Steigt unsere Kriminalität durch Ausländer?

NRW-Innenminister Herbert Reul: Wenn man nicht drüber redet, ist es auch gefährlich

von Eva Johanna Onkels, Ulrich Klose und Florian Putz

Müssen uns diese Zahlen alarmieren?
Herbert Reul (CDU) prescht wieder mal nach vorn. Noch vor der offiziellen Vorstellung der Kriminalstatistik durch die Polizei sagt der Innenminister von Nordrhein-Westfalen: Die Kriminalität durch Ausländer sei stark gestiegen. Eine Entwicklung, die Reul besorgt, wie er im RTL-Interview erklärt.

Fast 35 Prozent aller Straftaten werden von Ausländern begangen

„Ich weiß, dass solche Zahlen auch genutzt werden können, missbraucht werden können, zum Aufhetzen“, erklärt Herbert Reul im RTL-Interview. „Aber wenn man nicht darüber redet, und es unter den Teppich kehrt, ist das, glaube ich, noch gefährlicher.“ Denn dann würden Gerüchte und Verschwörungstheorien die Runde machen, die das Vertrauen in den Staat und die Politiker untergrüben. „Das ist ja das, womit die AfD arbeitet, und dann wird so ein Unmut gegen den Staat, gegen die Politiker geschürt, die das Problem gar nicht mal benennen.“

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Was Reul besorgt: Der Anteil der Ausländer an allen Tatverdächtigen sei im vergangenen Jahr auf 34,9 Prozent gestiegen, im Vorjahr habe der Wert bei 32,8 gelegen, sagte Reul am späten Dienstagabend in Düsseldorf. Ausländerrechtliche Straftaten, also Taten, die nur von Ausländern begangen werden können (z.B. illegale Einwanderung) seien dabei nicht mitgezählt. Ebenfalls fallen die Taten von Menschen, die die doppelte Staatsbürgerschaft besitzen, nicht in diesen Bereich. Sie gelten als Taten deutscher Tatverdächtiger.

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Reul: „Ich wollte wenigstens das Problem benannt haben“

Am stärksten seien ausländische Verdächtige beim Taschendiebstahl vertreten – mit 80,1 Prozent. Beim Ladendiebstahl seien es 47,6 Prozent und bei den Wohnungseinbrüchen 47,3 Prozent. In diesen Bereichen gelten reisende Banden als besonders aktiv.

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„Ich wollte wenigstens das Problem benannt haben, auch wenn ich noch keine perfekten Antworten habe“, erklärt Reul im RTL-Interview.

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Reuls Ziel: Eine differenzierte Debatte über die Problematik starten. Daher ergänzt er, „dass bei den Taschendieben 80 Prozent gar nicht die sind, von denen die AfD redet.“ Es handele sich um „durchreisende Ausländer, Banden aus Osteuropa, die kommen, klauen und wieder weg sind“. „Dieses Geschwätz [der AfD, Anm. d. Red.] stimmt nicht, es ist viel komplizierter.“ Zur Deutschen Presse-Agentur sagte Reul: „Eigentumsdelikte sind Armutsdelikte. Integration ist Arbeit. Rosig ist das nicht.“

Polizisten führen bei einem Probelauf mit Bodycams eine Festnahme durch, aufgenommen bei einem Pressetermin zur Ausweitung des Einsatzes von Bodycams bei Polizei und Feuerwehr.
Straftäter sollen nach NRW-Innenminister Reul konsequent bestraft werden (Symbolbild).
skm geo, picture alliance/dpa, Monika Skolimowska
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„Wenn wir zu viele in unser Land holen, kommen wir an Grenzen“

Doch woran liegt es, dass die Zahlen so stark angestiegen sind? Reul versucht sich im RTL-Interview an einer Erklärung: „Erstens, diejenigen, die zu uns gekommen sind, sind nicht gut integriert. Warum auch immer. Es hat nicht funktioniert. Zweitens: Wenn wir zu viele in unser Land holen, kommen wir an Grenzen, wo Integration gar nicht mehr geht.

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Reul blickt da auch in Richtung der Schulen. Zwar gäbe es viele engagierte Pädagogen, aber: „Wenn sie zehn Schüler [mit ausländischem Hintergrund, Anm. d. Red.] in einer Schulklasse haben, dann können sie integrieren, wenn sie 50 haben, wird es extrem schwer.“ Es sei zudem wichtig, zu erklären: „Haben wir denen eigentlich klar gemacht, dass bei uns nicht das Faustrecht gilt? Nicht das Recht der Familie gilt?“, so der Innenminister im Interview. Die Zuwanderer müssten lernen, „dass, wenn man Gesetze übertritt, dass man dann sofort Sanktionen bekommt, möglichst schnell, klar und eindeutig.“

„Ich erwarte, dass Menschen, die bei uns Schutz suchen, sich anpassen“

Eine klare Ursache für den Anstieg benennt Reul nicht. Er merkt zwar an, dass auch die Zahl der Ausländer in Nordrhein-Westfalen gestiegen sei – doch eine genaue Zahl nennt er nicht. Diese Statistik fehle noch. Zudem spielten auch Faktoren wie Armut, Alter, Geschlecht und Kultur als Kriminalitätsfaktoren eine Rolle.

Ob und wie man konkret dem Problem der Ausländerkriminalität nun begegnen kann, ließ Reul ebenfalls offen. Er glaube allerdings nicht, dass das Problem nicht zu bewältigen sei: „Ich erwarte, dass Menschen, die bei uns Schutz suchen, sich anpassen und nach Recht und Gesetz verhalten.“ (mit dpa)