“, sagt Jutta Schaper vom Tierheim Bielefeld im Gespräch mit RTL. Natürlich sei es nicht erlaubt gesunde Tiere einzuschläfern, schwarze Schafe gebe es jedoch überall. Eine Situation, die auch die Tierheimmitarbeiter belastet, da sie gerne helfen würden, aber aufgrund von Überlastung und Auslastung nicht helfen können.

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Ursachen für die dramatischen Umstände sind vielseitig

Schuld für die dramatischen Umstände seien unter anderem der „unkotrolierte Handel mit Hunden, fehlende Reglementierung für Zuchtverbände“ oder auch der „Fachkräftemangel in Tierheimen und tierheimähnlichen Einrichtungen“. Das bestätigt auch Dr. Ursula von Einem. „Die im Brandbrief genannten Gründe für die Situation sind zutreffend und die Forderungen decken sich zum Teil mit denen von Tierärztinnen und Tierärzten – dies gilt insbesondere für die Einschränkung des Online-Welpenhandels und die erforderliche Sachkunde von Tierbesitzern.“ Eine weitere Ursache sieht von Einem auch in der Erhöhung der Gebührenordnung für Tierärzte, wodurch viele Tierbesitzer an ihre finanziellen Grenzen stößen.

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Was vielen Tierhalten außerdem oft nicht bewusst ist, ist dass es eine Abgabegebühr in Tierheimen gibt. Diese beginnt bei Kleintieren wie Mäusen und Ratten bei 10 Euro, bei Hunden ab 130 Euro.

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Die Ergebnisse dieser Umfrage sind nicht repräsentativ.

Die Tierschützer haben klare Forderungen

„Da die Tiere keine Stimme haben, müssen wir unsere erheben. Es muss sich was ändern“, sagt die Initiatorin der Kampagne Elena Cujic vom Bündnis Schattenhund im RTL-Gespräch. Und die Aktivisten haben ganz klare Forderungen: Insgesamt listen sie neun Punkte auf, darunter „nachaltige Konzepte, sowie Maßnhamen für die Eindämmung und Überwachung des Hundehandels“. Außerdem fordern sie einen Befähigungsnachweis für Neuhundehalter, kosequentere Kontrollen für den Import von Hunden aus dem Ausland, sowie schnelle Hilfe in Notsituationen.

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Die Worte des Schreibens sind hart, aber sie verdeutlichen auch den Ernst der Lage. Was allen Tierheimen und Tierschutzvereienen gemeinsam ist, ist es niemanden anzuprangern, sondern auf die Not und die Verzweiflung die aktuellen Situation aufmerksam zu machen. Das stellt auch die Initiatorin Elena Cujic klar. „Es geht nicht darum Schuldige zu finden sondern darum aufmerksam zu machen und eine Lösung zu finden“, so Cujic. Ob sich wirklich etwas ändern wird? Bisher hat die Politik nicht Stellung bezogen.