Impftalk bei Anne Will
Mediziner Janssens: Digitalisierung „besseres Brieftaubenniveau“
von Marko Schlichting
Was die Corona-Pandemie angeht, steht uns mal wieder eine spannende Woche ins Haus. Zunächst treffen sich am heutigen Montag die Ministerpräsidenten der Bundesländer mit Bundeskanzler Olaf Scholz. Klar ist: Lockerungen wird es erstmal nicht geben, Verschärfungen der aktuellen Regeln aber auch nicht.
Mittwochnachmittag berät der Bundestag zum ersten Mal darüber, ob es eine Impfpflicht geben soll und wie genau sie ausgestaltet werden kann. So wird unter anderem darüber gesprochen werden, ob es eine Impfpflicht für alle erwachsenen oder zunächst nur für Menschen über 50 geben soll. Eine Abstimmung gibt es aber noch nicht.
In der Talkshow Anne Will im Ersten ging es am Sonntagabend vor allem um dieses Thema. Die Impfpflicht sei vor allem wichtig bei möglichen noch zu erwartenden Corona-Wellen, wissen die Gäste.
„Wir gehen in eine wacklige Phase“
Für die Ethikrats-Vorsitzende Alena Buyx ist klar: „Wir gehen in eine wacklige Phase.“ Grund dafür sei vor allem, dass zur Forschung bei uns zu wenig belastbare Daten vorlägen. „Wir wissen immer noch nicht genau, wo sich die Menschen überhaupt anstecken. Was die Digitalisierung im Gesundheitswesen angeht, müssen wir besser werden.“
Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst von der CDU stimmt ihr zu. „Wir warten seit 2003 auf die elektronische Gesundheitskarte“, bemängelt er und hofft: „Da erzeugt Corona vielleicht den notwendigen Druck.“
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Uwe Janssens, Chefarzt aus Eschweiler in NRW, wird konkreter. An Talkgast Marco Buschmann gewandt fordert er: „Sie müssen alles dafür tun, um dieses digitale Grab aufzuheben, damit wir mit den digitalen Daten der Patienten etwas machen können. Wir haben keine Informationen, wir haben nichts. Was wir in den letzten anderthalb Jahren gehabt haben war besseres Brieftaubenniveau.“
Das sieht Bundesjustizminister Buschmann ähnlich. Er weist allerdings darauf hin, dass Daten schon jetzt zur Forschung genutzt werden dürften, wenn sie anonymisiert seien.
„Endlich wieder ein Stück Normalität“
Beim Thema Impfpflicht gibt es eine wichtige Frage: Brauchen wir wirklich die Impfpflicht für alle. Unbedingt, sagt NRW-Ministerpräsident Wüst. „Jetzt sind die dran, die sich bisher geweigert haben, damit wir alle wieder ein Stück Normalität bekommen.“
Buschmann findet die Debatte wichtig, fragt sich aber, ob es wirklich eine allgemeine Impfpflicht sein müsse, oder ob man nicht erst einmal mit einer altersbezogenen Impfplicht anfangen könne. „Wenn ich mir die Papiere des Expertenrates der Bundesregierung anschaue, dann gibt es da viele Empfehlungen, die in diese Richtung gehen.“ Ungeimpfte über 50 belasteten im Moment das Gesundheitssystem am meisten. „Nach derzeitiger Aktenlage gibt es für eine Impfpflicht ab 50 stärkere Argumente als für eine allgemeine Impfpflicht.“
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„Den Schatz heben“
Bleibt die Frage, wie die Einhaltung der Impfpflicht kontrolliert wird. Für Wüst ist klar: Das müssen die Kommunen machen.
Janssens hat einen interessanten Vorschlag: „Die Kommunen sind doch sowieso schon überlastet. Warum heben wir nicht den Schatz, dass jeder Patient eine Krankenversicherung hat?“ Seine Idee: Wenn ein Patient geimpft ist, gibt es eine Meldung an die Krankenkasse, die diese Angaben dann weiterleitet.
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