Cold Case Cornelia Hümpfer Mord-Angeklagter tritt vor Gericht wie ein Star auf

Gibt es doch noch späte Gerechtigkeit im Fall Cornelia Hümpfer? 
Am frühen Morgen des 21. April 1978 findet ein Autofahrer die Leiche der 18-Jährigen. Sie liegt erstochen an einem Zuckerrübenfeld neben der Landstraße. Jahrzehntelang konnte der Mord nicht aufgeklärt werden. Jetzt, fast 47 Jahre später, steht der Mann vor dem Landgericht Schweinfurt, der Cornelia ermordet haben soll.
Als sie ihm von der Schwangerschaft erzählt, soll er zugestochen haben
Es ist der ehemalige US-Soldat Tommy M. (70). Der Vorwurf: Mord aus niederen Beweggründen und Heimtücke. Tommy M. kommt als mutmaßlicher Mörder in die Stadt zurück, in der er damals stationiert war. Cornelia wollte Erzieherin werden. Tommy war junger Soldat. Beide waren damals heimlich ein Liebespaar. M. war deshalb 1978 schnell im Fokus der Verdächtigen. Zeugenhinweise und Reifenspuren führten zu ihm. Aber die Polizei konnte ihm die Tat nicht nachweisen.

Seine erste Ehefrau Linda gab ihm ein Alibi. 1995 kam erneut Bewegung in den Fall, denn M. soll seiner zweiten Ehefrau Cindy im Alkohol-Rausch die Tat gestanden haben. Aber erst 2023 waren die Ermittlungen soweit, dass DNA von M. an Cornelias Leiche eindeutig identifiziert wurde. Experten des Bayerischen Landeskriminalamtes ist es gelungen, die DNA des Beschuldigten an „tatrelevanten Kleidungsstücken des Opfers nachzuweisen“. Tommy M. wird am 22. Juni 2023 in Nebraska (USA) verhaftet und im Juni 2024 nach Deutschland ausgeliefert.
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Angeklagter wirkt, als genieße er die Aufmerksamkeit
Tommy M. betritt den Gerichtssaal, als wäre er ein Star. Selbstbewusst stellt er sich vor die Kameras der Pressevertreter. Zu seinem Dolmetscher sagt er: „You´re a movie star.“ M. lacht und wirkt, als genieße er die Aufmerksamkeit der Medien und der Prozessbeobachter. Viele von ihnen haben Cornelia gekannt. Sie erinnern sich an eine gute Sängerin, die mit ihrer christlichen Musikgruppe in der Region bekannt war. Eine Frau ruft M. zu: „Shame on you“. Er antwortet: „I didn’t do it.“ Mit der Richterin spricht er nicht.
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Tommy M. war 1978 als Soldat in Deutschland stationiert und lebte in der US-Kaserne mit seiner Ehefrau und seinem Sohn. Am Abend des 20. April 1978 sollen sich M. und seine Geliebte in der Nähe von Dittelbrunn im Landkreis Schweinfurt getroffen haben. Zu Hause erzählte Cornelia, sie würde zur Band-Probe gehen. Für M. war es offenbar ein Sex-Date in seinem Auto, einem Fiat 124 S. Die Ermittler gehen heute davon aus, dass Cornelia sich verliebt hat und ihm deshalb sagte, sie sei schwanger. So soll sie versucht haben, ihren Geliebten für sich alleine zu gewinnen. Sie hoffte, dass er sich von seiner Ehefrau trennt. Vermutlich sei es deshalb zum Streit gekommen.
Tatort-Fotos lassen M. kalt
Zwischen 21.30 und 23 Uhr soll Cornelia dann versucht haben, das Auto zu verlassen. Tommy M. soll noch beim Aussteigen mit einem zwölf Zentimeter langen Bajonettmesser „von hinten auf die ihm lästig gewordene“ Geliebte eingestochen haben. Mit vierzehn Messerstichen wurde Cornelia getötet.

