„Brutal. Meine Mutter hat mich, ihre Tochter, alleingelassen”Pelicot-Tochter Caroline Darian hat kaum noch Kontakt zu ihrer Mutter Gisèle

Wie lebt eine Familie nach so einer Tat weiter?
Drei Monate nach dem Urteil im Vergewaltigungsprozess gegen Dominique Pelicot ist für seine Familie nichts, wie es vorher war. In einem Interview mit dem Magazin stern (gehört zu RTL) erzählt Caroline Darian, dass sie kaum noch Kontakt zu ihrer Mutter Gisèle habe. „Jeder geht seinen eigenen Weg und baut sich selbst wieder auf“, erklärt sie die angespannte Beziehung.
Caroline Darian empfindet die Reaktion ihrer Mutter als „brutal”
Ihr Vater Dominique Pelicot spielte ihr und dem Rest der Familie jahrelang den liebenden Ehemann und Vater vor. In Wahrheit betäubte er seine Frau systematisch und überließ sie anderen Männern zur Vergewaltigung. Caroline Darian befürchtet, dass auch sie Opfer ihres Vaters geworden sein könnte. Denn auch von ihr existieren Fotos, auf denen sie offenbar bewusstlos und in fremder Unterwäsche im Bett liegt. Sie erstattete darum auch Anzeige gegen Dominique Pelicot.
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Als ihre Mutter im Prozess gefragt wurde, ob sie glaubt, dass auch Caroline betäubt und missbraucht worden sein könnte, wollte sie nicht antworten. Für ihre Tochter war das ein schwerer Schlag, wie sie im stern-Interview erklärt. „Brutal. Meine Mutter hat mich, ihre Tochter, alleingelassen.“ Das sei sehr hart für sie gewesen, „weil ich dachte, wir seien eine Einheit“.
Pelicot-Geschwister rücken durch Taten des Vaters enger zusammen
Caroline glaubt, dass ihre Mutter sich zurückzieht und die möglichen Taten an ihrer Tochter ausblendet, weil das alles zu viel für sie sei. „Ich weiß nicht, ob sie mir nicht glaubt oder ob sie mir nicht glauben kann“, so die Tochter.
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Das Verhältnis zu ihren beiden Brüdern sei durch alles, was sie als Familie durchmachen mussten, enger geworden. „Wir sind füreinander da. Die Taten haben uns näher zusammengebracht, auch wenn unser Verhältnis schon davor eng war“, berichtet Caroline. „Meine Mutter lebt abseits von uns. Sie konzentriert sich auf sich selbst.“

Pelicot-Tochter fühlt sich an den Rand gedrängt
Gisèle Pelicot wurde im Prozess gegen Dominique Pelicot und 50 weitere Angeklagte zur Ikone, weil sie darauf bestand, dass jedes Detail öffentlich vor Gericht verhandelt wurde. Sie wollte, dass die Scham die Seite wechselt, denn nicht sie als Opfer müsse sich verstecken. Sie wollte, dass die ganze Welt sieht, was die Täter ihr angetan haben.
Während ihre Mutter für ihren Mut bewundert wurde, fühlte sich Caroline an den Rand gedrängt. Im stern-Interview erhebt sie darum nun Vorwürfe: „Im Prozess von Avignon hat man mir nicht die Möglichkeit gegeben, als Opfer zu existieren. Ich war ein unsichtbares Opfer.“ Es sei nur Gisèle Prozess gewesen, die Familie sei zu wenig berücksichtigt worden, meint sie. Bis heute ist Caroline sich sicher, dass ihr Vater nur zugegeben hat, was er zugeben musste. „Dominique durfte ausweichen, sich hinter Lügen verschanzen“, sagt die Pelicot-Tochter. Papa nennt sie ihren Vater schon lange nicht mehr. (jgr)