„Er hat sich schwergetan seine Gefühle auszudrücken“„Wir wollten es nicht glauben” – Sebastian kannte den Graz-Attentäter gut

Arthur A. tötete in Graz neun Schüler und eine Lehrerin.
Arthur A. tötete in Graz neun Schüler und eine Lehrerin.
Privat
von Natascha Größ und Fabian Klein

Sie „hätten ihm das nie zugetraut.“
Schüchtern, zurückgezogen, ein „ganz normaler Mensch“, sei Arthur A. (21) gewesen, erklärt einer seiner Freunde im Gespräch mit RTL. Und doch tötet er bei seinem Amoklauf in Graz neun Jugendliche und eine Lehrerin seiner alten Schule. Als seine Freunde Namen und Gesicht des Täters in den Nachrichten sehen, erstarren sie.

Arthur A. knüpfte bei Computerspielen Freundschaften

Online bei Computerspielen lernt Sebastian (Name verfremdet) Arthur A. nach eigenen Angaben kennen. Die beiden knüpfen schnell eine Freundschaft, treffen sich auch in Person – gewinnen sogar gemeinsam mit einer Gruppe bei einem Turnier.

„Er war so glücklich, als wir damals den Wettbewerb in Graz gewonnen und wir uns alle in echt getroffen haben“, erinnert sich Sebastian im RTL-Interview. Doch im Dezember habe sich Arthur A. vom E-Sport abgemeldet, seine sozialen Kontakte aufgegeben und Freunde aus den Augen verloren, mit denen er „jahrelang online reden konnte.“

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Von einem Bekannten erfährt Sebastian, dass Arthur A. sich in einem Schützenverein angemeldet, dort „Waffen gekauft” und „geübt“ habe. Zeitgleich sei er zur Berufsschule gegangen, habe sich dort aber „nicht wohlgefühlt.“ Am Dienstag stürmt er dann mit zwei Waffen in das Grazer Gymnasium, das er vor zwei Jahren abbrach, schießt um sich und tötet neun Schüler und eine Lehrerin. Auf der Toilette begeht Arthur A. Suizid.

Arthur A. lief in seiner alten Schule Amok.
Arthur A. lief in seiner alten Schule Amok.
Privat

Sebastian erfährt von dem grauenvollen Amoklauf in den Nachrichten. „Ich habe ihm, als ich das gehört habe, per WhatsApp geschrieben und noch gefragt, ob er zu Schaden gekommen ist. Es ist keine Antwort gekommen. Abends kam die Info in den Nachrichten und dann das Foto. Da haben wir es erfahren. Wir haben es noch gar nicht realisiert”, erzählt er im RTL-Interview. Die Opfer täten ihm „unglaublich leid.“

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Online-Freund berichtet von Mobbing gegen Arthur A.

Trotz eines hinterlassenen Abschiedsbriefes wirft das Motiv des 21-Jährigen weiterhin Fragen auf. Sein Freund, der in Deutschland als Ingenieur arbeitet, berichtet von Mobbing an der alten Schule. „Er hat davon erzählt, aber nie den genauen Grund für das Mobbing erwähnt. Ich denke, dass er beschlossen hat, sein Leben zu beenden und er andere Menschen dafür verantwortlich gemacht hat.“

PXL_Graz school shooting
Menschen in Graz trauern um die Toten.
IMAGO/Pixsell

Der Stress der Berufsschule, eine gewisse Perspektivlosigkeit und die zuletzt fehlenden sozialen Kontakte könnten in Kombination mit dem mutmaßlichen Mobbing die Auslöser gewesen sein, vermuten seine alten Online-Freunde.

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Eine solche Tat hätte Sebastian dem jungen Mann aber nie zugetraut. „Wir haben ihn als sehr schüchtern und zurückhaltend wahrgenommen“, erinnert er sich. Arthur A. habe sich „schwergetan, seine Gefühle auszudrücken.“ Nun ist er tot, und mit ihm zehn weitere, unschuldige Menschen.

Hier findet ihr Hilfe in schwierigen Situationen

Solltet ihr selbst von Suizidgedanken betroffen sein, sucht euch bitte umgehend Hilfe. Versucht, mit anderen Menschen darüber zu sprechen! Das können Freunde oder Verwandte sein. Es gibt aber auch die Möglichkeit, anonym mit anderen Menschen über eure Gedanken zu sprechen. Das geht telefonisch, im Chat, per Mail oder persönlich.

Wenn ihr schnell Hilfe braucht, dann findet ihr unter der kostenlosen Telefon-Hotline 0800-1110111 oder 0800-1110222 Menschen, die euch Auswege aus schwierigen Situationen aufzeigen können.