Nach jahrelanger Flucht

Kindesentführer in Neuseelands Wildnis erschossen – vor den Augen seiner Tochter

Ein Wald und ein Mann im Bild.
Tom Phillips’ Flucht hat ein tödliches Ende genommen.
dpa/Polizei

Ein Foto in Tarnkleidung ging um die Welt.
Fast vier Jahre lang hielt sich Tom Phillips mit seinen drei Kindern in der Wildnis Neuseelands versteckt – nun hat seine Flucht ein tödliches Ende genommen. Bei einem Polizeieinsatz in Piopio auf der Nordinsel des Pazifikstaats eröffnete der Kindesentführer nach einer Verfolgung das Feuer auf die Beamten und wurde von ihnen erschossen – vor den Augen einer seiner Töchter. Ein Polizist wurde am Kopf getroffen und musste notoperiert werden.

Alle Kinder von Tom Phillips sind unverletzt

Die beiden anderen Kinder – ein Junge und ein Mädchen – waren zunächst verschollen, was große Sorge ausgelöst hatte. Sie wurden am Montagnachmittag (Ortszeit) wenige Kilometer entfernt auf einem Lagerplatz im Busch gefunden. „Ich kann Ihnen heute Abend mit großer Erleichterung mitteilen, dass wir kurz nach 16.30 Uhr die verbliebenen Kinder von Tom Phillips gefunden haben”, sagte Vize-Polizeichefin Jill Rogers. Die Kinder seien allein gewesen und unverletzt. Ihr Weg zurück ins normale Leben sei aber vermutlich lang.

Neuseeland: Sorgerechtsstreit als Grund für Entführung

Der Fall machte über Jahre hinweg immer wieder Schlagzeilen. Tom Phillips hatte seine Kinder im Dezember 2021 – damals waren sie acht, sieben und fünf Jahre alt – nach einem Familienstreit entführt und sich mit ihnen in den abgelegenen Wäldern der Region Waikato versteckt. Vorausgegangen war ein Sorgerechtsstreit vor dem Familiengericht, nachdem sich die Eltern getrennt hatten. Trotz mehrerer Sichtungen und Hinweise konnte Phillips jahrelang nicht gefasst werden.

Im Oktober 2024 sichteten Wildschweinjäger in den Hügeln südlich von Marokopa die Familie, jedoch nur aus der Entfernung. Sie machten ein Foto, das um die Welt ging: Die Kinder, in Tarnkleidung und mit großen Rucksäcken beladen, folgen ihrem Vater. Eines der Kinder konnten die Jäger hören, wie es fragte: „Wer weiß, dass wir hier sind?”, wie der Sender Radio New Zealand berichtete. Es war das erste Mal seit drei Jahren, dass alle drei Kinder gemeinsam gesehen wurden.

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Entführer Tom Phillips kannte Gelände offenbar gut

Trotz Hubschraubern, Suchteams und sogar einer hohen Belohnung, die ausgesetzt wurde, gelang es Phillips, den Fahndern zu entkommen. Die Polizei vermutet, dass er das entlegene, zerklüftete Gelände einfach zu gut kannte – er hatte sein ganzes Leben in der Region gelebt. Angenommen wird zudem, dass er Hilfe von anderen erhielt.

Jedoch gab es eine ganze Reihe kurzer, beunruhigender Sichtungen: ein maskierter Mann beim Einkaufen in einem Baumarkt in Hamilton, Berichte über einen gestohlenen Geländewagen in der Nähe von Kawhia und ein verschwommenes Überwachungsvideo von einem Einbruch in einen Supermarkt in Piopio im vergangenen Monat, bei dem Milch gestohlen und von zwei Personen auf einem Quadbike mitgenommen wurde.

Mutter der entführten Kinder ist „zutiefst erleichtert”

Kurz vor Weihnachten 2021 flieht Phillips mit seinen Kindern in die Wildnis. Die Mutter hat sie seitdem nicht mehr gesehen.
Kurz vor Weihnachten 2021 floh Phillips mit seinen Kindern in die Wildnis.
Facebook / MissingMarokopaChildren

Nun war die Polizei wegen eines bewaffneten Einbruchs in einen landwirtschaftlichen Betrieb gerufen worden. Vor Ort trafen die Beamten auf einen Mann und ein Kind, die daraufhin mit einem Quadbike flohen. Bei der anschließenden Verfolgung fielen die tödlichen Schüsse.

Das Kind, das am Tatort gefunden wurde, wurde umfassend betreut. Der Vorfall sei für alle Beteiligten „tief traumatisch” gewesen, sagte Rogers. „Dies sind verheerende Nachrichten für die Familie von Tom Phillips und das Ergebnis, das niemand wollte.”

Die Mutter der Kinder sagte neuseeländischen Medien, sie sei zutiefst erleichtert, dass das Leiden für ihre Kinder nun ein Ende habe. „Sie wurden fast vier Jahre lang jeden Tag schmerzlich vermisst, und wir freuen uns darauf, sie mit Liebe und Fürsorge wieder zu Hause willkommen zu heißen”, betonte sie. „Gleichzeitig sind wir traurig über den Verlauf der heutigen Ereignisse. Unsere Hoffnung war stets, dass die Kinder auf eine friedliche und sichere Weise zurückgebracht werden könnten.” (bst)

Verwendete Quellen: dpa