Freispruch im MissbrauchsprozessUrteil gegen Maddie-Verdächtigen Christian B. (47) gefallen!

A man, who is a suspect in the disappearance of British toddler Madeleine McCann in Portugal, appears for trial on unrelated sexual assault charges in Germany
Christian B. hat bisher im Gerichtssaal immer geschwiegen. Auch bei der Urteilsverkündung.
via REUTERS
von Nadine Schulz , Michelle Seidel und Eva Johanna Onkels

Freispruch für Christian B.!
Nach über 30 Tagen fiel am Dienstagmorgen (8. Oktober) das Urteil gegen den Maddie-Verdächtigen Christian B. vor dem Landgericht Braunschweig. Dem 47-Jährigen war vorgeworfen worden, drei Frauen vergewaltigt und zwei Kinder sexuell missbraucht zu haben. Doch das Gericht entschied: Er war es nicht.

Urteil gegen Christian B.: Verteidigung forderte Freispruch!

Die Verteidigung hatte bereits am Montag (07. Oktober) für eine Freilassung von Christian B. nach Absitzen seiner jetzigen Haft plädiert. Momentan sitzt der bereits verurteilte Sexualstraftäter wegen der Vergewaltigung einer 72-jährigen Amerikanerin im Gefängnis. Die Tat beging er 2005 in Portugal.

Lese-Tipp: Verteidiger von Maddie-Verdächtigen fordert Freispruch! Zeugenaussagen falsch?

Die Staatsanwaltschaft hingegen war sich sicher: Christian B. sei schuldig und extrem gefährlich! Ein Gutachter bestätigte diese Auffassung und beschrieb den Angeklagten als „die absolute Topliga der Gefährlichkeit” und einen „brandgefährlichen, psychopathischen Sadisten.“ Daher forderte die Staatsanwaltschaft, dass der 47-Jährige für 15 Jahre ins Gefängnis wandern und anschließend in Sicherheitsverwahrung kommen solle.

Mit ihrem Urteil folgte die Kammer im Wesentlichen den Forderungen der Verteidigung. „Das, was wir an Beweisen hatten, hat für eine Verurteilung des Angeklagten nicht gereicht”, sagte die Vorsitzende Richterin Uta Engemann.
Bei der Urteilsverkündung sagte sie weiter, dass die Medien eine große Rolle gespielt hätten. Der Angeklagte sei in den Medien „als Sexmonster und Kindermörder stilisiert worden”. Zeugenaussagen seien für die Kammer fast wertlos gewesen, da diese durch die Medien beeinflusst gewesen sein könnten. Die Aussagen der Zeugin Hazel B. seien grundsätzlich glaubwürdig gewesen, sagte die Richterin. Es sei etwas Schreckliches passiert. Allerdings gäbe es keinen direkten Beweis, dass Christian B. zur Tatzeit vor Ort gewesen sei.

Christian B. nahm das Urteil regungslos auf. Er trug den gleichen Anzug wie bei den vorherigen Prozesstagen.

Richterin: Ein Zeuge soll gelogen haben

Die Richterin führt aus: „Das Gericht muss die nötige Objektivität wahren. Wir können die Zeugen nicht in Watte packen.” Zeuge Helge B. habe immer andere Angaben gemacht, so die Richterin bei ihrer Urteilsbegründung. Der Zeuge habe sogar zugegeben, vor der Strafkammer gelogen zu haben.

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Die Richterin erklärt weiter, dass der Zeuge Helge B. sehr daran interessiert gewesen sein soll, Christian B. ins Gefängnis zu bringen. Helge B. habe von der Bild-Zeitung Geld bekommen, um ein Interview zu geben, dass Christian B. belastet, fasst die Richterin zusammen.

Bei einer weiterin Zeugin kann die Kammer nicht ausschließen, dass es sich um Scheinerinnerungen der Zeugin handelt. Die Kammer könne nicht ausschließen, dass die Zeugin ihre Erinnerungen mit Mutmaßungen füllt.

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Im Video: Verdächtig im Fall Maddie – Wer ist Christian B.?

Christian B. gilt als Hauptverdächtiger im Mordfall Maddie

Der Prozess um den 47-jährigen Deutschen erregte noch wegen eines anderen schwerwiegenden Vorwurf Aufmerksamkeit. Im Mordfall der dreijährigen Madeleine „Maddie” McCann aus Großbritannien gilt Christian B. als Hauptverdächtiger. 2007 war das Mädchen im Urlaub mit ihrer Familie aus einer portugiesischen Ferienanlage verschwunden.

Lese-Tipp: „Er hat kein Geld mitgenommen – aber ein Kind” Hat Christian B. die Maddie-Entführung bereits gestanden?

Ein ehemaliger Komplize von Christian B. beschreibt während des Prozesses, wie er in Christians B.s Finca Videos mit Vergewaltigungsszenen gefunden hätte. Ein anderer Mithäftling sagt aus, dass der Verurteilte ihm von dem Einbruch in Portugal berichtet habe. Christian B. habe aber kein Geld gefunden, sondern ein Kind mitgenommen, so der Zeuge. Ihre Aussagen können allerdings nicht als glaubhaft bestätigt werden. Auch von einem gelöschten E-Mail-Account ist die Rede. Der 47-Jährige soll dort von einer geplanten Kindesentführung und von Kindesmissbrauch gesprochen haben. Der Fall „Maddie” ist allerdings nicht Teil des jetzigen Prozesses. (ise/eon)