Von den Schulhöfen sind sie nicht mehr wegzudenkenMega Hype um Juicy Bombs – doch ein Kinderarzt warnt!

Kinder stehen gerade total auf die Lipglosse, die auf den Namen „Juicy Bomb” hören.
Kinder stehen gerade total auf die Lipglosse, die auf den Namen „Juicy Bomb” hören.
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Der Hype war noch nie so groß!
„Juicy Bombs” sind derzeit DER Hit auf den Schulhöfen. Die kleinen Lipglosse sind nicht nur richtig schön glänzend, sondern riechen obendrein nach Schoko, Bubble Gum und Co. Doch sind die Glosse so harmlos, wie sie auf den ersten Blick wirken? Wir haben bei einem Kinderarzt nachgefragt.

Schoko, Wassermelone oder Bubble Gum: Was, wenn Kinder „Juicy Bombs” verschlucken?

Die Kosmetikmarke Essence hat mit ihren „Juicy Bombs” wahrlich einen nie dagewesenen Hype ausgelöst. Kinder lassen in den Drogerien beinahe ihr ganzes Taschengeld, um sich mit den neuesten Sorten auszustatten. Bei so ausgefallenen Duftrichtungen wie Schoko, Wassermelone oder Bubble Gum ist ja auch wirklich für jeden etwas dabei.

Doch bei so verführerisch klingenden Sorten ist es nicht verwunderlich, wenn Kinder der Versuchung nicht widerstehen können und den Lipgloss, der eigentlich nur zum Auftragen auf die Lippen gedacht ist, auch einmal ablecken und probieren. Genau das könnte laut dem Düsseldorfer Kinderarzt Dr. Nibras Naami aber verschiedene negative Folgen haben, wie er im RTL-Interview erklärt.

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Kinderarzt warnt vor Lippenleckekzem und allergischen Reaktionen

Zum einen warnt Dr. Naami vor sogenannten Lippenleckekzemen. Also „einer durch Speichel verursachten Reizdermatitis”. Zum anderen könne „der regelmäßige Kontakt mit süß duftender Kosmetik die natürliche Geschmackswahrnehmung verändern”. Die Folge könnte sein, dass „langfristig eine Vorliebe für stark aromatisierte Produkte” entsteht.

Doch das ist noch lange nicht alles. „Im Vergleich zu Erwachsenen ist die kindliche Haut an den Lippen empfindlicher”, erklärt der Kinderarzt weiter. Beispielsweise sei die Lippenhaut noch nicht so ausgeprägt und die Hornhaut „lockerer organisiert” als im Erwachsenenalter, was es Schadstoffen leichter mache, in die Haut einzudringen. Zudem sei dadurch „die Sensitivität gegenüber potenziell allergenen Substanzen” erhöht.

Auch wenn die Duftstoffe, die in Produkten wie Juicy Bombs verwendet werden, für Kosmetika zugelassen seien, könnten sie „bei empfindlichen Personen (wie z. B. Kindern) allergische Reaktionen auslösen”.

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„Juicy Bombs” enthalten Titandioxid: Auch Öko-Test sieht den Stoff kritisch

Besonders einen Inhaltsstoff sieht Dr. Naami kritisch: Titandioxid. Dieser sei „in vielen Produkten als Farbstoff enthalten”. Doch was macht ihn so problematisch?

Der Experte erklärt: „Die Europäische Lebensmittelsicherheitsbehörde (EFSA) hat es 2022 als Zusatzstoff in Lebensmitteln verboten, weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass es das Erbgut schädigt, wenn es verschluckt wird.” Und auch Ökotest steht Titandioxid kritisch gegenüber und stufe „verschluckbare Kosmetik”, in der der Stoff enthalten ist, ab. Der Grund: Studien hätten gezeigt, „dass größere Mengen von TiO₂ in Nanoform Entzündungen im Darm verstärken könnten“.

Nun könnte man sich fragen, wer schon Kosmetika verschluckt. Doch: Der EU-Ausschuss für Verbrauchersicherheit (SCCS) habe berechnet, dass täglich zwangsläufig bis zu 57 Milligramm Lippenpflegeprodukte verschluckt werden. Und insbesondere Kinder fühlen sich laut Dr. Naami „durch den fruchtigen Geschmack häufiger dazu animiert [...], ihre Lippen abzulecken”.

Essence stuft Menge von Titandioxid „als gesundheitlich unbedenklich” ein

Ein Kinderarzt und auch Öko-Test warnt also vor Produkten, die Titandioxid enthalten. Was sagt der „Juicy Bomb”-Hersteller Essence dazu?

Auf Anfrage erklärt man uns: „Wir nehmen die kritische Bewertung von Inhaltsstoffen, die wir in unseren Produkten verwenden, sehr ernst.” Und man wähle „alle Inhaltsstoffe mit größter Sorgfalt und auf Basis aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse aus”. Vor Markteinführung werde jedes Produkt einer Sicherheitsbewertung unterzogen. Dabei werde „jeder einzelne Stoff im Hinblick auf sein toxikologisches Profil, der Einsatzkonzentration und möglichen Wirkung im menschlichen Körper genaustens geprüft”.

In Bezug auf Titandioxid erklärt man uns: „Titandioxid ist ein von der EU für kosmetische Produkte zugelassener und wissenschaftlich bewerteter Inhaltsstoff.” Und weiter: „Stoffe, die in anderen Bereichen kritisch sein können, sind in Kosmetika in den erlaubten Konzentrationen sicher und unbedenklich.” Titandioxid erfülle wichtige Funktionen „etwa als Pigment oder UV-Filter” und eine gleichwertige Alternative gebe es derzeit nicht.

Man erklärt, dass die Konzentration des Stoffes beispielsweise im „Juicy Bomb Shine Lipgloss 104 Poppin’ Pomegranate” „bei gerade mal 0,01 Prozent” liege. „Selbst wenn man unterstellt, dass die gesamte Produktmenge verschluckt würde, wäre die orale Aufnahmemenge immer noch so gering, dass sie als gesundheitlich unbedenklich einzustufen ist”, versichert das Unternehmen.

Welche Lippenpflege für Kinder? Dr. Naami empfiehlt „einfache Rezepturen mit bewährten Inhaltsstoffen”

Kinderarzt Dr. Naami empfiehlt dennoch „auf problematische Farbpigmente wie Titandioxid” vollständig zu verzichten. Stattdessen sollten Kinder zu Lippenprodukten greifen, die „bestimmte Anforderungen erfüllen”. Sie sollten demnach frei von Parfum, „oder zumindest nur mit sehr milden, natürlichen Duftstoffen versehen” sein.

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Für Kinder eignen sich seiner Ansicht nach am besten „einfache Rezepturen mit bewährten Inhaltsstoffen wie Bienenwachs, Sheabutter oder Panthenol”. Sie würden gleichermaßen zuverlässig pflegen und ein geringes Risiko für Reizungen bergen. Wenn es die mit Glitzer und in bunten Tuben geben würde, könnte man die Kids ja ganz vielleicht auch davon überzeugen.

Verwendete Quellen: eigene RTL-Recherche, Öko-Test