Debatte nach der Messerattacke von MannheimWarum ist es eigentlich so schwer, Straftäter abzuschieben?

Abschieben auch nach Syrien oder Afghanistan?

Die Debatte ist spätestens seit dem Vorfall in Mannheim wieder voll im Gange: Warum ist es eigentlich so schwer, Straftäter und Gefährder abzuschieben? Die Innenministerin Nancy Faeser will jetzt „so schnell wie möglich“ wieder nach Afghanistan oder Syrien abschieben.

Duldung ist eine ausgesetzte Abschiebung

Rund 8.000 Menschen haben bei einer Mahnwache in Mannheim dem toten Polizisten gedacht. Unter ihnen sind viele Polizisten, die unter Beifall den Marktplatz betreten. Beifall, der ihnen zeigen soll: Wir halten zusammen. Sie alle sind hier, um Rouven, dem 29-jährigen Polizisten zu gedenken. Er wurde bei der Messerattacke getötet. Fünf weitere Menschen wurden verletzt. Der Täter Sulaiman A. handelte laut Bundesanwaltschaft aus religiösen Motiven.

Der Afghane (25) kam 2013 als Teenager nach Deutschland. Sein Asylantrag wurde abgelehnt. Trotzdem lebt er seitdem hier, denn er wird geduldet. Jetzt kündigt Nancy Faeser an, „so schnell wie möglich“ Straftäter und Gefährder nach Afghanistan oder Syrien abschieben. Sie lasse seit mehreren Monaten „sehr intensiv“ prüfen, wie Abschiebungen von schweren Straftätern und Gefährdern nach Afghanistan wieder ermöglicht werden könnten, so die SPD-Politikerin. Der Mannheimer Fall wäre dadurch allerdings nicht verhindert worden – der Mann war zuvor nicht polizeibekannt.

Nancy Faeser (SPD), Bundesministerin für Inneres und Heimat, gibt zehn Tage vor Beginn der Europameisterschaft eine Pressekonferenz zu den Vorbereitungen von Bund und Ländern für Sicherheit und Zusammenhalt während des Turniers.
Nancy Faeser lässt seit mehreren Monaten „sehr intensiv“ prüfen, wie Abschiebungen von schweren Straftätern und Gefährdern nach Afghanistan wieder ermöglicht werden könnten.
Kay Nietfeld/dpa

Aber warum ist es bisher überhaupt so schwer, in diese Länder abzuschieben? „Eine Duldung ist eigentlich eine ausgesetzte Abschiebung. Dafür kann es unterschiedliche Gründe geben, zum Beispiel einen Abschiebestopp ins Herkunftsland, fehlende Papiere oder auch gesundheitliche Gründe“, erklärt RTL-Politikchefreporterin Nadine to Roxel.

Länder, deren Sicherheitslage eine Abschiebung aktuell nicht zulässt, sind Syrien und Afghanistan. In Deutschland suchen derzeit aus genau diesen beiden Ländern die meisten Menschen Schutz. Und trotzdem: Nicht nur Nancy Faeser, auch Politiker von Union, FDP und der AfD machen sich nach dem Messerattentat für striktere Abschiebungen ausländischer Straftäter stark, auch nach Syrien und Afghanistan. Grünen-Co-Chef Omid Nouripour bremst dagegen und warnt vor einem Rückführungsabkommen mit den in Afghanistan herrschenden radikal-islamischen Taliban.

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Abschiebung nach Afghanistan könnte den Islamismus stärken

„In Teilen von Syrien herrscht Bürgerkrieg und das Land wird von Machthaber Assad regiert. In Afghanistan wiederum regieren die radikalislamischen Taliban. Das heißt, es müsste erst einmal geklärt werden, ob die Sicherheitslage Abschiebungen überhaupt zulässt. Die andere Frage ist, ob diese Länder ihre Staatsbürger wiederum zurücknehmen. Das könnte man mit Geld regeln. Das würde dann aber wiederum an die Taliban gehen. Und das wiederum würde möglicherweise den Islamismus stärken.“, so Nadine to Roxel weiter.

Es ist nicht mehr lang hin bis zur EM im eigenen Land – da wird die Frage der Sicherheit großgeschrieben. Faeser begrüßte, dass der Generalbundesanwalt am Montagabend die Ermittlungen im Fall des Mannheimer Attentäters übernommen habe. „Unsere Sicherheitsbehörden haben die islamistische Szene fest im Visier und wir verstärken diesen Kampf weiter”, sagte sie. Es gebe keine konkreten Gefährdungshinweise für die in zehn Tagen beginnenden Fußball-EM. (eku, mit reuters)