Verbotene Doppelbesteuerung?
Bundesfinanzhof verkündet wichtige Rentenurteile
Der Bundesfinanzhof in München hat heute zwei wegweisende Urteile zur Rentenbesteuerung verkündet. Es ging um die Frage, ob der Staat bei der noch bis 2040 laufenden schrittweisen Umstellung der Rentenbesteuerung zu Lasten der Rentner zu viel kassiert. Das höchste Finanzgericht hat beide Klagen abgewiesen: Es bestehe bei den Rentnern, die seit über einem Jahrzehnt in Rente sind, keine Gefahr einer doppelten Besteuerung in nennenswertem Umfang. Allerdings könnte das in Zukunft passieren. Deshalb fordert der Bundesfinanzhof eine Änderung der Rentenbesteuerung, um in Zukunft zusätzliche Belastungen zu vermeiden. Im Video erklärt Kläger Gert Zimmermann, warum er vor Gericht geklagt hat.
Bundesverfassungsgericht: Doppelbesteuerung verboten
Geklagt haben der ehemalige Zahnarzt Gert Zimmermann und ein früherer Steuerberater, die vom Bund der Steuerzahler unterstützt werden. Beide Kläger berufen sich unter anderem auf das Bundesverfassungsgericht. Die Karlsruher Richter haben vorgeschrieben, dass die bereits besteuerten Beiträge später bei der Auszahlung der Rente nicht noch einmal versteuert werden dürfen - das wäre die verbotene Doppelbesteuerung.
Dies bedeutet, dass jeder Rentner so viel Rente steuerfrei erhalten muss, wie er in den Jahrzehnten zuvor an Beiträgen aus versteuertem Einkommen eingezahlt hat. Grundlage der Berechnungen sind durchschnittliche Lebenserwartung und die Sterbetafeln der Statistischen Ämter.
Umstellung auf "nachgelagerte" Rentenbesteuerung Grund für Klagen
Die Umstellung der Rentenbesteuerung läuft seit 2005, zuvor wurden „vorgelagert“ die Rentenbeiträge der Arbeitnehmer besteuert. Ab 2040 werden dann „nachgelagert“ die ausgezahlten Renten voll besteuert, nicht mehr die Beiträge. In der 35 Jahre langen Übergangsphase sinkt die Steuerbelastung der Rentenbeiträge, ab 2025 werden diese steuerfrei sein. Gleichzeitig muss ein stetig wachsender Anteil der Rente versteuert werden, derzeit liegt dieser bei 81 Prozent.
Um diese jahrzehntelange Übergangsphase geht es den beiden klagenden Rentnern. Bereits ab 2040 müssten die Renten voll versteuert werden, sagte der Steuerberater. „Die Rentenbeiträge sind nur 15 Jahre voll absetzbar.“ Das bedeute „Doppelt- und Dreifachbesteuerung“ - weil dann voll Steuern auf die Rente bezahlt werden müssen, obwohl die Beiträge nur für einen vergleichsweise kurzen Zeitraum steuerbefreit sein werden.
In Deutschland beziehen nach Zahlen der Rentenversicherung derzeit 21 Millionen Menschen eine Rente, dementsprechend könnten die Urteile große Auswirkungen haben. Der Bundesfinanzhof entscheidet zwar nur über die zwei Einzelfälle, doch sollten die Richter den Klagen auch nur in Teilen stattgeben, müsste der Bund reagieren.
Bundesfinanzministerium will faire Besteuerung
Im Detail geht es in beiden Fällen um mehrere komplexe Einzelpunkte. Bei dem Steuerberater geht es um Fragen, die für eine große Zahl von Rentnern von Bedeutung sind. Unter anderem muss der Bundesfinanzhof entscheiden, ob Grundfreibetrag und die abziehbaren Krankenversicherungsbeiträge dem steuerfreien Teil der Rente zugerechnet werden sollen oder nicht.
Der Zahnarzt ist eher ein Sonderfall. Er hatte zusätzlich zu seiner gesetzlichen Rente auch noch eine Rürup-Rente und an die 20 private Zusatzrenten abgeschlossen und argumentiert nun, dass diese Zusatzrenten zu hoch besteuert würden. „Das Ganze ist für mich schlimm“, sagte der Zahnarzt. Es sei ihm nicht gelungen, im Alter seinen Lebensstandard zu halten. „Und ich werde durch die Doppelbesteuerung bestraft.“
Auch wenn der Bundesfinanzhof mit seinen Urteilen beide Klagen abgewiesen hat, warnt er vor einer verbotenen Doppelbesteuerung künftiger Rentnergenerationen. Nach Einschätzung des höchsten deutschen Finanzgerichts dürfen weder der Grundfreibetrag noch Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge in die Berechnung des steuerfreien Anteils der Rente mit einbezogen werden. Die Richter legen dem Bundesfinanzministerium damit eine Änderung der bisherigen Praxis bei der Rentenbesteuerung nahe. Der Grundfreibetrag diene der Absicherung des Existenzminimums und dürfe nicht noch ein zweites Mal als steuerfreier Rentenbezug herangezogen werden. (dpa/aze)