Nach zwölf Jahren in der Wohnung

Vorgetäuschter Eigenbedarf? Vermieter will Frau (64) kurz vor der Rente aus der Wohnung schmeißen

Margarita P. im Garten/verwüsteter Garten
Margarita P. (links) wurde wegen Eigenbedarfs gekündigt. Kurz darauf wurde der von ihr liebevoll gepflegte Garten vom Vermieter platt gemacht.
Margarita P. privat/ RTL_Collage
von Madeline Jäger und Vera Dünnwald

Ein Umzug kurz vor der Rente? Ein waschechtes Horror-Szenario!
Mit 500 Euro weniger im Monat eine neue Wohnung finanzieren, die mehr kostet? So hat sich Margarita P. (64) aus Hamburg-Wellingsbüttel ihren Lebensabend nicht vorgestellt. Doch ihr neuer Vermieter macht Ernst, kündigt ihr wegen Eigenbedarfs, macht den angemieteten Garten platt und setzt sie unter Druck, schnell etwas Neues zu finden, wie sie im RTL-Interview beschreibt.
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Mieterin (64) aus Hamburg ist verzweifelt – muss sie wirklich aus der Wohnung raus?

Margarita P. ist die Situation zutiefst unangenehm.

Deswegen will sie auch nicht mit vollem Namen in der Presse erscheinen. Trotzdem möchte sie aber unbedingt auf ein großes Problem aufmerksam machen, das jeden Mieter in Deutschland betreffen kann, sagt sie im RTL-Interview.

„Ich war zwölf Jahre sehr zufrieden, die Miete war mit 418 Euro (plus Nebenkosten) für vierzig Quadratmeter bezahlbar. Wenn ich bald in Rente gehe, habe ich 500 Euro weniger. Und dann muss ich schauen, was ich anmiete, damit ich das noch bezahlen kann“, sorgt sich P., die aktuell noch als Zahntechnikerin tätig ist.

Die Hoffnung, als 64-Jährige nicht ausziehen zu müssen, hat sie noch nicht aufgegeben.

Denn der Vermieter gibt an, mit seiner Ehefrau und den zwei Kindern ins Haus einziehen zu wollen. Doch im Kündigungsschreiben steht: „Wir haben uns entschieden das alte Gebäude, in dem auch Sie wohnen, nicht zu behalten und zu sanieren, sondern es abzureißen und auf dem Grundstück ein neues Einfamilienhaus zu bauen.“

Die Vermutung von Margarita P.: Hier sollen neue Eigentumswohnungen oder ähnliches entstehen – von wegen Eigenbedarf!

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Frau P. (64) schaltet Mieterverein Hamburg ein – erste Kündigung erweist sich als unwirksam

„Seit der Vermieter außerdem zu mir gesagt hat ‚Ich mache Ihnen das Leben zur Hölle', weiß ich, dass etwas nicht stimmt“, sagt P. Doch einen Beweis dafür kann sie RTL derzeit noch nicht vorlegen.

Allerdings glaubt auch der Mieterverein Hamburg, dass es sich hier um einen vorgetäuschten Eigenbedarf handeln könnte.

„Sowohl Frau P., als auch eine Nachbarin aus dem Haus waren bei uns, beide sind ursprünglich auf Eigenbedarf gekündigt worden. Doch dabei gab es von Anfang an Unstimmigkeiten. Die erste Kündigung war zum Beispiel formell unwirksam“, erklärt Juristin Jasmin Renke vom Mieterverein im Interview.

Der Grund: Der neue Eigentümer sei zum Zeitpunkt der Kündigung noch nicht im Grundbuch eingetragen gewesen. Daher hätte er auch noch keine Kündigungen aussprechen können.

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Garten im Vorher-Nachher-Vergleich
Garten im Vorher-Nachher-Vergleich: „Der Garten wurde platt gemacht. Unabhängig davon, was Frau P. dort gepflanzt hat. Selbst der zwei Meter hohe Apfelbaum wurde entfernt. Es wirkt, als ob man etwas demonstrieren wollte. Die Rodung wurde zwar angekündigt, aber leider sehr kurzfristig“, kritisiert der Mieterverein.
Margarita P. privat
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Mieterverein: „Fraglich ist immer noch, ob Eigenbedarf vorliegt“

Doch die aktuelle Kündigung vom ersten September 2023 sei nun wohl formell wirksam.

