1000 Fälle in der Pandemie vermutetEntzündungssyndrom Pims: DAS sind die typischen Symptome

Eine Infektion mit dem Coronavirus Sars-Cov-2 ist für nicht vorerkrankte Kinder nicht bedrohlich, betonen Experten immer wieder. In der Tat zeigen die Statistiken, dass das so ist. Trotzdem sind viele Eltern besorgt: Long Covid und das PIMS-Syndrom stehen als Langzeitfolgen drohend im Raum. Jetzt zeigen aktuelle Daten, dass bisher an die 1000 Kinder an dem PIMS-Syndrom erkrankten. Doch die Chancen auf vollständige Heilung sind gut.
In Anbetracht der hohen Infiziertenzahl eine seltene Krankheit
Rund 1000 Kinder in Deutschland könnten bislang nach Einschätzung eines Experten aus Dresden in der Pandemie an dem multisystemischen Entzündungssyndrom PIMS als Folge einer Corona-Infektion erkrankt sein. Gemeldet worden sind seit Mai 2020 rund 661 Fälle, wie aus einem Register der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie (DGPI) hervorgeht, das auf freiwilligen Meldungen von mehr als der Hälfte der Kinderkliniken und -abteilungen in Deutschland basiert.
„Mit der Dunkelziffer dürften es insgesamt in etwa 1000 PIMS-Betroffene sein“, sagte der Kinder- und Jugendmediziner Jakob Armann vom Universitätsklinikum Dresden der Deutschen Presse-Agentur, der die Meldungen ans Register verwaltet. In Anbetracht der hohen Infiziertenzahl bundesweit sei es eine seltene Erkrankung.
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Diese Symptome treten vier bis acht Wochen nach einer Infektion auf
Die Abkürzung PIMS steht für Pediatric Inflammatory Multisystem Syndrome. Da es international noch keine Einigung auf die genaue Bezeichnung der Krankheit gibt, ist sie auch als MIS-C bekannt. MIS-C steht für Multisystem Inflammatory Syndrome in Children. Typische Anzeichen sind mehrere Tage anhaltendes Fieber sowie Durchfälle und/oder Hautausschläge, typischerweise vier bis acht Wochen nach einer Sars-CoV-2-Infektion. Betroffen sind Kinder und Jugendliche im Alter von 0 – 20 Jahren, auch bei Kindern ohne Vorerkrankung tritt das Syndrom auf.
In der Datenerhebung der DGPI wurden folgende Symptome am häufigsten festgestellt:
Fieber mit 38 Grad oder höher
Juckende Augen
Entzündete Schleimhäute
Schwellung der Halslymphknoten
Hautausschläge
Übelkeit und Erbrechen
Durchfall
Kreislaufbeschwerden
Bauchschmerzen
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WHO: Mindestens zwei der folgenden Kriterien müssen erfüllt sein
PIMS äußert sich bei Kindern zu Beginn mit unterschiedlichen Beschwerden. Daher ist eine präzise Diagnose anfangs schwer zu treffen. PIMS wurde bei der ersten Diagnose häufig als Magen-Darm-Erkrankung diagnostiziert. Um eine PIMS-Erkrankung sicher zu diagnostizieren müssen laut WHO mindestens zwei der folgenden Kriterien erfüllt sein, solange keine andere eindeutige Erklärung für die Beschwerden vorliegt:
Hautausschlag oder beidseitige nicht eitrige Bindehautentzündung oder Entzündungen an Haut oder Schleimhaut
Niedriger Blutdruck oder Schock
Myokardiale Dysfunktion, Herzbeutelentzündung, Herzklappenentzündung oder Koronare Herzkrankheit
Blutgerinnungsstörung
Akute Probleme des Magen-Darm-Traktes: Durchfall, Erbrechen, Bauchschmerzen, Verdacht auf Blinddarmentzündung
Auffälligkeiten im Blutbild
erhöhte Entzündungswerte

Schweres Krankheitsbild - aber gut behandelbar
Etwas mehr als die Hälfte der gemeldeten PIMS-Patienten ist Armann zufolge intensivmedizinisch versorgt worden. „Es ist zwar ein schweres Krankheitsbild, aber es ist gut behandelbar. In der Regel können betroffene Kinder nach zwei bis fünf Tagen die Intensivstation wieder verlassen.“ Bleibende Schäden träten in der Regel nicht auf. „Es ist natürlich keine schöne Erkrankung, aber auch nichts, was die Kinderkliniken an die Belastungsgrenze bringt.“
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Sowohl im Register als auch in der Dresdner Klinik sei ab etwa Mitte Dezember ein Anstieg der Fälle beobachtet worden, erklärte Armann. Dies sei sicherlich mit den generell hohen Fallzahlen zu erklären, da PIMS mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit nach einer Sars-CoV-2-Infektion auftrete – und dies unabhängig von deren Schwere. Angenommen werde ein PIMS-Fall auf 4000 Infektionen.
Jungen sind häufiger betroffen
Unter den im Register erfassten Fällen waren rund zwei Drittel Jungen. Die Fälle sind dem Experten zufolge gleichmäßig über alle Altersgruppen verteilt. Insbesondere zu Beginn der Pandemie wurde die durchgemachte Corona-Infektion teils erst rückblickend bei Blutuntersuchungen anhand der Antikörper erkannt.
Trotz des jüngst verzeichneten Anstiegs der PIMS-Zahlen sei das Niveau in diesem Winter eher etwas geringer als vor einem Jahr. „Das ist wahrscheinlich ein Effekt der Delta-Variante“, erklärte Armann. Die im Herbst und Winter 2021 vorherrschende Variante scheine etwas seltener PIMS auszulösen als die Vorgängervarianten. Dies legten Daten aus verschiedenen Ländern nahe. „Es ist nicht zwangsläufig so, dass sich die Krankheit mit jeder Mutation des Virus verschlimmert“, sagte Armann.
Zwei Impfdosen schützen
Die Auswirkung der neuen Omikron-Variante könne man derzeit wegen des verzögerten Vorkommens von PIMS noch nicht beurteilen. Zu bedenken sei auch, dass der Anteil der Geimpften auch unter Kindern und Jugendlichen wachse. Laut der US-Gesundheitsbehörde CDC schützt die Gabe von zwei Dosen des Biontech/Pfizer-Impfstoffs bei Kindern und Jugendlichen von 12 bis 18 Jahren in hohem Maße vor PIMS. (dpa/ndi/ija)