Was ein Scrollverbot für Teenies bei uns bedeuten würde
Social-Media-Verbot mit 16? Was Australien wagt, traut sich Deutschland nicht

Instagram und TikTok nur noch ab 16? Australien will genau das – und macht Ernst.
Doch während sich Down Under auf Internet-Detox für Teenager einstellt, schauen Medienforscher in Deutschland eher skeptisch auf den Plan. Zu pauschal, zu wenig praxistauglich – und vielleicht sogar kontraproduktiv?
Könnte ein Social-Media-Verbot auch in Deutschland kommen?
Die Regierung in Canberra will, dass Kinder unter 16 künftig keinen Zugang mehr zu TikTok, X, Instagram oder Facebook haben. Punkt. Was wie der Wunsch vieler Eltern nach zwei durchgeschlafenenen Eltern klingt, sorgt bei Fachleuten für Stirnrunzeln.
Medienrechtler Stephan Dreyer vom Leibniz-Institut für Medienforschung sagt: „Nach deutschem Standart wäre das grenzwertig, was die Verhältnismäßigkeit angeht.” Schließlich gehört zur Kindheit auch Teilhabe und damit digitale Mitbestimmung.
Das eigentliche Problem sieht Dreyer woanders: bei den Plattformen selbst. Die müssten dafür sorgen, dass es kinderfreundliche Accounts mit echter Altersprüfung gibt (etwa durch Ausweisscans oder biometrische Checks). Technisch sei das alles machbar. Es fehlt nur der Wille.
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TikTok, Facebook und Instagram setzen auf freiwillige Altersangaben
Bislang setzen Instagram und Co. auf freiwillige Altersangaben, meist 13 Jahre. Ein Eintrag in der App genügt. Dass sich viele Kinder deutlich früher anmelden, ist längst Realität. Kontrolliert wird praktisch nichts. Für Eltern, die Social Media einschränken wollen, gibt es also kaum Rückhalt durch die Plattformen.
Isabel Brandhorst, Expertin für Internetsucht an der Uniklinik Tübingen, glaubt nicht an die Eigeninitiative der Tech-Giganten: „Ich bin pessimistisch, dass Anbieter die Anwendungen so gestalten, dass sie kinderfreundlich sind, weil sie dann nichts mehr daran verdienen.” Weniger Werbung, Zeitlimits, keine Daten, das klingt alles ganz nett, bringt aber keinen Umsatz.
Brandhorst setzt eher auf Schulen und echte Medienbildung. Denn was Kinder im Netz wirklich bräuchten – Selbstschutz, kritisches Denken, Frustrationstoleranz – wird bisher kaum vermittelt.
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OECD-Studie: Deutsche 15-Jährige hängen bis zu sieben Stunden täglich am Bildschirm
Auch die Psychologin Anne-Linda Camerini von der Universität Lugano hält pauschale Sperren für keine gute Idee. „Wir wollen keine Angst machen und nicht tabuisieren und stigmatisieren”, sagt sie. Denn was verboten ist, wird oft nur interessanter. In der Realität finden Jugendliche eh einen Weg.
Fakt ist jedoch auch: Deutsche Jugendliche sind extrem viel online. Laut einer OECD-Studie hängen 15-Jährige im Schnitt 48 Stunden pro Woche an TikTok, Games und Co. – das sind fast sieben Stunden täglich! Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung empfiehlt – Achtung festhalten – maximal zwei Stunden. (kra, mit dpa)