Anschlag in Istanbul

Augenzeugen berichten vom Horror: "Ich habe Menschen am Boden liegen sehen"

von Kavita Sharma und Sebastian Stöckmann

Sechs Menschen sterben, als auf der belebten Istiklal-Einkaufsstraße in Istanbul eine Bombe explodiert, darunter die kleine Ecrin und ihr Vater. Mehr als 80 Personen werden bei dem Anschlag am Sonntag verletzt. Augenzeugen erzählen im RTL-Interview, wie sie die Horror-Tat im touristischen Zentrum der Metropole erlebt haben.

Ecrin war eines von sechs Opfern der Explosion in der türkischen Hauptstadt Istanbul.
Die neunjährige Ecrin und ihr Vater starben bei dem Anschlag in der türkischen Metropole Istanbul.
Internet

Bombe in Istanbul: Menschen stürmten nach Explosion in Häuser

"Ich habe noch nie in meinem Leben ein solches Geräusch gehört, sagt Erdem Aydin. "Es war so schlimm, so beängstigend." Die Bombe detonierte, als er gerade den Müll nach draußen gebracht hatte. "Ich habe Freunde gegrüßt und bin die Treppe hochgelaufen, da hörte ich die Explosion. Die Leute stürmten herein, klopften an die Tür. Wir haben ihnen geöffnet, einige waren verletzt. Wir haben ihnen geholfen und Taschentücher gegeben und dann den Krankenwagen gerufen." Überall seien Menschen herumgelaufen, erinnert er sich.

Es war bereits die zweite Bombenexplosion in den letzten zehn Jahren, die Aydin dort miterleben musste. Zwar habe die Regierung die Sicherheitsmaßnahmen bereits verstärkt, aber das reiche noch nicht. "Die Ein- und Ausgänge der Istiklal-Straße müssen kontrolliert werden. Das ist wie ein Einkaufszentrum, überall gibt es Geschäfte. Das muss gesichert werden."

Mann entging Anschlag um "zwei Minuten"

Muhammed Bagirkan war gerade in der Pause, als die Bombe explodierte. "Ich war mir nicht sicher, ob ich direkt oder erst später Pause machen sollte. Dann bin ich losgegangen und hörte die Explosion, als ich meinen Fuß gerade in ein Einkaufszentrum gesetzt hatte. Wäre ich nur zwei Minuten später aufgebrochen, wäre ich mittendrin gewesen", berichtet er. "Nach der Explosion wollte ich zur Arbeit zurück. Ich sah einen Mann; er war zerstückelt und seine Knochen zertrümmert. Dann bin ich zu meinem Haus und zu meiner Freundin gerannt."

Bagirkan fordert verstärkte Sicherheitsmaßnahmen. "Die Menschen, die gestorben sind, tragen keine Schuld. Ich habe Menschen am Boden liegen sehen, es war so schlimm." Zuhause fing er an zu weinen. "Ich hatte nur Glück – alles war eine Frage von fünf Minuten, gerade einmal fünf Minuten."

Überfüllte Plätzen will er in Zukunft meiden. "Keinen Fuß" werde er je wieder auf dem Taksim-Platz setzen, in dessen Nähe der Sprengsatz detonierte, sagt Muhammed Bagirkan. "Wenn es sich falsch anfühlt, dann ist es wohl falsch. Ich will mein Leben behalten."

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Frau nach Anschlag in Istanbul festgenommen

Die türkische Polizei nahm eine Verdächtige fest.
Die türkische Polizei hat eine Verdächtige festgenommen.
Reuters

In der Nacht nach dem Anschlag hat die Polizei eine verdächtige Frau festgenommen. Sie soll 40 Minuten lang auf einer Bank in der Istiklal-Straße gesessen haben und kurz vor der Explosion aufgestanden sein. Die Behörden veröffentlichten Videoaufnahmen von ihr.

Die mutmaßliche Attentäterin sei Syrerin und habe Verbindungen zur syrischen Kurdenmiliz YPG zugegeben, erklärte die Polizei am Montag. Die Türkei, die von einem Terroranschlag ausgeht, setzt die YPG mit der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK gleich. Die Frau gestand laut Polizei auch, über Syrien illegal in die Türkei eingereist zu sein. Im Zusammenhang mit dem Anschlag gab es den Angaben zufolge 46 Festnahmen.