Hättet ihr das gedacht?Auf die Körperhaltung kommt’s an: Wie Schmerzmittel schneller wirken

Antibiotika sollte man so lange einnehmen, wie Arzt oder Ärztin sie verordnet haben.
Im Sitzen, im Liegen, im Stehen – je nachdem, in welcher Position wir Medikamente einnehmen, wirken sie besser.
Christin Klose/dpa-tmn

Sag mir, wie du liegst und ich sage dir, wie schnell die Tablette wirkt!
Kopfschmerzen, Durchfall, Magengrummeln? Bevor ihr dagegen Medikamente einnehmt, solltet ihr kurz darüber nachdenken, wie schnell die Pille wirken soll. Denn: Für eine schnelle Wirkung ist die Körperhaltung entscheidend!

Körperhaltung beeinflusst Wirkung von Medikamenten

Eigentlich brauchen Schmerzmittel in Tablettenform etwa 15 bis 30 Minuten, bis sie in unserem Körper wirken. Doch nicht nur die Art und Weise, wie wir die Medikamente einnehmen, beeinflusst die Wirkzeit. Auch unsere Körperhaltung spielt dabei eine wichtige Rolle! Das fanden Forscher der Johns Hopkins Universität in Baltimore, USA, in einer Studie im Jahr 2022 heraus.

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Die normale, gängigste und einfachste Methode, ein Medikament einzunehmen, ist, es zu schlucken. Dabei denkt man wohl nicht groß darüber nach, ob man die Pille oder das Dragee am besten stehend oder auf der rechten oder linken Seite liegend einnimmt. Doch soll das Medikament so schnell wie möglich wirken, solle man darauf achten, empfehlen die Forscher.

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Forscher überrascht von Ergebnissen

Die Wissenschaftler fanden Folgendes heraus: Schluckt man ein Medikament auf der rechten Seite liegend, hilft die Schwerkraft dabei, die Pille zum tiefsten Punkt des Magens zu transportieren. Hier, im sogenannten Antrum pyloricum, lösten sich die Pillen in ungefähr zehn Minuten auf.

Im Gegensatz dazu brauchten die Pillen beim Schlucken im Stehen oder flach, gerade auf dem Rücke liegend, schon rund 23 Minuten. Beim Liegen auf der linken Seite dauerte es mit mehr als 100 Minuten bis zu zehn Mal länger als auf der rechten Seite.

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„Wir waren sehr überrascht darüber, wie sehr die Körperhaltung die Wirksamkeit von Medikamenten beeinflusst“, sagt Rajat Mittal, Mitautor der Studie. „Ich habe früher nie darüber nachgedacht, ob ich eine Tablette richtig oder falsch einnehmen kann. Aber jetzt werde ich definitiv darüber nachdenken, jedes Mal, wenn ich eine Tablette nehmen muss.“

Neuartiges Computerprogramm simuliert Weg des Medikaments durch den Körper

Das Schlucken eines Medikaments ist ein sehr komplexer Vorgang. Und wie schnell die Wirkstoffe den Weg von der Einnahme bis zum Verdauungstrakt zurücklegen, hängt von vielen Faktoren ab. Die richtige Körperhaltung beschleunigt den Wissenschaftlern zufolge die Wirkung des Medikaments.

„Die Bewegungen der Magenwände und wie sich der Inhalt des Magens mit bewegt, bestimmen die Geschwindigkeit, mit der sich das Medikament auflöst“, sagt Rajat Mittal in einer Pressemitteilung der Johns Hopkins University.

Die Körperhaltung beeinflusst wie schnell Medikamente wirken.
Das Diagramm zeigt die Ursprungsposition des Magens im Körper. Daneben die angenommenen Positionen des Magens, unter Einbeziehung der verschiedenen Richtungen der Schwerkraft, die der Studie zugrunde liegen.
Rajat Mittal

Um den Effekt der Körperhaltung und Magenbewegungen auf die Fähigkeit des Körpers, ein Medikament zu absorbieren, zu erforschen, nutzten die Forscher eine neuartige Computersimulation (StomachSim). Mithilfe dieses Programms konnten sie nachweisen, wie lange sich ein Medikament im Körper aufhält. Die Computersimulation bildet die Magenform und Schleimhautbeschaffenheit nach und simuliert zusätzlich die typischen Kontraktionen des Magens und die Strömungen des Magensaftes.

Was passiert mit der Pille, wenn sie im Magen ankommt?

Mit dem Schlucken des Medikaments beginnt sein überaus komplexer Weg, bis es sich schließlich im Verdauungstrakt auflöst. Im Magen werden dann die Inhaltsstoffe des Medikaments in den Verdauungstrakt weitergeleitet. Hier löst sich die Pille auf und die Wirkstoffe werden vom Körper absorbiert. Erst jetzt setzt ihre Wirkung ein. Der Bewegungsablauf bis die Pille dorthin gelangt, ist sehr komplex, weil der Magen asymmetrisch ist.

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„Es ist überraschend, wie komplex der Vorgang der oralen Medikamentenaufnahme ist, wenn man bedenkt, dass es die am meisten verwendete Art ist. Wenn die Tablette den Magen erreicht, bestimmen die Bewegungen der Magenwände und das Fließen des Mageninhalts die Geschwindigkeit, in der sich das Medikament auflöst und so seine Wirkung entfalten. Die Eigenschaften der Pille und der Mageninhalt spielen ebenso eine große Rolle“, erklärt Mittal.

Bislang sei erst wenig erforscht gewesen, was genau mit dem Medikament auf dem Weg zur vollständigen Auflösung passiert. Dabei wäre es sehr wichtig zu wissen, gerade für Menschen, die Medikamente beispielsweise bei Magenproblemen wie Gastroparese einnehmen, einer Magenkrankheit, bei der die Nahrung langsamer als normal verdaut wird.

„Die Simulationen zeigen, dass Veränderungen in der Körperhaltung einen signifikanten Einfluss – bis zu 83 Prozent – darauf haben, in welcher Geschwindigkeit die Wirkstoffe in den Zwölffingerdarm gelangen“, schreiben die Forscher.

Wichtige Erkenntnis für Schmerz- und Notfallpatienten

Für Menschen, die Schmerztabletten oder Notfallmedikamente schlucken, können diese Erkenntnisse wesentlich dazu beitragen, die Beschwerden zu lindern und die Zeit zum Wirkungseintritt verkürzen. Und: „Gerade für ältere Menschen, die wenig mobil oder sogar bettlägerig sind, kann die richtige Seitenlage demnach eine erhebliche Bedeutung haben,“ sagt Mittal. (psc)