RTL hat sich den Zeckendreher genauer angeschautDrehen, statt ziehen - entfernen wir bald auf diese Weise Zecken?

Es klingt zu einfach, um wahr zu sein.
Eine Gruppe Hobbyforscher aus Nordbayern hat einen neuen Zeckenstift erfunden. Mit dem sogenannten Zeckendreher werden die Parasiten nicht einfach aus der Haut gezogen, sondern gedreht. Sie behaupten: Wir haben Zecken bislang falsch entfernt. Doch stimmt das? RTL hat nachgehakt.
Übrigens: Der Stift soll angeblich sogar bei Hunden mit langem Fell funktionieren, wie ihr oben im Video seht.

Wie soll eine Zecke überhaupt entfernt werden?

Alles begann, wenig überraschend, mit einer Zecke. 2018 wird die Tochter von Isabell Stehr von einer gestochen. Als die Familie den winzigen, kleinen Punkt mit einer Pinzette entfernt, reißt die Zecke ab. Wenig später entzündet sich die Wunde. Die Familie fragt sich: Muss das sein? Abgesehen davon, dass die Entfernung einer Zecke auch mal wehtun kann, müssen doch auch Laien in der Lage sein, Zecken zu entfernen, ohne dass sie abreißen.

Lese-Tipp: Parasiten-Alarm: Experten warnen schon jetzt vor Zecken - wie ihr euch schützt

Vorab: Das Robert Koch-Institut (RKI) empfiehlt, genau das, was auch Sterhs getan haben, nämlich die Zecke mit einer Pinzette oder einem speziellen Zeckenentfernungsinstrument herauszuziehen. „Hierzu greift man die Zecke nahe an der Hautoberfläche, also an ihren Mundwerkzeugen und zieht sie langsam aus der Haut“, heißt es auf der Webseite des Instituts.

Das Wichtigste sei, die Zecke nicht zu quetschen, bestätigt auch Sonja Münch von der Informationsplattform zecken.de auf RTL Anfrage. „Durch ein Quetschen der Zecke kann es passieren, dass sie (weitere) Krankheitserreger in die Wunde überträgt“, sagt sie. Wer eine saugende Zecke entdecke, solle sie daher vorsichtig mit einer Pinzette, Zeckenkarte oder Zeckenzange entfernen.

Bildnummer: 51941874  Datum: 22.05.2005  Copyright: imago/Niehoff
Zecke (Ixodida) wird entfernt, Objekte , Tiere; 2007, Symbolfoto, Zecken, Zeckenzange, Zeckenzangen, Zangen, Zangen, Entfernung, entfernen, Zeckenentfernung, Beseitigen, Zeckenbeseitigung, Zeckenbiss, Zeckenbisse, Insekt, Insekten, Studioaufnahme , Wirbellose; , quer, Kbdig, Einzelbild, Deutschland,  , Gesundheit
Zecken kann man auch mit einem Zeckengreifer entfernen.
imago

Neue Behauptung: Zecken sollten nicht gezogen, sondern gedreht werden

„Das funktioniert so überhaupt nicht“, behauptet jedoch Rechtsanwalt Oliver Heinekamp im Gespräch mit RTL. „Die Zecke taucht in den Wirt ein und ist mit einer Pinzette nicht zu greifen.“ Auch andere Instrumente seien viel zu groß. Der Körper werde automatisch gequetscht. Deshalb habe er zusammen mit der Familie Stehr und dem Ingenieur Andras Zapf den sogenannten Zeckendreher erfunden. Denn: „Zecken drehen sich aus ihrem Wirt heraus“, so Heinekamp.

Lese-Tipp: Vierfach-Mutter gelähmt und fast gestorben - wegen einer Zecke!