Im Gerichtssaal werden Fotos der Leiche gezeigt. Die junge Frau liegt mit dem Gesicht auf der Erde, fast so, als würde sie nur schlafen. Ihre Handtasche liegt neben ihr. Cornelia trägt eine dicke grüne Wollstrickjacke und einen roten kurzen Rock. Ihre weißen Strümpfe sind verrutscht. Die Bilder sind schwer zu ertragen, vor allem als die Nahaufnahmen gezeigt werden. Die Wolljacke ist kaputt. Etliche tiefe Schnitte sind am oberen Rücken zu sehen. Viele Zuschauerinnen stöhnen leise, sind betroffen. Tommy M. verzieht keine Mine und trinkt von seinem Wasser aus dem Tetrapak.
Cornelias Freund schöpfte keinen Verdacht
Das Gericht hört einige Zeugen. Viele Jahre sind seit der Tat vergangen. Hans Seger war der Mann, der die Leiche am Straßenrand entdeckt hat. Damals war er mit Kollegen gegen 5 Uhr auf dem Weg zur Frühschicht. Er saß auf dem Beifahrersitz und dachte erst, es liegt ein „roter Sack“ am Straßenrand, den ein Landwirt verloren habe. Die Männer sind erst weitergefahren und dann doch umgedreht. Er erinnert sich, dass er gleich ein ungutes Gefühl gehabt habe. Beim Aussteigen haben sie die Leiche der jungen Frau entdeckt. Eine Zeugin will zum Zeitpunkt der Tat ein Auto mit US-Kennzeichen am Straßenrand gesehen haben. Heute erinnert sie sich kaum noch an ihre Beobachtungen.
Frank S. ist heute 67 Jahre alt und evangelischer Pfarrer. Vor der Tat war er etwa ein halbes Jahr mit Cornelia zusammen. „Wir waren ein Paar, wir hatten eine Beziehung.“ Aber man habe sich nicht täglich gesehen. Übernachtungen waren in beiden Elternhäusern nicht erlaubt. Für Frank S. war es eine feste Beziehung, „monogam, ja!“ Es hätte Zukunftspläne gegeben. Auf die Frage der Richterin, ob Cornelia fremdgegangen wäre: „Ich hatte keine Anhaltspunkte, habe auch nichts vermutet.“
Am Abend als Cornelia getötet wurde, hatten sie eine Verabredung, aber Cornelia kam nicht. Frank S. fuhr mit seinem Auto verschiedene Strecken ab, um Cornelia zu suchen. Gegen 23.30 Uhr sei er nach Hause gegangen und „war etwas sauer, dass Cornelia den Treff nicht eingehalten hat.“ Am nächsten Morgen war er noch im Bett, mit einer Tasse Kaffee. „Plötzlich standen zwei Polizisten mit meiner Mutter in meinem Zimmer und sie haben gesagt, dass Cornelia tot ist.“
„Es war lustig mit ihr, so die Zeit zu verbringen”
Erzieherin Monika R. (69) war die beste Schulfreundin in einer Akademie für Erzieherinnen in Schweinfurt. Cornelia war „in der ganzen Klasse beliebt“, sagt sie. „Es war lustig mit ihr, so die Zeit zu verbringen. (…) Wir saßen nebeneinander, haben die Pausen und die Mittagszeit zusammen verbracht.“ Manchmal habe Cornelia „auch Sachen aus ihrem Privatleben erzählt.“ Oft habe sie sich Notizen gemacht. „Sie hatte immer so ein kleines Büchlein, da hat sie immer reingeschrieben.“
Was hat sie geschrieben?, fragt die Richterin. „Das weiß ich nicht“, denn Cornelia „hat so klein geschrieben“. Am Abend, kurz vor der Tat gegen 18.40 Uhr, habe sie das letzte mal mit Cornelia telefoniert. Sie war so glücklich: „Du wirst mich morgen gar nicht wiederkennen, ich habe eine neue Frisur. Ich habe mir „Minipli“ machen lassen.“ An diesen Satz erinnert sich Monika R. bis heute genau.
Täter droht lebenslange Haft
Dann habe sie noch erzählt, dass sie abends zur Bandprobe will und am nächsten Morgen erst später zur Schule kommt. Aber am 21. April 1978 bleibt der Platz von Cornelia leer. Später am Tag kommen Kripo-Beamte in die Akademie und sagen den geschockten Mitschülerinnen, dass Cornelia tot ist.
Insgesamt sechs Tage will das Gericht verhandeln und klären, ob Tommy M. der Mörder von Cornelia Hümpfer ist. Wenn M. es war, droht ihm lebenslange Haft. Er bestreitet die Tat. Am 18. Februar soll das Urteil gesprochen werden.
































