Drama um Häuser-VerkaufMieter in Angst! Alleinerziehende Mütter nach Schock-Post verzweifelt – RTL forscht nach

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Die Mieterinnen Susanne Franke (42) und Anke Stemmann (51) vor einem der Häuser in Potsdam, die zum Verkauf stehen.
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Mütter nach Sparkassen-Brief in Aufruhr!
„Wir verstehen die Welt nicht mehr“, Mieterin Susanne Franke (42) ist schockiert über den geplanten Verkauf ihrer Wohnung und auch Nachbarin Anke Stemmann (51) weiß nicht mehr weiter. Die Alleinerziehenden fürchten, mit ihren Kindern bald auf der Straße zu stehen, weil sie zum Beispiel wegen Eigenbedarf gekündigt werden, oder weil sie sich die neue Miete nicht mehr leisten können! Was hinter der Schock-Post steckt und, ob RTL Licht ins Dunkle bringen kann.

Potsdamer Mieter geschockt! Sparkassen-Brief kündigt Häuser-Verkauf an

Zwei alleinerziehende Mütter aus Potsdam leben gerade in Angst. Seit einem Brief der Mittelbrandenburgischen Sparkasse ist für sie nichts mehr so, wie es einmal war. Und nicht nur ihre beiden Wohnungen, sondern 50 Häuser in Potsdam stehen seit dieser Woche zum Verkauf. Die Mieter erfuhren von der Sparkasse davon.

„Wir möchten Ihnen eine besondere Gelegenheit bieten: die Möglichkeit, Ihr gemietetes Haus im Zuge des Verkaufes zu erwerben“, heißt es unter anderem im Sparkassen-Brief, den die Potsdamer Mieterin Susanne Franke am 29. Mai 2024 aus dem Nichts erhalten hat. Seit fünf Jahren lebt sie in einer Reihenhaushälfte im Bornstedter Feld. Und aktuell wird dort allen Mietern mitgeteilt, dass sie ihre Wohnungen entweder selbst kaufen können oder sie öffentlich zum Verkauf ausgeschrieben werden.

Bis zum 14. Juni, also nur zwei Wochen später, sollten sich die Mieter bei der Sparkasse mit ihren Kontaktdaten melden. Dabei ist die Sparkasse gar nicht der Vermieter der Familien, sondern die aik Immobilien-Investmentgesellschaft, von der sie bis dahin nichts gehört haben.

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Das Schock-Schreiben der Sparkasse vom 29. Mai 2024.
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„Am 17. Juni saß dann schon ein Sparkassen-Mitarbeiter in unserer Wohnung und hat uns die Verkaufsunterlagen präsentiert“, berichtet Franke. Das ging alles sehr schnell, viel zu schnell, betonen Susanne Franke und auch ihre ebenfalls betroffene Nachbarin Anke Stemmmann im RTL-Interview.

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Potsdamer Mieter in Angst: „Wir können uns diese Stadt nicht mehr leisten“

Die alleinerziehende Susanne Franke (42) kämpft schon jetzt mit der derzeitigen Miete von 1.750 Euro für 110 Quadratmeter. Für die Erzieherin ist ein Hauskauf daher keine Option. „Aber selbst wenn, wir können uns doch nicht in nur 14 Tagen dafür oder dagegen entscheiden“, kritisiert die Mieterin. Bei einem Kaufpreis von 487.000 Euro bräuchten wahrscheinlich die meisten Mieter einen Kredit, „der in diesem kurzen Zeitraum nicht bewilligt werden würde“, ärgert sie sich weiter.

Umso größer seien gerade die Existenzängste der betroffenen Mieter.

„Der Wohnungsmarkt in Potsdam ist eine Katastrophe, so schnell können wir nirgendwohin. Wir können uns diese Stadt nicht mehr leisten“, fürchtet Franke. Sie habe Angst, keinen neuen, bezahlbaren Wohnraum zu finden. Die Alleinerziehende will ihre Kinder außerdem nicht aus ihrer gewohnten Umgebung reißen. Ihre Tochter befindet sich mitten im Abitur und auch ihre jüngere Tochter (10) will bleiben. „Meine Kinder verstehen die Welt nicht mehr“, schildert die Mieterin. Vermieter und die Hausverwaltung seien nicht zu erreichen. Eine beängstigende Situation für die Potsdamer Mieter.

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Nachbarin ebenfalls verzweifelt: „Wir stehen mit dem Rücken zur Wand“

Auch die Nachbarin Anke Stemmann weiß nicht mehr weiter. Seit 2015 wohnt sie im Bornstedter Feld. Ihr 17-jähriger Sohn steht ebenfalls kurz vor dem Abitur und möchte nicht ausziehen. „Als Pädagogin im öffentlichen Dienst bin ich an Potsdam gebunden, wir stehen mit dem Rücken zur Wand“, stellt sie klar. Alle 50 Mieter, die die Schock-Post bekommen haben, wüssten gerade nicht, wie es für sie nach dem 1. Juli für sie weitergeht.

