Virologe klärt auf
Corona und Grippe: Droht uns mit der Twindemie jetzt die Doppelwelle?
Die Erkältungssaison hat begonnen, viele Menschen bleiben wegen Atemwegserkrankungen zu Hause. Ein Begriff, der in dem Zusammenhang auch immer wieder fällt, ist der Begriff der Twindemie – einer Zusammensetzung aus Twin (englisch für Zwilling) und Pandemie. Wie Experten die Lage einschätzen, sehen Sie oben im Video.
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Deutlich mehr Krankschreibungen wegen Atemwegsbeschwerden
Eine aktuelle Auswertung der Barmer-Krankenkasse zeigt, dass sich die Krankschreibungen wegen Atemwegserkrankungen seit Anfang September mehr als verdoppelt haben – auch Kinder sind aktuell sehr stark von Erkältungssymptomen geplagt. Vor allem im medizinischen Bereich ist die Angst vor Ausfällen und damit Engpässen in der Patientenversorgung groß. Erste Kliniken denken bereits über Besuchsverbote nach.
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Auch der Kieler Hausarzt Dr. Christian Feddern klagt: „Die Belastung in den Praxen ist zurzeit groß, wir haben selbst Personal, das erkrankt ist und damit noch weniger Möglichkeiten, Patienten zeitgerecht versorgen zu können.“ Es werde alles getan, um die ambulante Versorgung aufrechtzuerhalten, aber der Druck im System sei immens hoch. Aber liegt das denn ausschließlich an der aktuell viel zitierten Twindemie?
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Virologe: Problem jetzt aber nicht gleich doppelt so groß

Der Kieler Virologe Professor Helmut Fickenscher entkräftet die Befürchtungen: „Hübsche neue Begriffe neigen dazu, die Dramatisierung zu intensivieren“, sagt er uns. „Man stellt sich vor, es sei dann eine doppelte Pandemie, aber damit ist gemeint, dass wir eben unter anderem mit Sars-Cov-2, mit Grippevirus und auch mit vielen anderen Erregern leben müssen.“ Deshalb sei das Problem aber nicht gleich doppelt so groß.
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Denn: „Wir haben noch viele andere Erreger, die einen grippalen Infekt hervorrufen können, und das sollte man auch wesentlich entspannter sehen.“ Nach wie vor gelte: Bei einer schweren Erkrankung, bei einer symptomatischen akuten Erkrankung sollte man zu Hause bleiben und ansonsten ist das ein normales Lebensrisiko.
Personal darf wegen Isolierung nicht arbeiten: Restriktive Haltung in Deutschland sehr einzigartig
In den Krankenhäusern spiele eine deutliche Rolle, dass viel Personal nicht arbeiten darf - aufgrund der Isolierung. An den Vorschriften gebe es daher derzeit viel Kritik. Denn: Die stark restriktive Haltung in Deutschland ist im Vergleich zu Europa sehr einzigartig. Wesentlich stärker restriktiv noch sei sie in China, wo man immer noch glaube, das Virus einsperren zu können. Kein Vorbild für den Virologen. "Eine Weiterentwicklung der entsprechenden Vorschriften ist aber offenbar noch nicht unterwegs", bedauert er. Daher sei es wichtig, weiter darüber zu diskutieren.