Anne Will-Talk zum Ukraine-Krieg
Marina Weisband: "Wenn es so weitergeht, wird es im nächsten Winter keine Ukraine mehr geben"

Nach dreieinhalb Wochen Krieg in der Ukraine ist kein Ende in Sicht. Sollte man also noch mehr den Druck auf Putin erhöhen? Die Sanktionen verschärfen? Doch so leicht geht das nicht: Will Deutschland die Sanktionen gegen Russland weiter verschärfen – beispielsweise mit einem Öl- und Gasembargo – würde es sich damit deutlich mehr schaden, als das aktuell schon der Fall ist. Denn noch ist Deutschland viel zu abhängig von russischem Öl und Gas.
Die deutsch-ukrainische Publizistin Marina Weisband fordert von Deutschland trotzdem mehr Unterstützung. Wie diese genau aussehen könnte, diskutiert Weisband zusammen mit anderen Talkgästen am Sonntagabend bei Anne Will im Ersten.
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Ziel der Sanktionen ist Regimewechsel: "Dass Putin von der Oberfläche gefegt wird."
Den meisten Gästen der Sendung ist klar: Die Sanktionen wirken zwar, doch härter können sie im Moment nicht werden. Dazu ist Deutschland zu abhängig von Russland und seinen fossilen Brennstoffen wie Gas, Öl und Kohle. Politikwissenschaftlerin Stefanie Babst meint außerdem, Ziel der Sanktionen solle nicht nur die Beendigung des Krieges in der Ukraine sein. Sie sagt: "Wir haben die Hoffnung, dass es in Russland einen Regimewechsel gibt und dass Putin von der Oberfläche gefegt wird. Wir können uns doch eigentlich keine Zusammenarbeit mit einem Russland mehr vorstellen, das von einem Putin regiert wird. Und das Schicksal der Ukraine ist an Putins politisches Überleben gekoppelt."
Lambrecht: "Wir müssen unabhängig werden"

Mit verschärften Sanktionen müsse man noch warten, erklärt Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht. "Wir müssen unabhängig werden", sagt sie. Deswegen sei Wirtschaftsminister Habeck nach Katar geflogen und habe erste Schritte eingeleitet. Doch bis zur endgültigen Unabhängigkeit von russischen Lieferungen würde man noch "einen Moment" brauchen. Bei den Sanktionen müsse man beachten, dass sie am Ende auch durchgehalten werden könnten.
Der Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz, Christoph Heusgen, sieht das auch so. Trotzdem hat er einen Vorschlag. Russland nehme jeden Tag fast 200 Millionen Euro durch Rohstofflieferungen allein nach Deutschland ein. Heusgens Idee: "Warum tun wir nicht einen Teil dieses Geldes in einen Treuhandfond, aus dem dann der Wiederaufbau der Ukraine finanziert wird?"
Sanktionen auf Zeit könnten "viel ausrichten"
Einen ganz anderen Vorschlag macht Publizistin und Grünen-Politikerin Marina Weisband. Sie wünscht sich, dass die Sanktionen gegen Russland sofort verschärft werden. Aber: "Wir könnten mit einem kurzfristigen Energieembargo viel ausrichten", so Weisband. Zuvor hatte bereits der ukrainische Botschafter Andrij Melnyk auf zwei Monate begrenzte Sanktionen gegen Russland vorgeschlagen.
"Wir reden bei verschärften Sanktionen von einem Beginn im nächsten Winter. Aber wenn es so weitergeht, wird es im nächsten Winter keine Ukraine mehr geben", gibt Weisband bei Anne Will zu bedenken. Russlands Präsident sei in einer Schnittstelle von Gangstern und KGB erzogen worden. "Stärke ist die einzige Sprache, die er versteht", sagt Weisband.
Und dann appelliert sie an die Gäste der Talkshow – und an uns alle, der Ukraine zu helfen. "Wir unterstützen die Ukraine nur, solange uns das militärisch und wirtschaftlich nicht gefährdet und so lange wir keine Arbeitslosen haben. Aber die Menschen in der Ukraine sind genauso real wie die Menschen hier. Nur: die Menschen in der Ukraine sterben gerade! Wir brauchen eine neue Sicherheitsordnung für die ganze Welt. Das hier ist sehr frustrierend."
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