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Häuser in Potsdam: 50 Mieterinnen und Mieter in Reihenhäusern im Bornstedter Feld machen sich große Sorgen, denn ihr Wohnraum soll verkauft werden.
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Mieterverein kritisiert „Verkaufsdeutsch“ in Schock-Post

Der Potsdamer Mieterverein hält die bisher gesetzten Fristen im Schock-Schreiben „für wahnsinnig kurz.“ Geschäftsführer Holger Catenhusen äußert sich im RTL-Interview klar und deutlich: „Ich halte den ersten Sparkassen-Brief für abenteuerlich.“ Diverse betroffene Mieter stehen bereits mit ihm in Kontakt. Die Potsdamer seien in einem „Verkaufsdeutsch“ und nicht in klaren Worten aufgeklärt worden. „Aus unserer Sicht ist das seitens des Vermieters nicht fair abgelaufen, weil eine merkwürdige Kommunikationsstrategie gefahren wurde“, kritisiert Catenhusen.

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Vermieter äußert sich: „Mit Bedauern wahrgenommen“

Der Vermieter äußert sich auf RTL-Anfrage zu den Vorwürfen. Mit der Mittelbrandenburgischen Sparkasse in Potsdam (MBS) habe man einen sehr erfahrenen und zuverlässigen Partner eingebunden. „Dass es bei Initiierung des Verkaufsprozesses dennoch vereinzelt zu Irritationen gekommen ist, haben wir mit Bedauern wahrgenommen“, erklärt ein Sprecher der aik Immobilien-Investmentgesellschaft

„Wir nehmen das sehr ernst, eine faire und offene Kommunikation hat für uns im Interesse aller Beteiligten eine große Bedeutung“, führt der Sprecher aus und „(...) im Einzelfall kann es dennoch sein, dass die ursprünglich angesetzte Frist für die Kaufentscheidung nicht auskömmlich ist.“ Und: Von festen Reservierungsfristen habe man Abstand genommen.

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Mieter in Angst: Sind die Fristen „nicht fair“, aber rechtens?

Doch wie geht es jetzt für die Mieter weiter - stehen sie bald auf der Straße?

Rechtsanwältin Nicole Mutschke bringt Licht ins Dunkle. Rechtlich sei hier bisher alles einwandfrei abgelaufen. „Der Vermieter kann aktuell beliebig Fristen setzen, weil wir juristisch noch vor dem Vorkaufsrecht stehen. Das Sparkassen-Schreiben sei fein, darüber musste man die Mieter rein rechtlich betrachtet nämlich zu diesem Zeitpunkt noch nicht informieren. „Die Mieter haben erst das Vorkaufsrecht, wenn ein Käufer da ist und eine Mitteilung über das Vorkaufsrecht eingegangen ist“, klärt die Juristin auf.

Anwältin Nicole Mutschke im RTL-Interview.
Rechtsanwältin Nicole Mutschke ordnet den Potsdamer Fall ein.
RTL

Außerdem sei noch gar nicht klar, ob die Familien überhaupt ausziehen müssen, wenn sich Käufer gefunden haben. Das sei sogar eher unwahrscheinlich und rechtlich wenigstens nicht zeitnah möglich.

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Rechtsanwältin mit leichter Entwarnung: „Kauf bricht Miete nicht“

„Wenn sich ein Käufer findet, hat er oft sogar ein Interesse daran, dass die Mieter dort wohnen bleiben. Zudem: Kauf bricht Miete nicht“, erklärt Mutschke grundsätzlich. Es sei rechtlich nicht möglich, die Mieter sofort und ohne Angabe von Gründen zu kündigen. Selbst „Eigenbedarf“ als Grund müsse immer erst begründet werden.

Und selbst nach einer Kündigung seien Fristen einzuhalten. „Wer mehr als acht Jahre zur Miete wohnt, hat eine Kündigungsfrist von neun Monaten“, erklärt die Juristin. So sei es also auch bei Anke Stemmann. Bei einer Mietdauer von fünf bis acht Jahren, wie bei Frau Franke, seien es sechs Monate.

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Mieterinnen kämpfen weiter: „Der Wohnungsmarkt ist übersättigt“

Trotzdem sind die Alleinerziehenden weiterhin verängstigt, was ihr Zukunft angeht.

„Der Wohnungsmarkt ist übersättigt. Selbst, wenn ich jetzt noch ein halbes Jahr hier wohnen kann, habe ich Bedenken, nichts zu finden und auch nach wie vor, dass die Kosten steigen“, ärgert sich Susanne Franke. Sie und ihre Nachbarin Anke Stemmann hoffen weiterhin auf Hilfe, um ihr Schicksal abzuwenden, und werden nicht aufgeben.