Jahrelang hat die Gruppe für ihre Theorie hunderte Zecken beobachtet, wie sie sich selbst aus der Haut lösen. Je nach Größe und Entwicklung brauchen manche Zecken etwas länger, um sich herauszudrehen, erklärt Heinekamp. „Aber keine Zecke hat ihren Stechrüssel einfach herausgezogen.“ Das gehe auch gar nicht, führt er aus, denn der Rüssel sei mit kleinen, haifischzahnartigen Widerhaken versehen, wie bei einem Dübel. Und den kann man bekanntlich auch nicht so einfach aus der Wand ziehen.

Anzeige:
Empfehlungen unserer Partner

Drehen sich Zecken wirklich aus ihrem Wirt heraus?

Der Zeckendreher setzt bei dieser offenbar natürlichen Bewegung der Zecke an. Der Stift hat einen Pinselaufsatz, der hohl ist und über die Zecke gestülpt wird. Sobald der Pinsel rotiert, verfängt sich die Zecke in den Härchen und wird rausgedreht. „Manchmal klappt es nicht auf Anhieb, aber dann beim zweiten oder dritten Mal.“

Selbst Kinder sollen den Zeckendreher ganz einfach benutzen können. Das suggerieren Videos der Erfinder auf YouTube. Demnach sei auch langes Tierfell kein Problem für das Gerät.

Lese-Tipp: Riesen-Zecke Hyalomma beißt wieder zu

Collage Zecke in Wirt und ihr Stechrüssel
Heinekamp und sein Team sagen, dass die Zecke in den Wirt eintaucht und sich dort nur durch Herausdrehen wieder lösen kann. Ihr Stechrüssel (rechts) ist nämlich von haifischzahnartigen Widerhaken übersät. (Collage)
privat/strucTEM.de Mikroskop

Zecken-Expertin betont: Entscheidend ist, WANN die Zecke entfernt wird

Heißt das, wir haben Zecken bisher immer falsch entfernt? Nein, sagt Münch. „Bei der Zeckenentfernung ist es wichtig, den Parasiten möglichst hautnah zu greifen, um ihn vollständig zu entfernen“, sagt sie. Das funktioniere in der Regel mit feineren Werkzeugen, wie Pinzetten, besonders gut.

„Aber auch die Zeckenkarte, die Zeckenzange oder im Notfall auch die eigenen Fingernägel sind nicht zu groß und für die Entfernung geeignet.“ Entscheidend sei es, den Blutsauger möglichst schnell zu entfernen, um zum Beispiel einer Infektion mit Borrelien vorzubeugen.

Eure Meinung interessiert uns!

„Wir wollen niemanden vor den Kopf stoßen“

Nichtsdestotrotz wollen Heinekampf und seine Kollegen den Zeckendreher nun nach Jahren der Vorbereitung bekannt machen. Sie haben ihn bereits auf dem Zeckenkongress der Universität Hohenheim vorgestellt und Kontakt zum RKI und der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) aufgenommen, um ihre Forschungsergebnisse zu teilen.

Außerdem arbeitet das Team an einer wissenschaftlichen Arbeit, die im Sommer veröffentlicht werden soll. „Wir wollen niemanden vor den Kopf stoßen“, sagt Heinekamp deutlich. Er sagt aber auch: Die Empfehlung zur Zeckenentfernung müsse überarbeitet werden.

Lese-Tipp: Borreliose nach Zeckenbiss? Doc Fleck erklärt, was Sie wissen sollten

RTL hat die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung mit dieser Aufforderung konfrontiert. Als Antwort heißt es, dass die „Informationen des RKI und des BZgA eine gewisse Verlässlichkeit“ haben, was die richtige Entfernung der Zecke angehe.

Grundsätzlich empfiehlt sich sowieso, einen Zeckenbiss komplett zu vermeiden. Das BZgA rät hier zum einen langärmlige Kleidung und feste Schuhe, wenn man zum Beispiel im Gras unterwegs ist. Außerdem helfe ein Blick in die aktuelle Karte der FSME-Risikogebiete und eine Impfung gegen die Infektionskrankheit, so die Sprecherin. Dann lässt sich eine Entfernung umgehen – ob nun mit herkömmlichen Methoden oder mit Zeckendreher.