„Fraglich ist jedoch immer noch, ob Eigenbedarf vorliegt. Die Vermieterseite wollte zuerst selbst einziehen, doch jetzt wollen sie das Haus abreißen und erst dann in einen Neubau an selber Stelle einziehen“, führt die Juristin aus.

Ihrer Erfahrung nach sei das kein Szenario, das besonders häufig vorkommt. Die Gespräche von Vermieterseite mit Frau P. seien außerdem sehr vorwurfsvoll abgelaufen. Man habe sie ungefragt mit Wohnungsangeboten überhäuft und unter Druck gesetzt. Zudem sei die Rodungsaktion des Gartens, den Frau P. jahrelang liebevoll gepflegt hat, ominös abgelaufen.

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Eure Meinung ist uns wichtig:

Mieterverein Hamburg: „Niemand sollte seine Kündigung ungeprüft hinnehmen“

Insgesamt versuche der Vermieter ihrem Eindruck nach seitdem, eine unangenehme Wohnsituation zu schaffen!

Der nächste Schritt sei nun, für Frau P. einen Härtefall-Widerspruch zu erheben. Dann sei abzuwarten, wie sich die Vermieterseite verhält. Geht es vor Gericht, muss der der Richter dann das Bestehen des Eigenbedarfs klären. Doch zunächst läuft die gesetzte Räumungsfrist bis Mai 2024. Erst dann entscheidet die Mieterin, ob sie der Aufforderung der Vermieterseite Folge leisten wird.

Insgesamt hofft die Rechtsberaterin, dass sich andere Mieter ein Beispiel an Frau P. nehmen. „Niemand sollte seine Kündigung ungeprüft hinnehmen. Gerade in Zeiten knappen Wohnraums lohnt die Beratung im Mieterverein“, rät die Rechtsexpertin.

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Eigenbedarf ja oder nein? Was der Vermieter zu den Vorwürfen sagt

Über einen Anwalt streitet der Vermieter von Margarita P. die Vorwürfe allesamt rigoros ab!

„Unser Mandant hat Frau P. zu keinem Zeitpunkt unter Druck gesetzt, die behauptete Ankündigung „ich mache Ihnen das Leben zur Hölle“ hat es nicht gegeben. Richtig ist, dass Herr Z. Frau P. nach der (ersten) Kündigung Mietangebote zur Verfügung gestellt hat, um ihr bei der Suche nach einer Ersatzwohnung zu helfen“, erklärt Rechtsanwalt Bernd Rodewoldt auf RTL-Anfrage.

Und: „Die genannten Rodungsarbeiten auf dem Gartengelände hat Herr Z. rechtzeitig, nämlich circa zehn Tage vor der Maßnahme, angekündigt.“

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Vermieter bleibt hart: „Es besteht keine Möglichkeit, dass Frau P. wohnen bleibt“

„Frau P. stehen selbstverständlich weiterhin 40 Quadratmeter Garten zur Verfügung. Die Behauptung einer Verwüstung ist falsch.“

Auch den Vorwurf des vorgeschobenen Eigenbedarfs weist der Jurist weit von seinem Mandanten. Viel mehr würde hier eine „wirtschaftliche Verwertung“ vorliegen. Damit das Haus energetischen Standards entsprechen kann, müsse es eben abgerissen werden – das gute Recht eines jeden Eigentümers.

„Aus Vorstehendem ergibt sich bereits, dass keine Möglichkeit besteht, dass Frau P. wohnen bleibt“, bekräftigt der Anwalt.

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Muss Frau P. ausziehen? „Werde als Rentnerin wahrscheinlich aufstocken müssen“

Margarita P. ist mittlerweile die letzte von den drei Mietern, die noch im Haus wohnten. Wenn sie wirklich ausziehen muss, wird es für sie finanziell eng.

„Ich werde als Rentnerin wahrscheinlich aufstocken müssen und Mietzuschuss beantragen, wenn ich mir den Hamburger Wohnungsmarkt so anschaue“, befürchtet sie. Jetzt will sie jedoch erst einmal weiterkämpfen und anderen Mietern Mut machen, sich nicht so einfach vertreiben zu lassen, vor allem, wenn Zweifel am Eigenbedarf des Vermieters aufkommen.