Er will nicht zum Täter werdenEx-Erzieher, Anfang 20, pädophil: „Bin ich eine tickende Zeitbombe?”

Zum ersten Mal macht sich die Neigung bei dem ehemaligen Erzieher in der Pubertät bemerkbar.
Zum ersten Mal macht sich die Neigung bei dem ehemaligen Erzieher in der Pubertät bemerkbar. Erst Jahre später versteht er, was in ihm vorgeht.
RTL

„Ich möchte unbedingt was mit Kindern machen.”
Dieser Berufswunsch steht für Max (Name von der Redaktion geändert) lange fest. Doch schon während eines Praktikums rückt seine Neigung immer wieder in den Vordergrund. Was in ihm vorgeht, versteht der junge Mann lange nicht. Erst mit 18 Jahren stellt er fest: Ich bin pädophil. Mit der Erkenntnis kommt gleichzeitig die Angst.

„Ich war erstmal ganz verwirrt”

Pädophile, das sind doch Kriminelle – dieser Gedanke lähmt den ehemaligen Erzieher, erklärt Max im Interview mit RTL. Auf eigenen Wunsch möchte er anonym bleiben. „Ich hatte furchtbare Angst, mich überhaupt zu informieren, weil ich das nicht bin. Ich bin kein Krimineller”, erklärt er. Mit dem Anfang der Pubertät zeigt sich seine Neigung zum ersten Mal. Was in ihm vorgeht, versteht er damals noch nicht. „Dadurch, dass ich aber nicht exklusiv bin, sondern auch noch ganz normal auf mein Alter stehe, war das erst sehr schleichend.“

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Lange ist es für ihn kein großes Thema. Erst in der Berufschule fängt Max an, sich selbst zu reflektieren. Der junge Mann steckt zu dieser Zeit mitten in der Ausbildung zur sozialpädagogischen Assistenz, ist etwa 18 Jahre alt. Seine pädophile Neigung lebt er zu dieser Zeit in Form von Fantasien aus, erklärt er. „Während ich in der Kita war, waren das auch wirklich aktiv Fantasien mit den Kindern, mit denen ich gearbeitet hatte.“ Dieses permanente Gefühl lässt ihn aufhorchen.

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Er rutscht immer weiter ab

Je mehr Max sich in seine Neigung hineindenkt, desto mehr rutscht der junge Mann ab. „Das fing dann mit kleineren, harmloseren Sachen an“, erinnert er sich, „normale Abbildungen, Nacktbilder im FKK Bereich oder halt auch nur mit Badekleidung.” Immer öfter schaut sich der Anfang 20-Jährige die Bilder an, geht dann auch zu missbräuchlichen Darstellungen über. Nach jedem Mal sei ihm der Gedanke gekommen, aufzuhören. Doch: „Man kann sich das vorstellen wie jemand, der versucht wegzukommen von der Droge. Praktisch so, das ist das letzte Mal, ab morgen höre ich komplett auf.“

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„Was kann ich tun? Kann ich das loswerden?”

Ihm ist klar, dass es so nicht weitergehen kann. Alleine habe er es nicht mehr geschafft, mit der Neigung umzugehen. Schließlich nimmt Max allen Mut zusammen und offenbart sich seinem besten Freund. Statt Zurückweisung bekommt der junge Mann Unterstützung. „Es war super positiv, die Interaktion”, erklärt er ruhig.

Sich zu öffnen habe ihm geholfen, die Neigung besser in den Griff zu bekommen. „Jetzt weiß es eine Person. Wenn ich es jetzt tun würde, würde ich nicht fremde Menschen verletzen, sondern ich würde vor allen Dingen gute Freunde verletzen”, argumentiert er für sich. Die Neigung bleibt dennoch eine Belastung im Alltag. Panik kommt in dem damaligen Erzieher auf: „Bin ich eine tickende Zeitbombe”, fragt Max sich wieder und wieder. Druck, der ihn mental kaputt gemacht habe.

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Ein normales Leben – trotz Veranlagung?

Vor anderthalb Jahren zieht Max die Reißleine und meldet sich beim schleswig-holsteinischen Programm „Kein Täter werden“ zur Therapie an. Hier will er lernen, seine Pädophilie zu kontrollieren, mit dem Ziel: Es soll nie zu einem Vorfall kommen. Dass sich seine Neigung dennoch nicht in Luft auflöst, hat der junge Mann verstanden. Als Erzieher arbeitet er deshalb nicht mehr, macht stattdessen eine Umschulung. Der Max wünscht sich, später einmal Familie und auch Kinder zu haben, ein ganz normales Leben zu führen. Die Pädophilie, sagt er, sei nur eine Facette seines Charakters, eine, die er dank der angewandten Therapie glaubt im Griff zu haben und nie ausleben will.

Seid ihr, Kinder oder Jugendliche in eurem Umfeld von sexuellem Missbrauch betroffen? Dann findet ihr unter dieser Nummer Hilfe 0800 – 22 55 530 oder unter www.hilfe-portal-missbrauch.de Menschen, mit denen ihr darüber sprechen könnt.