Versetzung gefährdet
Deutlicher Anstieg: Immer mehr Kinder und Jugendliche bleiben sitzen - aber warum?
Schülerinnen und Schüler haben es seit Beginn der Corona-Pandemie nicht leicht gehabt. Schulschließungen, Distanzunterricht und daraus resultierende Bildungslücken fordern jetzt ihren Preis: Im Schuljahr 2021/22 mussten 155.800 Kinder und Jugendliche eine Klassenstufe wiederholen. Das sind 67 Prozent mehr Sitzenbleiber als noch im Schuljahr davor. Nur in einem Bundesland haben sich die Zahlen verbessert.
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Wieso steigt die Zahl der Sitzenbleiber an?
Die Zahlen, die das Statistische Bundesamt veröffentlicht hat, machen klar: Im vergangenen Schuljahr 2021/22 haben wieder deutlichmehr Kinder und Jugendliche eine Klassenstufe wiederholen müssen. Insgesamt 155.800 Kinder und Jugendliche wurden demnach deutschlandweit nicht versetzt oder haben freiwillig das Schuljahr wiederholt. Das sind 62.700 oder 67 Prozent mehr Schülerinnen und Schüler als noch im Vorjahr.
Doch warum steigen die Zahlen plötzlich explosionsartig an? Im ersten Schuljahr (2020/21) nach Ausbruch der Corona-Pandemie wurden aufgrund der Schulschließungen und schlechten Lernsituationen die Versetzungsregeln gelockert. Eine Versetzung war oftmals nicht mehr an die schulischen Leistungen gekoppelt. Diese Regeln galten im vergangenen Schuljahr (2021/22) nicht mehr - das erklärt den raschen Anstieg. Doch auch im direkten Vergleich der Schuljahre 2019/2020 und 2021/22 – also vor und nach der Corona-Regelung – zeigt sich ein deutlicher Anstieg: Es gab 8 Prozent mehr freiwillige oder unfreiwillige Wiederholer an deutschen Schulen.
Mehr als die Hälfte der Kinder und Jugendlichen, die wiederholen mussten, waren männlich, 42 Prozent waren weiblich.
Wiederholer-Anteil an allgemeinbildenden Schulen je Schuljahr in Prozent
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Nur in Bremen gibt es weniger Sitzenbleiber - Wieso?
Das kleine Bundesland Bremen ist, wenn man den Bildungsmonitor betrachtet, eher Schlusslicht in der Bundesrepublik in Sachen Bildung. Doch bei den Zahlen der Sitzenbleiber, wird Bremen plötzlich zum positiven Spitzenreiter: In 15 der 16 Bundesländer nahm die Zahl der Wiederholerinnen und Wiederholer zu, nur in Bremen nicht. Dort ging die Quote von 1,7 Prozent auf 1,5 Prozent zurück. Im Vergleich: Mecklenburg-Vorpommern lag die Quote bei 5 Prozent. Dort mussten 5.800 Kinder und Jugendliche wiederholen.
Doch wie hat Bremen das geschafft? Ein Teil der Antwort ist – das Bundesland hat bereits 2009 das Sitzenbleiben abgeschafft. Eine Bertelsmann-Studie aus demselben Jahr kommt zum selben Schluss wie das Bundesland: Sitzenbleiben sei nicht nur teuer, sondern auch wirkungslos. Daher setze das Bundesland auf individuelle Förderung der Kinder anstelle des Sitzenbleibens. Das Wiederholen eines Schuljahres ist seit dem Schuljahr 2008/2009 nur auf Antrag möglich.
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Das Bildungssystem in Deutschland steht vor zahlreichen Problemen
Überfüllte Klassen, hohe Krankenstände, Lernrückstande durch die Corona-Pandemie - Probleme hat das deutsche Bildungssystem einige, das bestätigte auch die Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger Anfang Januar in einem RTL-Interview: „Wir reden nicht über ein Problem, wir reden über eine Fülle an Problemen.“
Studien belegen, dass das Bildungssystem vor allem bei jüngeren Schülern nicht richtig greift. Sei es der Lernrückstand durch die Corona-Pandemie oder die Benachteiligung sozial schwacher Familien. Die Bundesbildungsministerin plädiert dafür, in Sachen Bildung frühzeitig anzusetzen: „Wir müssen frühkindliche Bildung fördern. Dort werden die Grundlagen gelegt.“
Doch gerade die Corona bedingten Schulschließungen haben zu großen Lernrückständen bei den Schülerinnen und Schülern geführt, die die Bildungsministerin mit verschiedenen Maßnahmen mildern will. In der Hoffnung, die ganz große Bildungskrise verhindern zu können. (sso/dpa)
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