Oberarzt schreit: „Ich hasse Frauen!”Sexismus, Rassismus, Machtmissbrauch! Wie eine Ärztin den Klinikalltag erlebt

Viele Patienten halten vom Arzt empfohlene Selbstzahler-Leistungen für sinnvoll. (Archivbild)
Schwarzer Schatten hinter den weißen Kitteln: Ärzte und Ärztinnen beklagen Missstände im Krankenhaus. (Symbolbild)
Patrick Pleul/Zentralbild/dpa
von Fabio Desiderio und Lena Sofie Schenk

Sie bricht ihr Schweigen!
Machtmissbrauch, Rassismus und Sexismus seien hinter den Kulissen deutscher Kliniken fester Bestandteil, behauptet Vanessa Peters*. Wir haben uns mit der Hamburger Ärztin getroffen. Sie möchte unerkannt bleiben. Zu ihrer Sicherheit haben wir ihren Namen geändert.

Sexistische Kommentare

Vanessa Peters ist erfahrene Fachärztin. Über die Jahre hat sie viele Qualifikationen gesammelt. Aber schon während ihrer ärztlichen Berufsausbildung sind ihr sexistische und frauenfeindliche Kommentare offenbar nicht erspart geblieben: „Der Oberarzt musste eine Patientin operieren. Das hat aber nicht so funktioniert wie er wollte. Dann schrie er ,Ich hasse Frauen! Scheiß Frauen.‘“

Lese-Tipp: „Ich kann und will nicht mehr schweigen!” – jetzt packt unsere Turn-Elite aus!

Es ist eine von vielen Entgleisungen, die für die heute 40-jährige zur Normalität wurden. Auch Fragen, in welcher Phase ihres Zyklus sie sei oder ob sie schwanger sei, erschrecken Vanessa Peters nicht mehr: „Wenn man eine kritische Anmerkung macht, dann heißt es gleich: Du Zicke“, erzählt sie im Gespräch mit RTL.

Video-Tipp: Bus-Verbot wegen Outfit

Eigentlich möchte die Ärztin den nächsten Karriereschritt machen und Oberärztin werden. Das Problem: Vor allem Chefärzte bestimmen, wer Oberarzt wird oder Oberärztin und wer nicht. Für den Chef von Vanessa Peters sei ihr Aufstieg keine Option, wie sie RTL erzählt: „Ich habe das Gefühl, dass es mir aufgrund meines Geschlechts verwehrt wird.“

Anzeige:
Empfehlungen unserer Partner

Kein Einzelfall

Die Erfahrungen der Ärztin decken sich mit den Ergebnissen einer Umfrage des Marburger Bundes Hamburg. Nur vier Prozent der Befragten gaben an, dass Besetzungsverfahren transparent und nachvollziehbar stattfänden. 51 Prozent der Teilnehmer hingegen behaupten: Das Verfahren sei intransparent. „Es gibt, glaube ich, niemanden in der Medizin, der solche Situationen nicht persönlich erfahren oder zumindest mitbeobachtet hat”, bestätigt Pedram Emami vom Marburger Bund Hamburg im RTL-Interview.

Lese-Tipp: Ärger in Kleve - Heiße Diskussion um Plakat

Vanessa Peters ist frustriert und verzweifelt. Doch melden kann sie das nirgendwo. Denn dafür wäre zunächst der Chefarzt ihr Ansprechpartner. Deshalb braucht es vor allem die Unterstützung unter den Kollegen und Kolleginnen: „Ich glaube, wenn alle gemeinsam den Mut hätten, was zu verändern, dann würden wir vielleicht weiterkommen”, hofft sie. Die Umfrage des Marburger Bundes Hamburg macht das Thema Machtmissbrauch sichtbarer – echte Veränderung braucht jedoch Mut, Vielfalt und transparente Strukturen in den Kliniken.

* Die Ärztin möchte unerkannt bleiben. Der Name wurde von der Redaktion geändert.

Verwendete Quellen: Ärztegewerkschaft Marburger Bund Hamburg, Eigene RTL-Recherche