„Mütter sind der erste Puffer für die Emotionen des Kindes“Eure Kinder sind bei Mama bockiger? Expertin verrät, wie ihr das ändern könnt

ILLUSTRATION - Gestresst sitzt eine Mutter am 16.06.2014 auf einer Treppe in ihrem Haus in Sieversdorf (Brandenburg), während sich dahinter ihre beiden Kinder um eine Puppe streiten. Die Krankenkasse DAK-Gesundheit stellt am 17.06.2014 eine Studie zu
Wenn die Kinder bockig sind, kriegen das meist die Mütter ab. Wieso das so ist, erklärt Familienberaterin Ruth Marquardt im Interview. (Symbolbild)
Patrick Pleul, picture alliance / ZB | Patrick Pleul, picture alliance

Ein Kompliment der etwas anderen Art …
Ist der Papa aus dem Haus, bocken die Kinder rum. Und wer bekommt es ab? Klar, die Mama. Ist es etwa ein ungeschriebenes Gesetz, dass die schlechte Laune der Kleinen an der Mutter ausgelassen wird? Nicht ganz! Was wirklich hinter diesem Phänomen steckt, verrät Familienberaterin Ruth Marquardt im RTL-Interview.
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Ob kindliche Trotzphase oder Pubertät: Mama bekommt alles ab!

Noch immer ist es in den meisten Familien so, dass die Mutter die meiste Care-Arbeit leistet. Heißt: „Mütter tragen den Alltag mit den Kindern – Schule, Kindergarten, Wehwehchen, Krankheiten, Verabredungen und, und, und“, erklärt Ruth Marquardt. „Sie organisieren meist den Alltag für die ganze Familie und sind 24/7 verfügbar.“

Kein Wunder also, dass es auch die Mütter sind, die sich überwiegend mit den Gefühlsausbrüchen der Kinder konfrontiert sehen. Ob kindliche Trotzphase oder Pubertät: „Mütter sind der erste Puffer für die Emotionen des Kindes“, weiß die Expertin. Dort, wo Väter diesen Part übernehmen, sei es genau andersherum.

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Bockigkeit als Vertrauensbeweis

Auch wenn die Launen der Keinen – und Großen – vielen Müttern an die Substanz geht: Hinter diesem Phänomen steckt im Kern etwas Positives. Denn: „Je größer das Vertrauen, desto eher werden Trotzreaktionen aufkommen.“ Heißt im Umkehrschluss: Je mehr euch euer Kind vertraut, desto eher wird es sich trauen, sich mit seinen Gefühlen auseinanderzusetzen, sie zu zeigen und zu erlernen. „Ein Kind, das sich traut, in Gegenwart eines Erwachsenen wütend, bockig, schreiend oder ärgerlich zu sein, fühlt sich emotional sicher.“

Es sei nämlich so, dass Kinder nicht von klein auf ihre Gefühle steuern können, erklärt Marquardt. „Tatsächlich müssen sie erst einmal erfahren dürfen, wie sich Wut, Verzweiflung, Ohnmacht anfühlt.“ Und am besten – das ist laut Ruth Marquardt ein ganz wichtiger Punkt – ganz ohne Bestrafung! Hinter der Bockigkeit eurer Kinder stecke letztlich nämlich nichts anderes als ein kindliches Bedürfnis, das das Kind nur noch nicht in Worte fassen kann.

Experten-Tipps für den richtigen Umgang mit aufgewühlten Kindern

Ändern könntet ihr diese Situation demnach nur, wenn die Rollen innerhalb der Familie getauscht werden. Wenn also nicht mehr Mama die Hauptansprechpartnerin der Kinder ist, sondern Papa diese Rolle übernimmt. Da das in vielen Familien aber gar nicht möglich und vielleicht auch gar nicht gewünscht ist, bleibt Müttern nichts anderes übrig, als die bockigen Phasen der Kleinen hinzunehmen. Damit euch das jedoch in Zukunft besser gelingt, hat Ruth Marquardt einige Tipps für euch:

  1. Nehmt die Gefühle eures Kindes ernst – aber nicht persönlich! „Meist richtet sich die Wut gar nicht gegen die Mutter, sondern sie stellt einen verzweifelten Versuch dar, mit einem unangenehmen Gefühl klarzukommen.“ Kinder seien lediglich auf der Suche nach einem Ventil, und wenn ihr als Mutter gerade da seid, bekommt ihr es ab.

  2. Atmet ein – atmet aus! „Lasst eurem Kind seinen Kontakt mit diesem Gefühl und sagt so etwas wie: ‘Ich lasse dich kurz einmal für dich sein. Ich bin aber für dich da.’“ Das sei wichtig, damit das Kind verstehe, dass es nicht durch Schweigen oder Weggehen bestraft wird.

  3. Nehmt euch Zeit für euer Kind! Die Expertin empfiehlt beispielsweise ein Abendritual: „Was war gut an dem Tag? Was nicht? Lasst euer Kind erzählen – oft kommen die Themen von selbst.“

  4. Unterbindet zerstörerische Aggression! Euer Kind schlägt um sich? „Bleibt ruhig, aber macht eurem Kind klar, dass das nicht geht.“ Manchmal helfe es auch, das Kind einfach zu halten.

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Bleibt ruhig!

„Ruhig bleiben ist immer DER Tipp Nr. 1“, weiß Ruth Marquardt aus eigener Erfahrung. Es brauche einfach Zeit, bis Kinder mit ihren Gefühlen bewusst umgehen können – bis sie die sogenannte Gefühlskompetenz erlernt haben. Insbesondere die Mütter koste diese Zeit viel Geduld und viele Nerven. Doch: „Wenn euch das gelingt, legt ihr definitiv den Grundstein für eine lange, tragfähige und sichere Bindung zu eurem Kind.“

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Wenn eure Kinder ihre Laune das nächste Mal also mal wieder an euch auslassen, versucht das Positive darin zu sehen: Eure Kinder vertrauen euch!