Jung, kriminell und straffrei?
Immer mehr Straftaten! Sollten Kinder unter 14 belangt werden?
Die Zahl der Fälle steigt!
Kinder, die Gleichaltrige schwer verletzen oder gar töten, die Autos stehlen oder Einbrüche begehen: Die Polizei sieht mit Sorge, dass Zehn- bis 13-Jährige immer mehr Straftaten begehen. Sollte Deutschland härter und früher durchgreifen? Im Video haben wir uns intensiv mit dem Thema beschäftigt.
„Es geht nicht darum, Kinder in den Knast zu schicken”
Wer unter 14 Jahre alt ist, ist nach deutschem Recht strafunmündig. Das heißt: Trotz krimineller Handlungen gibt es keine strafrechtlichen Konsequenzen wie Geldstrafen, Bewährungsstrafen oder Haft. Diese Altersgrenze ist in der Diskussion.
Denn die Zahl solcher Fälle steigt. Im Jahr 2022 gab es laut Polizei bundesweit 93.000 Tatverdächtige unter 14 Jahren, 2023 waren es 104.000 - zwölf Prozent mehr. Dabei geht es nicht nur um Ladendiebstähle oder kleine Schlägereien, sondern auch um schwere Verbrechen. 2023 ermorden zwei Mädchen - zwölf und 13 Jahre alt - in Freudenberg ihre Mitschülerin Luise. Und im April soll ein 13-Jähriger in Dortmund einen Obdachlosen erschossen haben.
Wir sprechen darüber mit Falko Liecke (CDU), Staatssekretär für Jugend und Familie. Er sagt: Strafmündigkeit ab 14 ist nicht mehr zeitgemäß.
„Es geht nicht darum, Kinder in den Knast zu schicken, das ist ein beliebtes Gegenargument, aber das ist Quatsch”, sagt er im Interview mit RTL, „sondern es geht darum, mit dem Jugendstrafrecht frühzeitig einzugreifen.” Vor allem sozialpädagogisch, so der Staatssekretär, in enger Abstimmung mit der Polizei. Es gehe um Gefährderansprachen und um Normen verdeutlichende Ansprachen, um die Konsequenzen solcher Taten deutlich zu machen.
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Sozialstunden, Schmerzensgeld für die Opfer oder Anti-Gewalt-Trainings - das könnten die Gerichte zunächst anordnen, sagt Falko Liecke. Später und im Extremfall auch Haft. Doch lassen sich jugendliche Täter damit wirklich von Straftaten abhalten?
Stimmt ab!
Die Ergebnisse der Umfrage sind nicht repräsentativ.
Haftregelungen für Jugendliche in anderen Ländern
Wie gehen andere Länder mit Kindern als Täter um? Fast überall in Europa liegt die Strafmündigkeit bei 14 oder 15 Jahren, in Luxemburg, Polen und Bulgarien bei 17 beziehungsweise 18 Jahren. In den Niederlanden dagegen können schon Zwölfjährige vor Gericht landen, in England und Wales sogar Zehnjährige.
Studien zeigen aber auch: Durch Gefängnis entkommt kaum jemand der Kriminalität.
Das sieht auch Martina Flade so. Sie ist Jugendrichterin im sächsischen Chemnitz. Sie sagt, Jugendliche seien heute zwar körperlich früher reif, im Strafrecht komme es aber auf die geistige und soziale Entwicklung an. Und da seien Zwölf- und 13-Jährige oft noch Kinder. Außerdem könnten die Behörden auch in diesem Alter schon eingreifen.
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„Der Laie geht oft davon aus, dass ein Kind eine Straftat begeht und dann ohne weitere Konsequenzen davonkommt”, erzählt sie im Gespräch mit RTL. „Das ist aber bei gemeingefährlichen Tätern nicht so.” Auch bei Kindern komme als letztes Mittel eine Unterbringung in einer Anstalt oder eine Heimerziehung in Betracht. Den Eltern könne zudem das Sorgerecht entzogen und die Kinder vom Familiengericht zur Zusammenarbeit mit dem Jugendamt verpflichtet werden. (ija)