„Einige Ärzte bezweifeln, dass es sich tatsächlich um eine Krankheit handelt”Bisher fehlten eindeutige Beweise für ME/CFS! Kann das Fatigue-Syndrom endlich diagnostiziert werden?

Wird das Unsichtbare endlich sichtbar?
ME/CFS gilt als unsichtbare Krankheit: Ein eindeutiges Diagnoseverfahren gibt es nicht, ob jemand betroffen ist, wird über Ausschlussverfahren ermittelt. Ein Grund, warum viele Ärzte die Krankheit gar nicht als solche anerkennen und sich viele Betroffene nicht gesehen fühlen. Doch das könnte sich ändern.
ME/CFS: Eine Krankheit, tausend Gesichter
Ein Forscherteam des Jackson Laboratory in Maine (USA) hat sogenannte Krankheitsbiomarker aus Stuhl-, Blut- und anderen Labortests von 153 ME/CFS-Patienten und 96 gesunden Probanden analysiert, um Anhaltspunkte zur Diagnose von ME/CFS zu finden.
Dafür habe man sich das Darmmikrobiom, Substanzen des Stoffwechsels (Metaboliten) und Immunreaktionen der Probanden angeschaut und „mit zwölf Klassen von Patientensymptomen” verknüpft, wie etwa „Schlafstörungen, Kopfschmerzen, Müdigkeit, Schwindel und weitere Symptome”, heißt es in einer Pressemitteilung.
„Die Verknüpfung der Symptome auf dieser Ebene ist entscheidend, da ME/CFS sehr variabel ist. Patienten leiden unter einer Vielzahl von Symptomen, die sich in Schwere und Dauer unterscheiden, und die derzeitigen Methoden können diese Komplexität nicht vollständig erfassen”, erklärt Studienleiterin Julia Oh in der Veröfefntlichung.
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Forscher erkennen ME/CFS-Patienten mit 90-prozentiger Sicherheit
Und tatsächlich: Die Proben, „die mithilfe einer neuen Plattform für künstliche Intelligenz (KI) analysiert wurden”, lieferten den Forschern entscheidende Hinweise.
„Unsere Studie erreichte eine Genauigkeit von 90 Prozent bei der Unterscheidung von Personen mit chronischem Erschöpfungssyndrom”, wird Studienautor Dr. Derya Unutmaz, Professor für Immunologie am Jackson Laboratory, zitiert. Dieses Ergebnis sei „bedeutsam”, denn derzeit fehle es Ärzten an „zuverlässigen Biomarkern für die Diagnose”.
Das ginge sogar so weit, dass einige Ärzte sogar „bezweifeln, dass es sich tatsächlich um eine Krankheit handelt, da eindeutige Labormarker fehlen”. Diese Ärzte führen laut Unutmaz „die Krankheit manchmal auf psychologische Faktoren zurück“.
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Studie legt wichtigen Grundstein für Diagnose und Behandlung von ME/CFS
In der Pressemitteilung heißt es, dass die gesunden Probanden „ausgeglichene Mikrobiom-Metabolit-Immuninteraktionen” zeigten, während man bei den ME/CFS-Patienten „erhebliche Störungen” erkennen konnte, „die mit Müdigkeit, Schmerzen, Problemen bei der Emotionsregulation und Schlafstörungen in Zusammenhang stehen”.
Bei den an ME/CFS erkrankten Probanden sei zudem der Mangel „einer nützlichen Fettsäure, die im Darm produziert wird, sowie andere Nährstoffe, die für Stoffwechsel, Entzündungskontrolle und Energie wichtig sind”, beobachtet.
Die Studienleiterin hält fest: „Trotz unterschiedlicher Methoden zur Datenerhebung zeigten sich bei Fettsäuren, Immunmarkern und Metaboliten gemeinsame Krankheitssignaturen. Das zeigt uns, dass es sich nicht um Zufall handelt. Es handelt sich um eine echte biologische Dysregulation.“
Und weiter erklärt sie: „Mikrobiom und Metabolom sind dynamisch.” Es könnte daher sein, dass man ME/CFS-Patienten in Zukunft „durch Ernährung, Lebensstil oder gezielte Therapien” helfen kann.
Natürlich befindet sich die Forschung auf diesem Gebiet noch in den Kinderschuhen. Aber die Wissenschaftler halten fest: „Auch wenn die Ergebnisse noch einer weiteren Validierung bedürfen, tragen sie doch erheblich zum Verständnis der Wissenschaftler von ME/CFS bei und liefern klarere Hypothesen für künftige Forschungen.”