„Baby’s first Hibachi”

Stress und Angststörungen! Psychologe warnt vor neuem TikTok-Trend

Ein neuer TikTok-Trend nennt sich „Baby’s first Hibachi”.
Beim japanischen Hibachi werden Speisen vor den Augen der Gäste zubereitet – Stichflammen inklusive.
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Sind diesen Eltern Klicks wichtiger als das eigene Kind?
Seit einigen Wochen trenden auf TikTok Videos, in denen Kleinkinder von ihren Eltern absichtlich in Angst und Schrecken versetzt werden. Der Trend nennt sich „Baby’s first Hibachi”, also „Babys erstes Hibachi”. Was genau steckt dahinter? Und wie gefährlich ist der Trend für die Kinder?

„Baby’s first Hibachi” – was steckt hinter dem neuen TikTok-Trend?

Um zu verstehen, worum es bei dem neuesten TikTok-Trend genau geht, muss man wissen, was Hibachi eigentlich ist. Dabei handelt es sich um eine bestimmte Art der Essenszubereitung aus der japanischen Küche. Bei Hibachi werden die Speisen vor den Augen der Restaurantgäste auf einer offenen Grillplatte zubereitet. Teil der Show sind plötzlich auftretende, große Flammen.

Und genau um die geht es bei dem TikTok-Trend „Baby’s first Hibachi”. Eltern richten die Kamera auf ihr Kleinkind und warten gespannt darauf, wie es auf das plötzliche Feuer reagiert. In etlichen TikTok-Videos ist zu sehen, wie Kinder zunächst ganz gespannt mit großen Augen der Koch-Show folgen. Doch sobald die Stichflamme erscheint, brechen sie vor lauter Angst und Schrecken in Tränen aus und fangen an zu schreien.

Die Eltern freuen sich und lachen in die Kamera, denn genau auf diese Reaktion haben sie gehofft – um sie später auf Social Media posten und Teil des neuen Trends sein zu können.

Wie gefährlich ist der Trend „Baby’s first Hibachi” für Kinder?

Ob sich diese Eltern darüber bewusst sind, was sie ihren Kindern da eigentlich antun? Psychologe Michael Thiel hat im RTL-Interview verraten, welche schlimmen Auswirkungen solch ein Verhalten der eigenen Eltern auf Kinder haben kann.

Psychologe Michael Thiel.
Psychologe Michael Thiel erklärt, welche schlimmen Auswirkungen der neue TikTok-Trend auf Kinder haben kann. (Archivbild)
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Um diese nachvollziehen zu können, muss man erst einmal verstehen, in welcher Entwicklungsphase sich die betroffenen Kinder überhaupt befinden. Psychologe Thiel erklärt: „Kleinkinder sind in dieser Phase ihrer Entwicklung besonders sensibel für emotionale Signale von Bezugspersonen.” Bedeutet: „Sie orientieren sich an den Reaktionen ihrer Eltern, um einzuschätzen, ob eine Situation sicher oder gefährlich ist.”

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Nehme ein Kind nun wahr, dass seine Eltern lachen, während es selbst erschreckt und weint, könne das zu Verwirrung führen: „Einerseits fühlt das Kind Angst, andererseits signalisiert das Verhalten der Eltern, dass diese Angst nicht ernst genommen wird”. Komme es sogar wiederholt zu derartigen Situationen, könnte das langfristig dazu führen, dass das Kind seinen eigenen Instinkten weniger vertraut.

Doch nicht nur das Vertrauen in die eigenen Gefühle könne unter derartigen Aktionen leiden, sondern auch die Beziehung zu den Eltern. Michael Thiel erklärt, es „könnten sich Gefühle von Unsicherheit oder Kontrollverlust verstärken, wenn das Kind merkt, dass seine Eltern eine Situation nicht abmildern, sondern sogar aktiv herbeiführen”. Im schlimmsten Fall könne es langfristig sogar zu einer erhöhten Stressanfälligkeit oder sogar zu Angststörungen kommen.

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„Baby’s first Hibachi”-Trend wirft „einige psychologische und ethische Fragen auf”

Und was sagt ein solches Verhalten über die Eltern aus?

Tatsächlich deute „die Tatsache, dass diese Videos online gestellt werden” laut Michael Thiel darauf hin, „dass den Eltern die Reaktionen im Netz (Likes, Kommentare, virale Aufmerksamkeit) wichtiger sein könnten als das Wohlbefinden ihres Kindes”. Der Psychologe erkennt darin einen „wirklich besorgniserregenden Trend” – „wenn die Kamera wichtiger wird als das Kind, haben wir ein richtiges Problem”, mahnt er.

Dass Eltern ihre Kinder bewusst einer angsteinflößenden Situation aussetzen und auch noch darüber lachen, könne außerdem auf mangelndes Einfühlungsvermögen zurückzuführen sein. „Eltern, die bewusst eine angsteinflößende Situation herbeiführen und die Reaktion ihres Kindes belächeln, zeigen wenig Empathie”, erklärt der Psychologe. „Sie nehmen die Gefühle ihres Kindes nicht ernst, sondern instrumentalisieren sie für Unterhaltung.”

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Es sei aber auch möglich, dass sich einige Eltern schlicht nicht darüber bewusst sind, wias sie ihrem Kind da eigentlich antun. „Vielleicht denken sie, dass es harmlos ist, weil sie selbst die Situation als lustig empfinden.”

Was auch immer Eltern zu einem solchen Verhalten führt: Alles in allem werfe dieser Trend in den Augen des Psychologen „einige psychologische und ethische Fragen auf”.