Nach Mega-Gletscherabbruch in der Schweiz
Vorsichtiges Aufatmen – aber die Angst bleibt
Der Gletscherabbruch im Schweizer Lötschental hat gezeigt, wie brutal unberechenbar die Natur sein kann.
Millionen Tonnen Fels, Eis und Geröll donnerten diese Woche Richtung Tal und blockierten den Fluss Lonza so massiv, dass ein ganzer See entstand. Seither bangen alle: Hält dieser Schuttkegel stand – oder reißt er alles mit sich ins Tal?
Erste gute Nachricht aus der Schweiz
Jetzt gibt es vorsichtige Entwarnung: Das aufgestaute Wasser hinter dem Schuttberg fließt wieder ab! „Das ist eine gute Nachricht”, sagt Krisenstab-Sprecher Jonas Jeitziner zur dpa. „Das heißt, der See hinter dem Schuttkegel hat einen Durchlass gefunden.”
Doch wirklich aufatmen kann noch niemand.

Denn: Mit dem Wasser könnten im schlimmsten Fall auch wieder Geröll, Gestein und Eismassen ins Tal rauschen, wenn es auf einmal abfließt. Zwar sei das Gelände unterhalb relativ flach, ein neuer Absturz mit fatalen Folgen aber nicht ausgeschlossen. Die Bewohner von zwei weiteren Dörfern waren bereits aufgefordert worden, sich auf eine mögliche Flucht vorzubereiten.
RTL-Reporterin Bella Christophel vor Ort: „Die Lonza fließt inzwischen wieder. Zwischenzeitlich war sie versiegt, da gab es hier kein Wasser, das sich das Tal abwärts bewegt hat. Jetzt allmählich, da bahnt sich das Wasser wieder den Weg durch die Geröllmassen. Und das muss eben ganz genau beobachtet werden, denn nach wie vor, da droht eben eine Überschwemmung des angestauten Wassers. Aber die Behörden geben sich vorsichtig optimistisch.”
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Zerstörung, Verzweiflung und eine vermisste Person
Am Mittwoch war der Gletscher am Kleinen Nesthorn abgebrochen. Riesige Felsmassen donnerten auf den Birschgletscher, der unter dem massiven Druck zerbrach. Das Dorf Blatten wurde nahezu vollständig verschüttet. 300 Menschen konnten sich rechtzeitig retten. Ein Mann wird bis heute vermisst.
Die Suche wurde gestoppt – zu gefährlich! Der Schuttberg sei instabil, mit bloßem Auge nicht zu durchdringen. Er wird per Drohne und Wärmebildkamera überwacht.
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Zwischen Erleichterung und Existenzangst – Lötschental hält den Atem an
Viele Menschen in der Region haben ihr Zuhause verloren, andere sitzen weiter auf gepackten Koffern. Die Erleichterung über das abfließende Wasser mischt sich mit anhaltender Sorge. RTL-Reporterin Bella Christophel: „Man spürt auch nach wie vor eine Verunsicherung hier vor Ort. Auch wenn die Leute gefasst auf mich wirken, da merkt man trotzdem, es sind viele Fragen offen, denn es wurden ja auch zwei weitere Dörfer vorsorglich evakuiert. Da ist natürlich auch der Gedanke da: ist die Bedrohung denn jetzt noch so groß oder ist sie denn mittlerweile gebannt?”

Die Behörden informieren regelmäßig, zuletzt wurde ein Staudamm entleert, um möglichen Flutmassen Platz zu geben. Doch wie stabil der riesige Schuttberg wirklich ist, weiß niemand. Ein Drittel der neun Millionen Kubikmeter besteht aus Eis. Was passiert, wenn das schmilzt? Unklar. Was den Menschen bleibt, ist der Zusammenhalt. Und die Hoffnung, dass die Natur den Menschen dieses Mal eine Atempause lässt.